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1.2.1.2 Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988)

BMF2021-0.768.4855.11.2021

1.2.1.2.1 Begriff und Hoheitsbetriebe

1.2.1.2.1.1 Allgemeines

Rz 35
Die inländischen Körperschaften öffentlichen Rechts sind als solche nicht unbeschränkt steuerpflichtig, sie unterliegen gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht mit ihren Einkünften im Sinne des § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988. Unbeschränkt steuerpflichtig sind lediglich die Betriebe gewerblicher Art solcher Körperschaften (Rz 64 bis Rz 88).

1.2.1.2.1.2 Begriff

Rz 36
Unter dem Begriff Körperschaft öffentlichen Rechts ist im Abgabenrecht die juristische Person öffentlichen Rechts allgemein zu verstehen. Es ist ein Sammelbegriff für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Soweit sich daher Abgabenvorschriften auf Körperschaften öffentlichen Rechts beziehen, sind regelmäßig auch öffentlich-rechtliche Anstalten, Stiftungen und Fonds davon betroffen (VwGH 6.10.1976, 2105/75). Demnach unterliegen auch Betriebe gewerblicher Art von öffentlich-rechtlichen Anstalten, Stiftungen und Fonds der Körperschaftsteuer. Manchmal steht auch der Begriff "Selbstverwaltungskörper" für "Körperschaft öffentlichen Rechts" (so zB im Bundesgesetz über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. Nr. 103/1998).

Juristische Personen öffentlichen Rechts entstehen durch Gesetz oder durch Verwaltungsakt auf Grund gesetzlicher Ermächtigung oder werden durch einen solchen anerkannt; ihre Auflösung erfolgt in entsprechender Weise. Darüber hinaus ist nach der Judikatur des VwGH eine juristische Person auch dann als öffentlich-rechtlich anzuerkennen, wenn deren öffentlich-rechtlicher Charakter aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelung klar zu erkennen ist, auch wenn der Gesetzgeber diese nicht ausdrücklich als juristische Person des öffentlichen Rechts bezeichnet. Öffentlich-rechtlicher Charakter ist demnach einer juristischen Person dann zuzuerkennen, wenn sie mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt und Zwangsbestand hat (VwGH 22.1.1974, 0399/73). Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass es sich beim Begriff der Körperschaften öffentlichen Rechts um einen Typusbegriff handelt; eine Beurteilung hat daher anhand sämtlicher Merkmale zu erfolgen.

1.2.1.2.1.3 Hoheitsbetrieb

Rz 37
Jener Tätigkeitsbereich, der auf die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben gerichtet ist (Hoheitsbetrieb), unterliegt nicht der Besteuerung. Als Indiz für die Ausübung öffentlicher Gewalt wird in § 2 Abs. 5 KStG 1988 das Merkmal des Annahmezwanges angeführt (VwGH 19.10.1972, 2119/71). Darüber hinaus muss die Körperschaft öffentlichen Rechts zum Erreichen ihres Zieles in der Rechtsordnung des öffentlichen Rechts begründete Hoheitsakte setzen und sich nicht der gleichen Mittel bedienen, wie sie das Privatrecht jedermann zur Verfügung stellt (zB Arbeits- oder Bestandverträge, VwGH 30.5.1952, 1796/51, VwGH 6.4.1955, 3302/54, VwGH 14.12.1962, 0913/62, VwGH 5.5.1965, 2052/64).

Beispiel:

Der Thermalwasserbetrieb einer Gemeinde wird zwar für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben, dennoch stellt das Benützungsentgelt für die Abgabe von Thermalwasser ein privatrechtliches Entgelt dar, wenn aus den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht erkennbar ist, dass die Gemeinde berechtigt wäre, bei Einhebung dieser Geldleistungen hoheitlich vorzugehen. Da die von der Gemeinde eingehobenen Geldleistungen aus diesem Grund keine Abgaben darstellen, handelt es sich bei der Abgabe von Thermalwasser um keine hoheitliche Tätigkeit.

