EAS 3416
Wird zum flächenmäßigen Ausbau des österreichischen Glasfasernetzes eine österreichische Projektgesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft gegründet, wobei es sich bei einem der Gesellschafter um einen in Großbritannien ansässigen Investor handelt, so besteht im Falle einer Anteilsveräußerung aufgrund von § 21 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 iVm § 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988 beschränkte Steuerpflicht in Österreich. Aus abkommensrechtlicher Sicht stellt sich sodann die Frage, ob das Glasfasernetz unbewegliches Vermögen iSd Art. 13 Abs. 2 DBA-Großbritannien 2018, BGBl. III Nr. 32/2019 darstellt. Sofern nämlich der Wert der Anteile zu mehr als 50% unmittelbar oder mittelbar auf unbeweglichem Vermögen beruht, dürfen Gewinne aus der Anteilsveräußerung nach dieser Abkommensbestimmung im Lagestaat - hier in Österreich - besteuert werden.
Der Begriff des unbeweglichen Vermögens iSd Art. 13 Abs. 2 DBA-Großbritannien richtet sich nach Art. 6 Abs. 2 DBA-Großbritannien, wonach der Begriffsinhalt auf das innerstaatliche Recht des Lagestaats abstellt (vgl Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes, Internationales Steuerrecht I/130 Z 13 Rz 17). Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Beurteilung eines Wirtschaftsgutes als beweglich oder unbeweglich weder nach bürgerlichem Recht noch nach Bewertungsrecht, sondern nach der Verkehrsauffassung zu treffen, worunter die Auffassung einer Mehrheit urteilsfähiger (vernünftig denkender), persönlich unbeteiligter und verständiger Menschen zu verstehen ist. Wirtschaftsgüter, denen kein typischer Gebäudecharakter beizumessen ist, gelten dann als beweglich, wenn sie ohne wesentliche Beeinträchtigung ihrer Substanz und ohne unverhältnismäßige Kosten von einem Ort an einen anderen Ort verbracht und dort verwendet werden können, wobei das Fundament und seine Kosten außer Ansatz bleiben (zB VwGH 14.2.1973, 1015/72; 19.5.1987, 85/14/0089; 14.6.1988, 88/14/0015; 11.11.1992, 91/13/0033; vgl auch EAS 2422).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist in Fällen von Wirtschaftsgütern, die als Netz verlegt oder montiert werden, nicht die Eigenschaft des für die Errichtung verwendeten Materials an sich ausschlaggebend. Vielmehr betrachtet der VwGH das Gesamtnetz als einheitliches Wirtschaftsgut, da zu dessen Substanz auch die Verlegung an einem bestimmten Ort gehört (in Abkehr zu der offensichtlich überholten Entscheidung VwGH 26.5.1981, 3642/80). So kommt etwa einer Erdgashochdruckleitung (VwGH 14.6.1988, 88/14/0015), einer Hochspannungsleitung (VwGH 24.2.1982, 2471/80), einer Wassertransportleitung (VwGH 23.10.1990, 89/14/0118) oder einem "System Gleisanlage" (VwGH 11.11.1992, 91/13/0033) die Eigenschaft als (einheitliches) unbewegliches Vermögen zu.
Der Judikatur des VwGH folgend handelt es sich nach Ansicht des BMF auch bei einem flächendeckend ausgebauten Glasfasernetz um ein (einheitliches) unbewegliches Wirtschaftsgut (ähnlich bereits EAS 2422, EAS 3058). Daher erfüllt dieses letztlich auch den Begriff des unbeweglichen Vermögens iSd Art. 13 Abs. 2 iVm Art. 6 Abs. 2 DBA-Großbritannien.
Bundesministerium für Finanzen, 11. September 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 21 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Schlagworte: | Glasfasernetz, Anteilsveräußerung, unbewegliches Vermögen, unbewegliches Wirtschaftsgut |
Verweise: | VwGH 14.02.1973, 1015/72 |