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30 Beschränkte Steuerpflicht (§ 98 bis 102 EStG 1988)

BMFBMF-010200/0024-IV/6/20197.5.2018

30.1 Einkünfte bei beschränkter Steuerpflicht (§ 98 EStG 1988)

30.1.1 Steuerpflicht von Einkünften nach dem EStG 1988

Rz 7901
Einkommensteuerpflicht von Einkünften, welche von einer Person ohne Wohnsitz und ohne gewöhnlichen Aufenthalt im Inland erzielt werden, liegt vor, wenn ein Tatbestand des § 98 EStG 1988 erfüllt ist. § 99 EStG 1988 erweitert nicht den Kreis der der Besteuerung unterliegenden Einkünfte, sondern setzt solche voraus und normiert, in welchen Fällen die Einkommensteuer für Einkünfte iSd § 98 EStG 1988 durch Steuerabzug erhoben wird (VwGH 20.2.1997, 95/15/0135). § 98 EStG 1988 normiert keine neuen Einkunftsarten, sondern knüpft durch Verweis an die Einkünfte im Sinne der §§ 21 bis 28 und § 30 EStG 1988

Rz 7902
Die Einkunftsarten des § 98 EStG 1988 bestehen aus einem aus den §§ 21 bis 28 und § 30 EStG 198894/13/0220).

Beispiel:

Der unbeschränkt Steuerpflichtige A ist mit seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb steuerpflichtig. Die Steuerpflicht des beschränkt Steuerpflichtigen B erstreckt sich (eingeschränkt) nur auf jene Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte erzielt.

Rz 7903
§ 98 EStG 1988 soll sicherstellen, dass beschränkt Steuerpflichtige mit ihren Einkünften aus inländischen Quellen der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen. Der in § 98 EStG 1988 festgelegte Umfang der beschränkten Steuerpflicht ist keiner engen Auslegung zugänglich. Daher ist beispielsweise auch eine isolierende Betrachtungsweise bei der Beurteilung, ob inländische Steuerpflicht besteht, zulässig (VwGH 19.6.1968, 1561/67).

Rz 7904
Die Einkünftequalifikation im Rahmen des § 98 EStG 1988 (Zurechnung zu einer Einkunftsart) wird durch die Einkünftezuordnung in den verwiesenen Normen (§§ 21 bis 28 und § 30 EStG 198894/13/0220). Die Subsidiaritätsklausel der §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 30 Abs. 1 EStG 1988 § 98 EStG 1988 (VwGH 22.9.1992, 88/14/0244). Für die Zurechnung von Einkünften zu einer Einkunftsart ist maßgebend, wie sie sich bei Betrachtung des gesamten Sachverhaltes, somit der in- und ausländischen Verhältnisse, darstellen. Führt diese Betrachtung jedoch dazu, dass inländische Einkünfte aus einer der Haupteinkunftsarten mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 98 Abs. 1 Z 1 bis 4 EStG 1988 (zB bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb keine inländische Betriebsstätte oder bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit keine Verwertung, weil der wirtschaftliche Erfolg einer Tätigkeit der inländischen Volkswirtschaft nicht unmittelbar zu dienen bestimmt ist) nicht besteuert würden, so ist darauf abzustellen, wie sich die Einkünfte bei ausschließlicher Betrachtung des im Inland verwirklichten Sachverhaltes darstellen (Isolationstheorie, isolierende Betrachtungsweise).

Beispiel

1. Der im Ausland ansässige A erzielt im Rahmen seines ausländischen Betriebes Lizenzeinkünfte. Bei Gesamtbetrachtung stellen die Lizenzeinkünfte Betriebseinnahmen dar. Da A in Österreich keine Betriebsstätte unterhält, können die Lizenzeinkünfte nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) besteuert werden. Isoliert betrachtet stellen sie allerdings Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar und sind nach § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu besteuern.

2. Der im Ausland ansässige B unterhält im Rahmen seines ausländischen Betriebes (Bilanzstichtag 31.12.) ein verkauft.

Es liegen ab der Veranlagung 2006 hinsichtlich des Gebäudes Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 idF des AbgÄG 2005somit keine isolierende Betrachtungsweise; zur Übergangsregelung des § 124b Z 131 EStG 1988 siehe Rz 7936b).

