11.11.1 Anwendungsbereich
Die Künstler/Schriftstellerpauschalierung ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2000 anzuwenden. Die einkommensteuerrechtliche Pauschalierung ist von der umsatzsteuerrechtlichen unabhängig.Anwendungsvoraussetzungen der Künstler/Schriftstellerpauschalierung sind:- Selbständige Ausübung einer künstlerischen und/oder schriftstellerischen Tätigkeit (siehe Rz 4363 und 4364).
- Hinsichtlich dieser Tätigkeit(en) darf keine Buchführungspflicht bestehen und es dürfen auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermöglichen.
- Bis einschließlich Veranlagung 2002 die Verwendung einer Beilage, aus der hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht. Die Beilage ist nach einem amtlichen Vordruck zu erstellen (Formular Komb 9). In der Beilage sind die Berechnungsgrundlagen darzustellen. Sie ist der Abgabenerklärung anzuschließen. Ab Veranlagung 2003 entfällt diese Verpflichtung (Verordnung BGBl. II Nr. 636/2003).
- Keine (weitere) Inanspruchnahme einer Pauschalierung für Einkünfte aus der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit, dh. Berücksichtigung von weiteren Betriebsausgaben bei der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit in vollem Umfang nach den tatsächlichen Verhältnissen.
- Keine Geltendmachung von abpauschalierten Betriebsausgaben im Sinne des § 2 Abs. 2 der Verordnung in tatsächlicher Höhe oder über die Individualpauschalierung bei einer weiteren Tätigkeit, die mit der künstlerischen bzw. schriftstellerischen im Zusammenhang steht (§ 3 der Verordnung, siehe dazu unter Rz 4368 und 4369).
11.11.2 Pauschale Gewinnermittlung
Mit dem Pauschalsatz von 12% der Umsätze (siehe Rz 4109ff) aus der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit, höchstens jedoch 8.725 Euro jährlich sind folgende Betriebsausgabenkategorien erfasst:- Aufwendungen für übliche technische Hilfsmittel (insbesondere Computer, Ton- und Videokassetten inklusive der Aufnahme- und Abspielgeräte). Die Inanspruchnahme einer AfA (§§ 7, 8 EStG 1988) kommt für derartige Wirtschaftgüter nicht in Betracht; ein allfälliger Restbuchwert stellt keine Betriebsausgabe dar. Eine Übertragung stiller Reserven (§ 12 EStG 1988) auf derartige Wirtschaftsgüter kommt bei Inanspruchnahme der Pauschalierung nicht in Betracht.
- Aufwendungen für Telefon und Büromaterial.
- Aufwendungen für Fachliteratur und Eintrittsgelder.
- Betrieblich veranlasste Aufwendungen für Kleidung, Kosmetika und sonstige Aufwendungen für das äußere Erscheinungsbild.
- Mehraufwendungen für die Verpflegung (Tagesgelder im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Z 4 EStG 1988).
- Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume (insbesondere Arbeitszimmer, Atelier, Tonstudio, Probenräume). Abpauschaliert sind sämtliche (anteiligen) Kosten im Zusammenhang mit derartigen Räumen einschließlich der Einrichtung.
- Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden.
- Üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben (zB Trinkgelder).
- Absetzbare Aus- und Fortbildungskosten,
- Aufwendungen für Musikinstrumente eines Musikers,
- Aufwendungen für nicht im Wohnungsverband gelegene Arbeitsräume (Ateliers),
- Nicht als durchlaufende Posten (Rz 4109a) zu behandelnde Fahrzeugkosten und andere Kosten im Zusammenhang mit Auftritten und sonstigen betrieblich veranlassten Fortbewegungen,
- Löhne und Honorare,
- Material- und sonstiger Herstellungsaufwand für Kunstwerke (Rohmaterial für Kunstwerke oder Druckkosten, nicht jedoch Büromaterial),
- Nicht als durchlaufende Posten (Rz 4109a) zu behandelnde Nächtigungskosten,
- Pflichtversicherungsbeiträge,
- Rechts- und Beratungskosten,
- Vermittlungsprovisionen,
- Werbeaufwand, soweit nicht Geschäftsfreundebewirtung.
