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1.2.1.5. Geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode

BMF2021-0.586.6167.10.2021

Rz 44
Die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode ("transactional profit split method", TPSM) beruht darauf, dass der aus einer bestimmten konzerninternen Geschäftsbeziehung zweier Konzerngesellschaften erzielte Gewinn zwischen den beiden Gesellschaften geteilt wird. Die Aufteilung wird nach dem durch Funktionsanalyse zu ermittelnden Beitragsgrad der beiden Gesellschaften zur Gewinnerzielung bestimmt (Beitragsanalyse).

Rz 45
Indikatoren dafür, wann diese Methode als die am besten geeignete Methode für die Bestimmung eines Verrechnungspreises anzusehen ist, sind (Z 2.126rev OECD-VPL):

  1. (i) beide Transaktionspartner leisten einzigartige und wertvolle Beiträge;
  2. (ii) die Geschäftstätigkeiten hängen so eng miteinander zusammen, dass die Beiträge der Transaktionspartner nicht verlässlich isoliert voneinander beurteilt werden können; oder
  3. (iii) die Transaktionspartner übernehmen gemeinsam wirtschaftlich signifikante Risiken oder separat eng verbundene Risiken.

Es handelt sich hierbei lediglich um (allenfalls auch gemeinsam auftretende) Indikatoren und nicht um strikte Voraussetzungen für die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode. Es ist jedenfalls im Einzelfall zu prüfen, ob trotz Vorliegens eines der genannten Indikatoren nicht doch eine andere Verrechnungspreismethode besser geeignet ist (Rz 50 ff). Neben den OECD-VPL kann hierbei der Profit-Split-Bericht des EU-JTPF als Auslegungshilfe herangezogen werden (EU-JTPF (2019), The application of the profit split method within the EU, JTPF/002/2019/EN).

Rz 46
Einer der Indikatoren für die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode ist, wenn beide Transaktionspartner einzigartige und wertvolle Beiträge leisten. Die Beiträge gelten als einzigartig und wertvoll, wenn sie nicht vergleichbar mit Beiträgen fremder Dritter in vergleichbaren Umständen sind und wenn sie die Hauptquelle wirtschaftlichen Nutzens in der Geschäftstätigkeit bilden (Z 2.130rev OECD-VPL). In vielen Fällen werden die einzigartigen und wertvollen Beiträge iZm immateriellen Werten stehen.

Beispiel (Hinweis auf Beispiel 1 in Annex II zum revidierten Teil II OECD-VPL):

Gesellschaft A ist die oberste Muttergesellschaft eines Pharmakonzerns. Sie besitzt ein Patent für ein neues Arzneimittel, für welches sie die klinischen Studien durchgeführt und die Forschungs- und Entwicklungsfunktion im Anfangsstadium der Produktentwicklung ausgeübt hat. Gesellschaft A lizenziert das Patent an ihre Tochtergesellschaft S, welche das Arzneimittel weiterentwickeln und wichtige Erweiterungsfunktionen ausüben soll. Gesellschaft S wird die Zulassung von der zuständigen Regulierungsbehörde erteilt. Die Entwicklung des Arzneimittels ist erfolgreich und es kann weltweit vertrieben werden.

Auf Basis des tatsächlich getätigten Geschäftsvorfalls ist ersichtlich, dass die Gesellschaften A und S einzigartige und wertvolle Beiträge für die Entwicklung des Arzneimittels leisten, sodass die Gewinnaufteilungsmethode als die am besten geeignete Methode für die Bestimmung der fremdüblichen Lizenzvergütung von Gesellschaft S an Gesellschaft A erscheint.

Rz 47
Stehen keine Daten aus vergleichbaren Transaktionen mit oder zwischen Fremden als Vergleichsmaßstab zur Verfügung, so muss nicht per se die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode zur Anwendung kommen. Liegen hingegen Vergleichsdaten vor, ist es unwahrscheinlich, dass im Einzelfall die Gewinnaufteilungsmethode die am besten geeignete Methode darstellt (siehe auch Rz 52). Die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode ist ungeeignet, wenn ein Partner der Geschäftsbeziehung lediglich Routineleistungen (zB Lohnfertigung oder Auftragsdienstleistungen) erbringt, da die Verrechnungspreise von Konzerngesellschaften mit Routinefunktionen im Allgemeinen durch einseitige Verrechnungspreismethoden (Rz 53) ermittelt werden können.