Rz 7905
Können subsidiäre Einkünfte auf Grund der isolierenden Betrachtungsweise keiner anderen Einkunftsart zugerechnet werden, so wird das Besteuerungsrecht nach § 98 EStG 1988 dadurch nicht berührt; denn die Subsidiaritätsklauseln bezwecken nicht die Freistellung von Einkünften von der Einkommensteuer, sondern lediglich die allfällige Zurechnung solcher Einkünfte zu einer anderen Einkunftsart (VwGH 13.11.1959, 2374/58).

Rz 7906
Einkünfte iSd § 98 EStG 1988 unterliegen nicht der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie wirtschaftlich bereits bei einer anderen Person bei einer anderen Einkunftsart erfasst wurden. Dieses Prinzip der Vermeidung einer (wirtschaftlichen) Doppelbesteuerung bei tatbestandlichen Überschneidungen von Einkünften nach § 98 EStG 1988 ist in § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 (klarstellend) ausdrücklich ersichtlich gemacht; es gilt aber nicht nur im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (siehe dazu das Beispiel in Rz 7963 f), sondern für alle Einkünfte.

Rz 7907
Personengesellschaften als solche unterliegen nicht der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Die beschränkte Steuerpflicht bezieht sich auf die ausländischen Gesellschafter von Personengesellschaften, wenn die Personengesellschaft zB bei Einkünften aus Gewerbebetrieb über eine österreichische Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter verfügt. Auch die Gesellschafter von ausländischen Personengesellschaften, die ihrerseits an solchen österreichischen Personengesellschaften beteiligt sind, unterliegen der beschränkten Steuerpflicht (VwGH 3.3.1987, 86/14/0128).

Rz 7908
Die Besteuerung erfolgt unmittelbar durch Veranlagung der beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter; dies allerdings auf der Grundlage einer gegenüber der Personengesellschaft durchgeführten Einkünftefeststellung der Gesellschafter. Beteiligen sich Personen an einem österreichischen Unternehmen als atypisch stille Gesellschafter, dann gilt als Grundsatz, dass die inländische Betriebsstätte des Unternehmens auch Betriebsstätten der ausländischen stillen Gesellschafter darstellt. Liegt eine Beteiligung als echter stiller Gesellschafter vor, dann knüpft die inländische beschränkte Steuerpflicht nicht an den Bestand einer inländischen Betriebsstätte, sondern an die Verpflichtung zur Einbehaltung der Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 (§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. c EStG 1988).

Rz 7908a
Der mit dem Budgetbegleitgesetz 2007 angefügte § 98 Abs. 3 EStG 1988 stellt sicher, dass steuerrelevante nachträgliche Ereignisse, die ihre Wurzel in Zeiträumen des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht haben und sich als Besteuerungskorrekturen darstellen, auch dann zu berücksichtigen sind, wenn sie in Zeiträumen eintreten, in denen der Steuerpflichtige nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig ist. Gleiches gilt, wenn die beschränkte Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 EStG 1988 zB durch Schließung der inländischen Betriebsstätte weggefallen ist. Durch die zentrale Regelung im § 98 Abs. 3 EStG 1988 konnte die bisher nur für einzelne Bereiche bestehende Spezialvorschrift des Abs. 1 Z 5 lit. c entfallen.

Einerseits betroffen sind nachträgliche Einkünfte iSd § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 wie zB der nach Betriebsbeendigung unter Aufgabe des inländischen Wohnsitzes erfolgende Eingang abgeschriebener Forderungen. Andererseits sehen die Abgabenvorschriften

  • in Vorjahren mit inländischen Einkünften ausgeglichene Auslandsverluste im Fall ihrer späteren Verwertung im Ausland (§ 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988),
  • Freibeträge für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 im Fall der Nachversteuerungspflicht wegen Nichteinhaltung der Behaltefrist von vier Jahren,
  • gemäß § 11a EStG 1988 begünstigt besteuerte nicht entnommene Gewinne im Fall von späteren Überentnahmen,
  • zu Unrecht erstattete Einkommensteuer (Lohnsteuer) im Rahmen des Bausparens (§ 108 Abs. 6 EStG 1988), der prämienbegünstigten Pensionsvorsorge (§ 108a Abs. 5 EStG 1988) oder der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§ 108g Abs. 5 EStG 1988).

Rückzuzahlen sind insbesondere Bildungsprämien im Fall ihrer nachträglichen Vergütung (§ 108c Abs. 4 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 118/2015). Hat der Steuerpflichtige den Bildungsfreibetrag nach § 4 Abs. 4 Z 8 und/oder Z 10 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 118/2015) geltend gemacht, liegen im Vergütungsfall gegebenenfalls nachträgliche Einkünfte vor.

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