Rz 38
Ein weiteres Merkmal für die Annahme, dass eine Tätigkeit in Erfüllung öffentlich- rechtlicher Aufgaben ausgeübt wird, ist gegeben, wenn diese Tätigkeit der Körperschaft öffentlichen Rechts als Träger der öffentlichen Gewalt eigentümlich und vorbehalten ist, dh. wenn sie lediglich durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts erfüllt werden kann und erfüllt wird, sei es, dass sie ihr ausdrücklich in einem Gesetz zugewiesen wird, sei es, dass sie sich aus ihrem allgemeinen hoheitlichen Aufgabenkreis ergibt. So stellt die Führung von Obdachlosenheimen keinen Hoheitsbetrieb dar, da diese Tätigkeit auch von privaten Personen und Personenvereinigungen ausgeübt werden kann (VwGH 19.10.1972, 2119/71, VwGH 22.2.1973, 0906/72). Auch die Gestellung von Personal zur Ausübung der Krankenpflege ist Körperschaften öffentlichen Rechts weder eigentümlich noch vorbehalten (VwGH 1.9.2015, 2012/15/0089).

Rz 39
Die von katholischen Orden und Kongregationen geführten Schulen mit Öffentlichkeitsrecht sind als Hoheitsbetriebe anzusehen. Dies gilt auch für die mit solchen Schulen verbundenen Internate und Schülerheime desselben Rechtsträgers, wenn sie wie die Bundeskonvikte nach dem Prinzip der Selbsterhaltung betrieben werden und keine auf Gewinn gerichtete Tätigkeit ausüben. Desgleichen ist die Herausgabe von Kirchenzeitungen, Broschüren und ähnlichen Publikationen als Hoheitsbetrieb zu beurteilen, wenn die darin enthaltenen Beiträge auf die Erweiterung des religiösen Gewissens, die Stärkung des Charakters und die moralische und religiöse Standfestigkeit des Lesers gerichtet sind, wenn diese Art der Belehrung auch deutlich als Hauptzweck in Erscheinung tritt und wenn darüber hinaus der für den kommerziellen Pressebetrieb typische Inhalt (zB Annoncen, Todesanzeigen usw.) von untergeordneter Bedeutung (dh. nicht mehr als 10% der Druckseiten, siehe VwGH 28.11.1980, 1709/77) ist. Entgeltlich durchgeführte Führungen in Kirchen, Klöstern und Stiften erfüllen wenn sich diese wirtschaftliche Betätigung von den übrigen hoheitsrechtlichen Aufgaben des betreffenden kirchlichen Rechtsträgers nicht genügend abgrenzen und abspalten lässt.

Rz 40
Der Hoheitsbetrieb muss der Ausübung öffentlicher Gewalt nicht ausschließlich, sondern überwiegend dienen. Bilden hoheitliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten eine untrennbare Einheit, so liegt ein Mischbetrieb vor (Rz 75 bis 77).

Rz 41
Eine Zusammenfassung von Hoheitsbetrieben mit steuerpflichtigen Betrieben gewerblicher Art ist mit steuerlicher Wirkung nicht möglich. So kann ein steuerfreies Trinkwasserwerk mit einem steuerpflichtigen Elektrizitätswerk auch dann steuerlich nicht zusammengefasst werden, wenn diese Betriebe organisatorisch in die Körperschaft öffentlichen Rechts (zB Stadtwerke) eingegliedert sind.

Gemäß § 2 Abs. 5 KStG 1988 gelten als Hoheitsbetriebe:

  • Wasserwerke, die überwiegend der Trinkwasserversorgung dienen
  • Forschungsanstalten (zB Universitäten)
  • Wetterwarten
  • Friedhöfe
  • Anstalten zur Nahrungsmitteluntersuchung
  • Anstalten zur Desinfektion
  • Anstalten zur Leichenverbrennung
  • Anstalten zur Müllbeseitigung
  • Anstalten zur Straßenreinigung
  • Anstalten zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen.

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung siehe § 2 Abs. 3 UStG 1994 und Erlass des BMF vom 2. Juli 1973, 254.183-10a/73, AÖF Nr. 221/1975.

Die "Einbringung" von Hoheitsbetrieben im Sinne des § 2 Abs. 5 KStG 1988 fällt nicht unter Art. III UmgrStG, sondern unterliegt dem allgemeinen Ertragsteuerrecht folgend § 6 Z 14 EStG 1988. Dabei ist grundsätzlich auch ein Firmenwert zu berücksichtigen, dessen Anschaffungskosten auf Seiten des Erwerbers gemäß § 8 Abs. 3 EStG 1988 gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Jahre abzusetzen sind (VwGH 28.5.2019, Ro 2018/15/0002; siehe dazu auch UmgrStR 2002 Rz 710).

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