Rz 48
Der aufzuteilende Gewinn ist jener, der sich aus dem tatsächlich getätigten Geschäftsvorfall ergibt. Wird der Gewinn durch zwei oder mehrere Konzerngesellschaften erzielt, müssen diese Gewinnkomponenten nach einheitlichen Rechnungslegungsvorschriften und in einer einheitlichen Währung zusammengeführt werden. Ob der tatsächliche oder der (im Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls) erwartete Gewinn zur Aufteilung gelangen muss, hängt vom tatsächlich getätigten Geschäftsvorfall ab. Wenn die Transaktionspartner dieselben wirtschaftlich signifikanten Risiken übernehmen, wird die Aufteilung des tatsächlichen Gewinns angemessen sein. Demgegenüber sollten die erwarteten Gewinne aufgeteilt werden, wenn die Transaktionspartner dies nicht tun (Z 2.159rev f OECD-VPL).

Rz 49
Die Gewinnaufteilung kann durch Aufteilung des geschäftsvorfallbezogenen Gesamtgewinns (Gesamtgewinnmethode) oder - nach Abgeltung einer allfälligen Routinefunktion eines Transaktionspartners (oder beider) - durch Aufteilung des Restgewinns (Restgewinnmethode) erfolgen. Der für die Gewinnaufteilung herangezogene Aufteilungsschlüssel soll die Beiträge der Transaktionspartner zur Gewinnerzielung widerspiegeln und kann nach Maßgabe der jeweiligen Gegebenheiten etwa auf den einschlägigen Kosten (zB Entwicklungs- oder Marketingkosten), den eingesetzten Wirtschaftsgütern (zB Anlagevermögen oder immaterielle Werte), dem investierten Kapital, den erbrachten Dienstleistungen oder unter Umständen auch auf anderen Faktoren, wie zB Umsatzsteigerungen, Arbeitnehmervergütungen oder Beitragsanalysen, beruhen. Eine Kombination aus mehreren Aufteilungsfaktoren kann ebenso zweckmäßig sein. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Aufteilungsfaktoren auf objektiven Daten basieren, überprüfbar sind und mit Vergleichs- bzw. internen Daten untermauert werden (siehe Beispiele in Z 2.167rev OECD-VPL und in Annex 3 zum Bericht des EU-JTPF).

Beispiel: (Hinweis auf Beispiel 14 in Annex II zum revidierten Teil II OECD-VPL):

A und B sind grenzüberschreitend verbundene Unternehmen. Beide erzeugen gleiche Produkte und beide tragen den jährlichen Entwicklungsaufwand, der immaterielle Werte schafft, die den beiden Unternehmen wechselseitig zu Gute kommen. A und B verkaufen ihre Produkte ausschließlich an Fremdabnehmer. Es sei angenommen, dass aus den Marktgegebenheiten für die bloße Produktherstellungsfunktion eine Grundrendite von 10% der Herstellungskosten abzuleiten ist und dass der Restgewinn nach der Restgewinnmethode im Verhältnis der Entwicklungskosten von A und B aufgeteilt werden soll. Der geschäftsvorfallbezogene und aufzuteilende Gesamtgewinn beträgt 85.

 

A

B

A + B

Umsatz

100

300

400

Herstellungskosten

- 60

- 170

- 230

Rohgewinn

40

130

170

Verwaltungs- und Vertriebskosten

- 5

- 10

- 15

Entwicklungskosten

- 30

- 40

- 70

Reingewinn

5

80

85

Schritt 1. Ermittlung der Grundrendite für die bloße Produktherstellungsfunktion

A

10% von 60

Grundrendite = 6

B

10% von 170

Grundrendite = 17

A + B

Grundrenditenanteil des Gesamtgewinns

6 + 17 = 23

Schritt 2. Aufteilung des Restgewinns (als Reingewinn)

Reingewinn von A + B

85,00

Davon als Grundrendite aufgeteilt

- 23,00

Aufzuteilender Restgewinn

62,00

  

Restgewinnanteil von A (62 * 30/70)

26,57

Restgewinnanteil von B (62 * 40/70)

35,43

Schritt 3. Ergebnis der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode

Gesamtgewinnanteil A: 6 (Grundrendite) + 26,57 (Restgewinn)

32,57

Gesamtgewinnanteil B: 17 (Grundrendite) + 35,43 (Restgewinn)

52,43

Aufzuteilender Gesamtgewinn

85,00

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