vorheriges Dokument
nächstes Dokument

1.2.2. Fragen zur Methodenanwendung

BMF2021-0.586.6167.10.2021

1.2.2.1. Methodenauswahl

Rz 50
Die OECD-VPL unterteilen die Verrechnungspreismethoden in Standardmethoden (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode, Kostenaufschlagsmethode) und Gewinnmethoden (Gewinnaufteilungsmethode, Nettomargenmethode). Bei der Auswahl der anzuwendenden Methode ist grundsätzlich jener Methode der Vorzug zu geben, die die größte Sicherheit für die Ermittlung eines fremdvergleichskonformen Verrechnungspreises bietet. Bei gleicher Sicherheitswahrscheinlichkeit sind die Standardmethoden den Gewinnmethoden vorzuziehen; können die Preisvergleichsmethode und eine andere Methode gleichermaßen zuverlässig Anwendung finden, ist der Preisvergleichsmethode der Vorzug zu geben (Z 2.3 OECD-VPL). Die Preisvergleichsmethode ist anzuwenden, wenn Daten vorhanden sind, die hierfür eine uneingeschränkte Vergleichbarkeit gewährleisten. Uneingeschränkte Vergleichbarkeit liegt vor, wenn der Fremdpreis durch direkten oder indirekten Preisvergleich ermittelt werden kann (Rz 25 und Rz 27).

Im Einzelfall können auch sonstige Methoden angewendet werden, sofern sie dem Fremdvergleichsgrundsatz genügen und sich als geeigneter als die von der OECD anerkannten Methoden erweisen (Z 2.9 OECD-VPL).

Rz 51
Sind keine verlässlichen Daten über Bruttomargen öffentlich zugänglich und auch nicht vom Unternehmen durch inneren Preisvergleich aus eigenen Fremdgeschäften ableitbar, könnten sich die Gewinnmethoden als die verlässlicheren Methoden darstellen. Darüber hinaus kann die Gewinnaufteilungsmethode zweckmäßiger als eine einseitige Methode sein, wenn jeder Beteiligte einzigartige und wertvolle Beiträge zum konzerninternen Geschäftsvorfall leistet.

Rz 52
Jede Methode sollte dem Grundsatz nach nur geschäftsvorfallbezogen angewendet werden. Allerdings dürfen vergleichbare Geschäftsvorfälle (zB der Vertrieb von Elektrogeräten) zu Gruppen zusammengefasst werden (Z 3.9 ff OECD-VPL). Eine Methodenanwendung auf die Nettogewinne einer Konzerngesellschaft aus ihren sämtlichen Geschäftsbereichen (zB aus der Herstellung, dem Vertrieb und der Reparatur der Elektrogeräte) oder eine lediglich globale formelhafte Gewinnaufteilung ist nicht zulässig.

Rz 53
Bei der Wiederverkaufspreismethode, der Kostenaufschlagsmethode und der Nettomargenmethode ist auszuwählen, bei welcher Konzerngesellschaft die Methode zur Anwendung kommen soll ("tested party", Z 3.18 OECD-VPL). Hierfür sind auch Informationen über die Funktionen der nicht geprüften Gesellschaft ("non-tested party") nötig. Als Grundsatz gilt, dass die Methodenanwendung bei jener Gesellschaft geboten ist, deren Funktionen die geringere Komplexität aufweisen.

Beispiel:

Die inländische Muttergesellschaft hat in der Slowakei eine Tochtergesellschaft errichtet, die Herstellerin mit Routinefunktion jener Produkte ist, die von der inländischen Muttergesellschaft vertrieben werden. Die Abnahmepreise der Muttergesellschaft werden nach der Kostenaufschlagsmethode (bzw. Nettomargenmethode durch Reingewinnaufschlag) zu bestimmen sein, die auf Seiten der slowakischen Gesellschaft zum Einsatz kommt.

Rz 54
Bei der Methodenauswahl ist es unverzichtbar, jeweils bezogen auf die zu prüfende Geschäftsbeziehung, eine Unternehmenscharakterisierung vorzunehmen, um zu klären, ob eines bzw. welches der beteiligten Unternehmen Routinefunktionen ausübt und welche Unternehmen das wesentliche Unternehmerrisiko (Entrepreneurfunktion) tragen.

Rz 55
Für das Vorliegen von Routinefunktionen spricht, dass die Funktionen nur zu einer geringen Risikotragung führen, wie beispielsweise konzerninterne Dienstleistungen, die ohne weiteres auch am Markt bei Dritten in Auftrag gegeben werden können, einfache Vertriebsfunktionen ("low risk distributor", der im Hinblick auf Forderungsausfälle und die Marktentwicklung nur kommissionärsähnliche Risiken trägt) oder Funktionen als bloßer Lohnfertiger (Rz 80).

Rz 56
Einem Unternehmen, das über die zur Durchführung von Geschäften wesentlichen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter verfügt, das die für den Unternehmenserfolg entscheidenden Funktionen ausübt und das die wesentlichen Risiken übernimmt und das daher Entrepreneurfunktion ausübt, steht regelmäßig (ggf. zusammen mit anderen Unternehmen, die eine Entrepreneurfunktion ausüben) das betreffende Transaktionsergebnis zu, das nach Abgeltung von Funktionen anderer verbundener Unternehmen verbleibt (Residualgewinn). Ob das von einem Entrepreneur erzielte Ergebnis dem Fremdvergleich entspricht, lässt sich mangels vergleichbarer Unternehmen vielfach nicht unter Verwendung von Fremdvergleichsdaten feststellen; das Ergebnis bildet vielmehr eine Restgröße.

Stichworte