Als Vergleichsmethode wird jene zu wählen sein, die die größtmögliche Vergleichbarkeitssicherheit bietet. Denn das Wesen des Fremdvergleichs besteht in einer Ableitung der Preise für konzerninterne Geschäfte aus den Preisen vergleichbarer Fremdgeschäfte. Um Fremdgeschäfte als ausreichend vergleichbar anzusehen, bedürfen fünf Vergleichbarkeitsfaktoren einer Analyse:
- Vergleichbarkeit der Vertragsbedingungen (Z 1.42 ff OECD-VPL),
- Vergleichbarkeit der Funktionen (Z 1.51 ff OECD-VPL),
- Vergleichbarkeit der Produkteigenschaften (Z 1.107 ff OECD-VPL),
- Vergleichbarkeit der Marktgegebenheiten (Z 1.110 ff OECD-VPL) und
- Vergleichbarkeit der Geschäftsstrategien (Z 1.114 ff OECD-VPL).
Vertragsanalyse: Zunächst ist in die konzernintern abgeschlossenen Verträge Einsicht zu nehmen, aus denen sich die Aufgaben der betreffenden Konzerngesellschaft sowie ihre unternehmensrechtlichen Rechte und Pflichten ergeben. Ein Betriebsausgabenabzug kann im Allgemeinen nur anerkannt werden, wenn den Aufwendungen im Voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarungen zu Grunde liegen. Liegen keine ausreichenden schriftlichen Verträge vor, wird zu prüfen sein, ob die betreffenden Geschäftsbeziehungen auch zwischen Fremdunternehmen ohne schriftliche Verträge zustande kommen würden (vgl. Rz 16).
Bei Geschäften zwischen unabhängigen Unternehmen gewährleisten die unterschiedlich gelagerten Interessen der Parteien, dass sie üblicherweise gegenseitig auf die Einhaltung der Vertragsbedingungen achten, und es werden Vertragsbedingungen in der Folge nur dann außer Acht gelassen oder abgeändert, wenn dies im Interesse beider Parteien liegt. Eine solche unterschiedliche Interessenlage kann bei verbundenen Unternehmen fehlen, sodass zu überprüfen ist, ob das Verhalten der Parteien den Vertragsbedingungen entspricht oder ob es darauf hinweist, dass die Vertragsbedingungen nicht eingehalten oder nur vorgetäuscht wurden. In diesen Fällen ist eine weitere Analyse erforderlich, um - im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise - die wahren Gegebenheiten des Geschäftes herauszufinden (Z 1.46 OECD-VPL).
Hat ein Unternehmen bei Geschäftsbeziehungen zu einem verbundenen Unternehmen vertraglich auf Entgelte verzichtet, die es nach dem Grundsatz des Fremdvergleichs beansprucht haben sollte, so steht die etwaige zivilrechtliche Gültigkeit einer solchen Verzichtsleistung einer fremdverhaltenskonformen Berichtigung nicht entgegen.
Funktionsanalyse: Durch die Funktionsanalyse sind einerseits die Funktionen der zu untersuchenden Konzerngesellschaft (tested party) festzustellen und andererseits die mit diesen Funktionen verbundenen Risiken sowie die eingesetzten Wirtschaftsgüter zu ermitteln. Hierdurch soll ein Vergleich der Preisgestaltung der konzerninternen Geschäftsbeziehungen mit jenen, die zwischen funktions- und risikogleichen Fremdunternehmen bestehen, ermöglicht werden. Grundlage dieses Vergleichs ist die Erkenntnis, dass der von einem Geschäftspartner geforderte Preis umso höher ist, je mehr Funktionen und Risiken von diesem übernommen werden. Denn durch den geforderten Preis müssen die mit den Funktionen und Risiken verbundenen Kosten abgedeckt werden. Die Ausübung von erhöhten Funktionen schlägt sich in der Regel durch höhere Kosten zu Buche. Dies gilt auch für höhere Risiken, die entweder, wenn sie auf andere (insb. Versicherungen) übertragen werden, zu einem entsprechenden Prämienaufwand führen oder die, wenn sie vom Unternehmen selbst getragen werden, zu erhöhter Vorsorge verpflichten (zur Funktions- und Risikodokumentation siehe Rz 415 ff).
Die Verteilung der Funktionen im internationalen Konzern und damit auch die Risikoverteilung liegt in der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Konzerns und wird von der Finanzverwaltung der Besteuerung zu Grunde gelegt; vorausgesetzt, dass diese Funktionen nicht nur durch Verträge, sondern auch in der wirtschaftlichen Realität entsprechend verteilt worden sind. Die Funktionsanalyse hat daher nicht beim bloßen Studium der Verträge stehen zu bleiben, sondern muss sich auch den tatsächlich ausgeübten Funktionen widmen.
