- Der Kunde kann die Depotbank wählen.
- Der Kunde kann den für die Verwaltung von dem Deckungsstock zugehörigen Wertpapieren zuständigen Berater/Manager wählen.
- Die Wertpapiere des Deckungsstocks, die dem Kunden zugeordnet sind, werden einzeln verwahrt und verwaltet.
- Der Kunde kann die Veranlagungsstrategie nicht nur im Rahmen von bei Vertragsabschluss vordefinierten Investments (wie bei der fondsgebundenen Lebensversicherung) wählen, sondern sich während der Laufzeit auch für andere (bei Vertragsabschluss noch nicht spezifizierte) Investments entscheiden.
- Einmalerläge in Form von Depotübertragungen sind möglich.
- Die Kapitalauszahlung kann auch in Form einer Depot(rück)übertragung erfolgen.
Diese Indizien sind als ein bewegliches System zu verstehen, dh. für die wirtschaftliche Zurechnung zum Kunden ist das Gesamtbild der Verhältnisse maßgeblich. Es müssen daher nicht sämtliche der genannten Voraussetzungen erfüllt sein, sondern es genügt, dass das Gesamtbild dafür spricht, dass der Kunde über die im Deckungsstock befindlichen Wertpapiere verfügen kann. Dabei ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht bloß auf die rechtliche Gestaltung, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen.
20.2.4.16.4 Rechtsfolgen der Zurechnung des Deckungsstocks zum Kunden
Ergibt die unter Abschnitt 20.2.4.16.3 dargestellte Prüfung der wirtschaftlichen Dispositionsbefugnis, dass die im Deckungsstock befindlichen Wertpapiere aus ertragsteuerlicher Sicht dem Kunden ("Versicherungsnehmer") zuzurechnen sind, sind auch die auf den Kunden entfallenden Einkünfte aus den ihm zugeordneten Wertpapieren des Deckungsstocks unmittelbar dem Kunden zuzurechnen und bei diesem zu besteuern. Im Falle eines unbeschränkt steuerpflichtigen Kunden, dem Wertpapiere des Deckungsstocks zugeordnet sind, die im Depot einer österreichischen Bank verwahrt werden, besteht daher nach Maßgabe der §§ 93 ff EStG 1988 Kapitalertragsteuerpflicht. Wird gemäß § 3 EU-QuStG festgestellt, dass der Kunde als wirtschaftlicher Eigentümer der Zinszahlungen seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU hat, ist EU-Quellensteuer einzubehalten.20.2.4.16.5 Haftung der depotführenden Bank
Ist der Kapitalertragsteuerabzug zu Unrecht unterblieben, kann die Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 ausnahmsweise auch dem Empfänger der Kapitalerträge vorgeschrieben werden. Es liegt daher grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde, die Kapitalertragsteuer dem Empfänger oder der zum Abzug verpflichteten depotführenden Bank vorzuschreiben.Von der Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an die depotführende Bank ist jedenfalls abzusehen, wenn das Versicherungsunternehmen gegenüber der depotführenden Bank eine schriftliche (Anleger-)Erklärung abgegeben hat, wonach
- das ausländische Versicherungsprodukt nach Abschnitt 20.2.4.16.2 österreichischen Versicherungsprodukten vergleichbar ist oder
- das Versicherungsunternehmen nach Abschnitt 20.2.4.16.3 die ausschließliche Dispositionsbefugnis über die am Depot befindlichen Investments hat und der Versicherungsnehmer weder rechtlich noch tatsächlich wie ein Eigentümer über die Veranlagung entscheiden kann.
Dies gilt nicht, wenn die depotführende Bank oder ein Unternehmen desselben Konzerns (§ 15 AktG) das ausländische Versicherungsprodukt vermittelt hat und die depotführende Bank wusste oder wissen musste, dass der Kunde ("Versicherungsnehmer") und nicht das Versicherungsunternehmen über die im Deckungsstock befindlichen Vermögenswerte verfügen kann (siehe Abschnitt 20.2.4.16.3). Ist dies der Fall, ist die Kapitalertragsteuer grundsätzlich der depotführenden Bank vorzuschreiben. Dies gilt sinngemäß auch für die EU-Quellensteuer.
Wenn Umstände nach dem Gesamtbild der Verhältnisse (zB Vorliegen vieler Einzeldepots, Einmalerläge) darauf schließen lassen, dass die Wertpapiere nicht der ausländischen Versicherung zuzurechnen sind (vgl. VwGH 23.11.2016, Ro 2015/15/0012), ist eine schriftliche (Anleger-)Erklärung nicht ausreichend. Es ist dann im Einzelfall durch Vorlage der Versicherungsverträge nachzuweisen, dass die Zurechnung der Depots an die Versicherung erfolgt.
20.2.4.16.6 Eigenständige Beurteilung für Zwecke der Versicherungssteuer
Während im Bereich der Ertragsteuern die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich ist, ist für das Versicherungssteuergesetz 1953 die zivilrechtliche Beurteilung maßgeblich. Liegt daher aus zivilrechtlicher Sicht eine Versicherung vor, dh. unterliegt der Vertrag dem Versicherungsvertragsgesetz 1958, kann - ungeachtet der ertragsteuerlichen Beurteilung - auch Versicherungssteuer nach dem Versicherungssteuergesetz 1953 anfallen. Davon betroffen können ausländische Versicherungsprodukte sein, bei denen- es sich um "private insuring" handelt (und die somit von inländischen Versicherungsunternehmen nicht als Versicherung angeboten werden dürfen),
- die nach Abschnitt 20.2.4.16.3 vorzunehmende Prüfung für eine Zurechnung des Deckungsstocks zum Kunden spricht,
- aber trotzdem ein Versicherungsrisiko übernommen wird (und es sich somit zivilrechtlich um eine Versicherung handelt).
20.2.4.16.7 Anwendungszeitraum
Die hier dargestellten Grundsätze sind in allen offenen Verfahren anzuwenden. Von einer Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an die depotführende Bank ist bei Depots, die von ausländischen Versicherungsunternehmen vor dem 1.7.2010 begründet wurden bzw. die vor dem 1.7.2010 auf ausländische Versicherungsunternehmen übertragen wurden, abzusehen. Dies gilt nicht, wenn die depotführende Bank oder ein Unternehmen desselben Konzerns (§ 15 AktG) das ausländische Versicherungsprodukt vermittelt hat und die depotführende Bank wusste oder wissen musste, dass der Kunde ("Versicherungsnehmer") und nicht das Versicherungsunternehmen über die im Deckungsstock befindlichen Vermögenswerte verfügen kann (siehe Abschnitt 20.2.4.16.3).20.2.4.16.8 KESt-Abzug
Werden die im Deckungsstock befindlichen Wertpapiere aus ertragsteuerlicher Sicht dem Versicherungsnehmer zugerechnet, sind auch die auf ihn entfallenden Einkünfte aus diesen Wertpapieren des Deckungsstocks unmittelbar ihm zuzurechnen und bei ihm zu besteuern.Handelt es sich dabei um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne des § 27 Abs. 2 EStG 1988, ist bei Vorliegen inländischer Einkünfte gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 der Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen. Abzugsverpflichteter ist dabei - neben dem Schuldner der Kapitalerträge bei inländischen Dividenden (§ 95 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988) - die auszahlende Stelle gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988.
Werden Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und aus Derivaten gemäß § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 erzielt, ist bei Vorliegen inländischer Einkünfte gemäß § 93 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 der Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen. Abzugsverpflichteter ist dabei die inländische depotführende Stelle oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 Abs. 2 Z 2 lit. b EStG 1988 die inländische auszahlende Stelle.