11.11.3 Ausschluss gemäß § 3 der Verordnung
§ 3. Abs. 2 Die Inanspruchnahme der Pauschalierung nach § 1 Z 1 ist ausgeschlossen, wenn Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Sinn des § 2 Abs. 21) in tatsächlicher Höhe oder
2) unter Inanspruchnahme der Verordnung über die Individualpauschalierung von Betriebsausgaben, Werbungskosten und Vorsteuern(Hinweis: mit dem 2. BRBG, BGBl. I Nr. 61/2018 außer Kraft getreten) bei einer weiteren Tätigkeit geltend gemacht werden, die mit der künstlerischen oder schriftstellerischen Tätigkeit im Zusammenhang steht.
Der Ausschluss gemäß § 3 der Verordnung kommt zur Anwendung wenn
- Einkünfte aus einer weiteren, nicht von der Künstler/Schriftstellerpauschalierung erfassten Tätigkeit, die mit der künstlerischen bzw. schriftstellerischen Tätigkeit im Zusammenhang steht (siehe Rz 4369), vorliegen und dabei
- Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die vom Pauschale erfasst sind (siehe Rz 4366) bei Ermittlung dieser Einkünfte in tatsächlicher Höhe oder über die Inanspruchnahme der Individualpauschalierung geltend gemacht werden. Bereits die Geltendmachung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten aus einer einzigen Aufwandskategorie im Sinne der Rz 4366 hat den gänzlichen Ausschluss der Pauschalierung zur Folge. Die Geltendmachung von nicht abpauschalierten Betriebsausgaben oder Werbungskosten (siehe Rz 4367) oder die Inanspruchnahme der gesetzlichen Basispauschalierung (§ 17 EStG 1988) ist hingegen unschädlich.
- die (weitere) Tätigkeit zusammen mit der künstlerischen/schriftstellerischen Tätigkeit eine Einkunftsquelle darstellt, bzw. (sollte dies nicht zutreffen)
- die (weitere) Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung typischerweise mit der künstlerischen/schriftstellerischen in einem engen sachlichen Wirkungsbereich steht.
Ein Zusammenhang in diesem Sinn ist etwa in folgenden Fällen anzunehmen: Schriftsteller - Vortragender im selben Fachgebiet; Schriftsteller - Journalist; Schriftsteller - Bildberichterstatter; Fachschriftsteller (Abgabenrecht) - Finanzbeamter, Wirtschaftstreuhänder; Fachschriftsteller (Recht) - Rechtsanwalt.
Kein Zusammenhang liegt etwa in folgenden Fällen vor: Kunstmaler - Galerist; Interpret (Musiker) Musikkritiker.
Beispiel:
A ist Fachschriftsteller und Vortragender auf dem Gebiet des Steuerrechts. Die Schriftstellerpauschalierung kommt stets nur für die Einkünfte aus der schriftstellerischen Tätigkeit, nicht aber für jene aus der Tätigkeit als Vortragender in Betracht (siehe Rz 4363).
Die schriftstellerische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerrechts steht mit der vortragenden Tätigkeit auf demselben Gebiet im Zusammenhang (§ 3 der Verordnung). Die Anwendung der Schriftstellerpauschalierung kommt daher nur in Betracht, wenn bei der vortragenden Tätigkeit keine Aufwendungen in tatsächlicher Höhe (oder individualpauschaliert) geltend gemacht werden, die durch die Schriftstellerpauschalierung abpauschaliert sind (siehe Rz 4366).
Werden daher zB Aufwendungen für Fachliteratur bei der Vortragstätigkeit geltend gemacht, kommt die Anwendung der Schriftstellerpauschalierung nicht in Betracht.
Es bestehen für A somit folgende Möglichkeiten:
1. Inanspruchnahme der Schriftstellerpauschalierung für die schriftstellerischen Einkünfte und Verzicht auf die Geltendmachung abpauschalierter Aufwendungen bei der Vortragstätigkeit; die Inanspruchnahme der gesetzlichen Basispauschalierung bei der Vortragstätigkeit (6%) bleibt möglich und schließt die Schriftstellerpauschalierung nicht aus.
2. Geltendmachung abpauschalierter Aufwendungen bei der Vortragstätigkeit und Verzicht auf die Inanspruchnahme der Schriftstellerpauschalierung.