Beispiel (EAS 3069):
Im Zuge einer Unternehmensreorganisation wird durch konzerninterne Verträge das Funktions- und Risikoprofil einer inländischen Gesellschaft in der Weise umgestellt, dass die bisherigen Kundenverträge bei der Inlandsgesellschaft verbleiben, das Risiko aus der Geschäftsabwicklung aber vollständig von der ausländischen Muttergesellschaft übernommen wird. Im Zuge einer Außenprüfung wird festgestellt, dass die aus den Altverträgen gebildeten Gewährleistungsrückstellungen in der unternehmensrechtlichen Buchhaltung nicht gewinnerhöhend aufgelöst (bzw. durch einen gewinnerhöhenden Ausgleichsanspruch neutralisiert wurden), sondern dass Gewährleistungsfälle auch weiterhin gegen diese Gewährleistungsrückstellung verrechnet wurden. Die vertragliche Abmachung (Übernahme sämtlicher Risiken aus den Altverträgen) deckt sich damit nicht mit der wirtschaftlichen Realität und das Geschäftsabwicklungsrisiko ist infolge der Funktionsanalyse der Inlandsgesellschaft zuzurechnen.
Aus den konzerninternen Verträgen ist weiters zu entnehmen, dass im Zuge der Reorganisation folgende Funktionen auf die ausländische Muttergesellschaft verlagert wurden: Lagerhaltung, Preispolitik/Marktforschung, Finanzbuchhaltung, zentraler Einkauf, Verkaufs-Controlling, Exportabwicklung, Projektfinanzierung, Personalschulung, regionale Supportfunktionen wie Rechts-, Steuer-, Vertriebsberatung). Wenn diese Funktionsverlagerung nicht korrespondierende Aufwandskürzungen zur Folge hat, ist zu vermuten, dass der Vertragsinhalt nicht mit der wirtschaftlichen Realität übereinstimmt und die tatsächlichen Funktionen bei der Inlandsgesellschaft verblieben sind.
Die im Rahmen der Funktionsanalyse durchzuführende Risikoanalyse soll aufzeigen, wie die am Geschäftsvorfall beteiligten verbundenen Unternehmen in Bezug auf die Übernahme und das Management der spezifischen, wirtschaftlich signifikanten Risiken vorgehen. Dabei ist insbesondere relevant, wer die entsprechenden Kontroll- und Risikominderungsfunktionen ausübt, wen die positiven und negativen Konsequenzen der Risikoentwicklung treffen und wer über die für die Risikotragung notwendige finanzielle Kapazität verfügt (Hinweis auf den sechsstufigen Ansatz zur Risikoanalyse in Z 1.60 OECD-VPL). Das Risikomanagement umfasst folgende drei Elemente (Z 1.61 OECD-VPL):
- (i) die Fähigkeit, Entscheidungen bezüglich der Annahme, Abgabe oder Ablehnung einer risikoträchtigen Geschäftschance zu treffen, zusammen mit der tatsächlichen Ausübung dieser Entscheidungsfunktion,
- (ii) die Fähigkeit, Entscheidungen darüber zu treffen, ob und wie auf die mit der Geschäftschance verbundenen Risiken zu antworten ist, zusammen mit der tatsächlichen Ausübung dieser Entscheidungsfunktion, und
- (iii) die Fähigkeit, diese Risiken zu verringern, dh. die Fähigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, die sich auf die Entwicklung der Risiken auswirken, zusammen mit der tatsächlichen Ausübung dieser Risikominderungsfunktion.
Die Kontrolle über ein Risiko ("control over risk") beinhaltet die beiden ersten Elemente des Risikomanagements, während die laufenden Tätigkeiten zur Risikominderung ausgelagert werden können (Z 1.65 OECD-VPL). In diesem Fall setzt die Kontrolle des Risikos allerdings die Fähigkeit voraus, die Ziele der ausgelagerten Tätigkeiten festzulegen, über die Beauftragung des die Funktionen übernehmenden Dienstleisters zu entscheiden, die Zielerfüllung zu beurteilen, und nötigenfalls über eine Änderung oder Kündigung des Vertrags mit dem Dienstleister zu entscheiden - wiederum zusammen mit der tatsächlichen Ausübung dieser Beurteilungs- und Entscheidungsfunktionen.
