Beispiel
Das Unternehmen A ist im Staat B ansässig und unterhält eine Betriebsstätte in Österreich. Die Betriebsstätte erzielt C Zinsen. Das DBA zwischen Österreich und Staat B ist und sieht in Art. 24 Abs. 3 ein Betriebsstättendiskriminierungsverbot vor. Dieses ist so auszulegen, dass Österreich als Betriebsstättenstaat die im Staat C erhobene Quellensteuer auf Zinsen anrechnet.
Das DBA zwischen Österreich und dem Staat C ist für das Unternehmen A nicht anwendbar, da dieses weder im Staat C noch in Österreich ansässig ist. Der darin vorgeschriebene Quellensteuersatz für Zinsen ist jedoch bei der Bemessung des Höchstbetrags für die Anrechnung zu berücksichtigen, da das Betriebsstättendiskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 3 OECD-MA den Betriebsstättenstaat verpflichtet, den Betrag an Quellensteuern bis zu jenem Ausmaß bei der Besteuerung des Betriebsstättengewinns im Wege der Steueranrechnung zu berücksichtigen, als die im Betriebsstättenstaat ansässigen Steuerpflichtigen nach dem DBA mit dem Quellenstaat (DBA Österreich - C) dazu berechtigt wären.
Der Betriebsstättenstaat ist jedoch nicht verpflichtet, eine höhere Quellensteuer anzurechnen als jene, die im Abkommen zwischen dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen und dem Quellenstaat vereinbart ist (DBA B - C). Sollte darin ein niedrigerer Quellensteuersatz für Zinsen als im DBA zwischen Österreich und Staat C vorgesehen sein, so rechnet Österreich nur diesen, niedrigeren, Betrag an.
Zudem sind im Verhältnis zu EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten die grundfreiheitsrechtlichen Diskriminierungsverbote anwendbar. Hinsichtlich der Steueranrechnung bei Drittstaatseinkünften einer inländischen Betriebsstätte (siehe Beispiel) ergibt sich auch aus grundfreiheitsrechtlicher Sicht ein Anrechnungsgebot (EuGH 21.9.1999, Rs C-307/97 , Saint Gobain). Die unionsrechtlichen Verpflichtungen gehen jedoch über die DBA-rechtlichen Verpflichtungen zur Gleichbehandlung hinaus und erfassen auch Steuerfreistellungsverpflichtungen, die sich zB für internationale Schachteldividenden ergeben, wie dies im Fall Saint Gobain in Streit stand. Dieser zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung im körperschaftsteuerlichen Bereich bestehenden Steuerfreistellungsverpflichtung kommt auch in anderen Fällen der Betriebsstättengewinnbesteuerung Bedeutung zu. Im Falle von in der EU bzw. im EWR ansässigen Steuerpflichtigen müsste Österreich einer inländischen Betriebsstätte daher auch eine etwaige sich aus einem anderen österreichischen DBA ergebende Freistellung zugutekommen lassen, wobei sich diese Freiststellungsverpflichtung aber bei europarechtskonformer DBA-Auslegung grundsätzlich auch bereits aus dem DBA-Diskriminierungsverbot ableiten lässt.