VwGH 2012/15/0089

VwGH2012/15/00891.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. Christian Kuhn Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 7. März 2012, Zl. RV/0707-G/09, betreffend Körperschaftsteuer 2004 bis 2006 sowie Körperschaftsteuervorauszahlungen 2009, zu Recht erkannt:

Normen

KStG §2 Abs1;
KStG §2 Abs5;
KStG §2 Abs1;
KStG §2 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Konvent brachte zum 1. Jänner 2003 das bis zu diesem Zeitpunkt selbst betriebene Krankenhaus in eine GmbH (100%ige Tochtergesellschaft) ein. In der Folge wurden die bisher im Krankenhaus beschäftigten geistlichen Schwestern der GmbH auf Basis eines Gestellungsvertrages gegen ein fremdübliches Entgelt zur Verfügung gestellt.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass im Jahr 2004 neunzehn, 2005 siebzehn und 2006 dreizehn Schwestern der GmbH zur Dienstleistung überlassen worden waren. Bei der Personalgestellung handle es sich um einen Betrieb gewerblicher Art. Die Gestellungsentgelte von rund 1,283.000 EUR (2004), 1,082.000 EUR (2005) und 963.000 EUR (2006) unterlägen - so die Prüferin - der Körperschaftsteuer, wobei vom Bundesminister für Finanzen anerkannte Vergütungssätze für die Tätigkeit von Ordensangehörigen als fiktive Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden könnten.

Das Finanzamt erließ den Prüfungsfeststellungen entsprechende Körperschaftsteuerbescheide 2004 bis 2006 sowie einen Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid für 2009 und Folgejahre.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme eines Betriebes gewerblicher Art. Der Konvent gelte per Dekret als Körperschaft öffentlichen Rechts. Seit Gründung der Krankenanstalt arbeiteten sämtliche Schwestern ausschließlich und uneingeschränkt im Krankenanstaltenbetrieb; sie verfolgten damit das im Dekret verankerte Ziel der Nächstenliebe durch Ausübung der Krankenpflege und seien solcherart hoheitlich tätig. Die gegenständliche Gestellung von Ordensschwestern erfülle aber auch andere Voraussetzungen eines Betriebes gewerblicher Art nicht. So werde dem Erfordernis der wirtschaftlichen Selbständigkeit, die durch eine besondere Leitung, einen geschlossenen Geschäftskreis oder ein ähnliches auf Einheit hindeutendes Merkmal zum Ausdruck kommen müsse, nicht entsprochen. Auch bestehe keine Dispositionsfreiheit, was völlig konträr zum freien Unternehmertum sei. Der jeweilige Unternehmer entscheide selbst, wie und wo die Mitarbeiter am gewinnträchtigsten eingesetzt werden könnten und ob er seine Unternehmertätigkeit beenden wolle oder nicht. Dies sei gegenständlich nicht der Fall. Zusätzlich zur fehlenden Dispositionsfreiheit bestehe auch keine besondere Leitung und Überwachung der Tätigkeit durch den Konvent. Ebenso werde die Schwesterngestellung in keinem eigenen Rechnungskreis in der Finanzbuchhaltung abgebildet. Das Merkmal der "wirtschaftlichen Selbständigkeit" sei somit nicht gegeben.

Für die Rechtsansicht des Beschwerdeführers sprächen zudem im Einzelnen angeführte Umsatzsteuerkommentare sowie der Erlass zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einrichtungen der katholischen Kirche, Orden und Kongregationen. Da sich sogar die umsatzsteuerliche Auslegung des Betriebes gewerblicher Art auf die fehlende wirtschaftliche Selbständigkeit des Körperschaftsteuerrechts beziehe, sei es nicht nachvollziehbar, dass es trotzdem nun zu einer abweichenden Beurteilung im Körperschaftsteuerrecht kommen solle (umsatzsteuerlich kein Unternehmer, körperschaftsteuerrechtlich sehr wohl Unternehmer).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Betrieb einer Krankenanstalt falle nicht unter den Begriff des Hoheitsbetriebes, weil damit weder klassische innerkirchliche Aufgaben übernommen würden, noch eine Tätigkeit in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge.

Die Ausgliederung einer Betätigung aus einer Körperschaft öffentlichen Rechts stelle auch im Zusammenhang mit der Personalgestellung durch die Körperschaft öffentlichen Rechts keine ungewöhnliche Gestaltung dar. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derartige Maßnahmen für privatwirtschaftliche Bereiche - nicht zuletzt aus der Überlegung, dass im Rahmen der Kapitalgesellschaft vermehrt betriebswirtschaftliche Aspekte einfließen können - von einer größeren Zahl von Körperschaften öffentlichen Rechts gesetzt würden.