Produktanalyse: Eine Preisableitung durch Preisvergleich setzt begrifflich voraus, dass hierfür Preise für Güter oder Dienstleistungen herangezogen werden, die nach Art, Menge und Qualität vergleichbar sind. Die Ähnlichkeit der Eigenschaften gelieferter Wirtschaftsgüter und erbrachter Dienstleistungen wird im Allgemeinen bei der Anwendung der Preisvergleichsmethode wesentlich wichtiger sein als bei einem Vergleich der Gewinnspannen (Z 1.108 OECD-VPL).
Beispiel:
Die Preise, die ein fremder Erzeuger aus dem Verkauf erzeugter Plastiktische erzielt, werden nicht geeignet sein, einem Preisvergleich mit den von einem Konzernunternehmen erzeugten Holztischen zu dienen. Es kann aber durchaus sein, dass ein funktionsgleicher Fremderzeuger von Plastiktischen (ein Lohnfertiger) den gleichen Gewinn anstrebt, wie das ebenfalls als Lohnfertiger einzustufende Konzernunternehmen. Damit kann dieser Fremdunternehmer für die Anwendung einer Gewinnaufschlagsmethode herangezogen werden (vorausgesetzt, neben der Funktionsgleichheit sind auch die anderen Vergleichbarkeitskriterien erfüllt, wie insb. Langzeitvertrieb auf vergleichbaren Märkten).
Im Lieferbereich sind bei der Produktanalyse auch Nebenleistungen, wie Kundendienst, Lieferbereitschaft oder Ersatzteilwesen, bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit zu beachten. Im Dienstleistungsbereich sind bei der Vergleichbarkeit auch der Spezialisierungsgrad und die fachliche Qualifikation des Leistungserbringers von Relevanz.
Marktanalyse: Bei einem Fremdvergleich muss jener Markt, auf dem die Fremdgeschäfte getätigt werden, mit jenem vergleichbar sein, auf dem die konzernintern abgewickelten Geschäfte stattfinden.
Zu den wirtschaftlichen Umständen für die Marktvergleichbarkeit zählen beispielsweise die geographische Lage, die Größe der Märkte, die Konjunkturlage, die Wettbewerbsintensität auf den Märkten und die jeweilige Wettbewerbsposition und Verhandlungsmacht der Käufer (Anzahl der Anbieter und der potentiellen Nachfrager, Art der Distributionskanäle) und Verkäufer, die Möglichkeit Ersatzwaren und Ersatzdienstleistungen zu erhalten, die Angebots- und Nachfragemenge auf dem Markt insgesamt und gegebenenfalls in bestimmten Regionen, die Kaufkraft der Konsumenten, Art und Umfang staatlicher Marktregulierung (Preiskontrollen, Importbeschränkungen, Einschränkungen im Devisenverkehr), die Produktionskosten einschließlich der Kosten für Grund und Boden, Arbeit, Kapital und Umweltschutz, Transportkosten, die Marktstufe (zB Einzelhandel oder Großhandel), sowie der Zeitpunkt der Geschäfte (Z 1.110 OECD-VPL).
Werden Daten fremder Märkte für Vergleichszwecke herangezogen, ist die Vergleichbarkeit mit den Marktgegebenheiten, unter denen die Geschäftsbeziehung mit dem verbundenen Konzernunternehmen stattfindet, nachvollziehbar zu begründen. Zu einer allfälligen Berücksichtigung von Standortvorteilen siehe Rz 196 ff.
Strategieanalyse: Unter Geschäftsstrategien werden üblicherweise Maßnahmen zur Markterschließung, Markterweiterung und Markterhaltung verstanden (zB Kostenführerschaft, Diversifikation oder Beschränkung auf spezifische Bereiche, Marktführerschaft). Diese Marktstrategien sind darauf ausgerichtet, vorübergehend einen niedrigeren Preis zu verrechnen oder höhere Kosten zu tragen, um nach einem Erfolg der Strategie langfristig höhere Gewinne zu erzielen. Marktstrategien können aber auch darauf abzielen, zunächst eine Abschöpfung durch hohe Preise ("skim the cream", zumeist für innovative Produkte) zu verfolgen.
Ein Preisvergleich im Verhältnis zu Unternehmen, die unterschiedliche Strategien verfolgen (zB zu erst jung am Markt aufgetretenen Unternehmen), ist nur zulässig, wenn eine Ausschaltung der Auswirkung dieser Strategieunterschiede auf die Preisgestaltung im Wege von Anpassungsrechnungen möglich ist.
Anpassungsrechnungen: Sind einzelne Vergleichbarkeitsfaktoren nicht oder nicht gänzlich erfüllt, kann dies gegebenenfalls durch Anpassungsrechnungen behoben werden, sofern dadurch die Verlässlichkeit der Ergebnisse erhöht wird (Z 3.47 ff OECD-VPL).