Ob das Merkmal der wirtschaftlichen Selbständigkeit erfüllt sei, sei nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Wie im jüngsten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2011, 2010/15/0192, ASFINAG, seien im Beschwerdefall auf Grund einer Vertragsbeziehung Leistungen erbracht worden und sei die Vertragserfüllung in der Absicht der Erzielung von Einnahmen erfolgt. Entscheidend sei gegenständlich, dass die Betreuung der Patienten nicht auf Grund öffentlicher Regelungen, sondern auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung mit der GmbH erfolgt sei. Es bestehe sohin kein Anhaltspunkt dafür, die laufende Erfüllung dieser Aufgaben dem Hoheitsbereich zuzuordnen. Im vorgenannten Erkenntnis werde weiters auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 2010, 2007/15/0101, WIFI, verwiesen, wonach der Umstand, dass eine Körperschaft öffentlichen Rechts die Kosten für das überlassene Personal laufend und kontinuierlich in Rechnung stelle, für die Eigenständigkeit der Vertragserfüllung und Trennung von einer hoheitlichen Tätigkeit spreche.

Warum zum Zeitpunkt des Ordenseintrittes in den Konvent auf Grund der geltenden Konstitutionen, die ein künftiges Mitwirken in der Krankenanstalt festlegen, keine Dispositionsfreiheit bestehen sollte, bleibe nicht hinreichend nachvollziehbar, zumal auch beim satzungsgemäßen Handeln des Konvents im Dienste der Krankenpflege noch nichts darüber gesagt werde, in welcher Form dies zu geschehen habe. Der eigenwirtschaftliche Betrieb sei nicht zwingend erforderlich, denn sonst wäre die Gründung der Tochterkapitalgesellschaft ohnehin nicht zulässig gewesen. Somit könne der Einsatz der Ordensangehörigen im Dienste der Krankenpflege auch an ausgegliederte Rechtsträger im Wege der Entsendung im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages statutengemäß erfolgen.

Nach Darstellung der Betriebsprüfung erfolge eine monatliche Gesamtabrechnung der Entgelte nach den verschiedenen Einsatzbereichen des Personals. Von einer vollständigen fremdüblichen Einstufung der Ordensangehörigen in Anlehnung an kollektivvertragliche Bezüge könne insofern nicht gesprochen werden, weil weder Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden noch ein entsprechender Lohnsteuerabzug erfolge. Dieser Hinweis könne den angefochtenen Bescheid allerdings nicht stützen, zumal es für die GmbH gleichgültig sei, ob von den ausbezahlten Gestellungsentgelten ein Teil für Lohn- und Sozialabgaben abgeführt werde. Der Gesamtaufwand der Tochterkapitalgesellschaft bleibe unverändert, nur könne der Beschwerdeführer den Gesamtbetrag vereinnahmen.

In diesem Zusammenhang sei auf die herrschende Lehre der Besteuerung von Angehörigen der Orden und Kongregationen hinzuweisen. Nach den Lohnsteuerrichtlinien werde im Regelfall ein Dienstverhältnis zwischen den abgestellten Ordensangehörigen und der ihre Dienste in Anspruch nehmenden Einrichtung nicht begründet. Folglich unterbleibe auch der Lohnsteuerabzug für die verrechneten Bezüge, da ein (bloßer) Personalgestellungsvertrag vorliege.

Die steuerliche Beurteilung der Einkünfte von Ordensangehörigen sei insgesamt betrachtet nach der angeführten Judikatur des RFH und des BFH - wie näher dargestellt - widersprüchlich, kasuistisch und nicht konsistent, weil Einkünfte aus verschiedenen Betätigungen völlig unterschiedlich behandelt würden. Tätigkeitseinkünfte würden einerseits der Individualbesteuerung des Ordensangehörigen (Lohnsteuer) unterworfen, andererseits würden Personalgestellungen mit Einschränkungen steuerlich anerkannt.

Daraus ergebe sich folgende Besteuerungssituation: Ein Ordensangehöriger mit einem Individualdienstvertrag unterliege selbst der Besteuerung und liefere die ihm zugeflossenen Nettoeinkünfte an den Orden ab. Somit komme dem Orden der Nettobezug zu, aus dem die Lebenshaltungskosten der Ordensgemeinschaft gedeckt werden. Im Rahmen der Personalgestellung unterliege der Ordensangehörige mangels Dienstverhältnisses nicht der Einkommensbesteuerung, das Gestellungsentgelt werde durch den Orden vereinnahmt. Der Vergleich mit einer üblichen Arbeitnehmerüberlassung sei gegenständlich nicht vollumfänglich möglich, weil der "Arbeitnehmer" weder mit dem Arbeitskräfteüberlasser (Orden) noch mit dem Gestellungsnehmer (GmbH) über einen Dienstvertrag verbunden sei.

Bei Steuerfreistellung des Gestellungsentgeltes würden zwar Einnahmen erzielt, aber keine darauf lastenden Abgaben entrichtet und somit das volle Arbeitsentgelt dem Orden zur Deckung satzungsgemäßer Zwecke und auch der Lebenshaltungskosten gereichen. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die umsatzsteuerliche Beurteilung bezöge, handle es sich bei den genannten Erlässen um keine verbindlichen Rechtsquellen. Spezielle Ausführungen zur ertragsteuerlichen Beurteilung der Besteuerung der Orden und Kongregationen fänden sich im zitierten Umsatzsteuerkommentar nicht.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Körperschaftsteuerfreiheit der für die Gestellung seiner Ordensschwestern von der gemeinnützigen GmbH bezogenen Entgelte verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 KStG 1988 ist Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechts jede Einrichtung, die

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