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30.1.2 Einfluss des zwischenstaatlichen Rechtes (DBA) auf § 98 EStG 1988

BMFBMF-010200/0024-IV/6/20197.5.2018

Rz 7909
Besteht nach § 98 EStG 1988 ein Besteuerungsrecht an Einkünften, kann deren Besteuerung dennoch ausgeschlossen sein, wenn das anzuwendende DBA das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften dem anderen Staat zuweist. Ob dies der Fall ist, muss im Verhältnis zu jedem Vertragsstaat Österreichs auf Grund der jeweiligen Abkommensbestimmungen und nach allenfalls im Rahmen von Verständigungsverfahren getroffenen Vereinbarungen beurteilt werden. Die nachstehenden Aussagen beziehen sich im Allgemeinen nur auf jene Abkommensrechtslage, wie sie durch DBA herbeigeführt wird, die auf dem Musterabkommen der OECD beruhen (OECD-konforme DBA). Voraussetzung für die Anwendbarkeit eines DBA ist idR die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen in einem oder in beiden Vertragsstaaten (Art. 1 OECD-Musterabkommen).

Rz 7910
DBA zeitigen allerdings auch dann Wirkungen, wenn der Steuerpflichtige weder in Österreich noch im anderen Vertragsstaat ansässig ist. Die Diskriminierungsverbote des Art. 24 OECD-konformer DBA sind auch auf in Drittstaaten ansässige Steuerpflichtige anwendbar. Diese verlangen ua., dass die inländische Betriebsstätte einer ausländischen Gesellschaft nicht ungünstiger als ein inländisches Unternehmen besteuert werden darf (Art. 24 Abs. 3 OECD-konformer DBA). Dabei werden in Österreich auch Drittstaatseinkünfte einer Betriebsstätte aufgrund des Betriebsstättendiskriminierungsverbotes von der Doppelbesteuerung entlastet (siehe auch Z 70 des OECD-Kommentars zu Art. 24 OECD-MA).

Beispiel

Das Unternehmen A ist im Staat B ansässig und unterhält eine Betriebsstätte in Österreich. Die Betriebsstätte erzielt C Zinsen. Das DBA zwischen Österreich und Staat B ist und sieht in Art. 24 Abs. 3 ein Betriebsstättendiskriminierungsverbot vor. Dieses ist so auszulegen, dass Österreich als Betriebsstättenstaat die im Staat C erhobene Quellensteuer auf Zinsen anrechnet.

Das DBA zwischen Österreich und dem Staat C ist für das Unternehmen A nicht anwendbar, da dieses weder im Staat C noch in Österreich ansässig ist. Der darin vorgeschriebene Quellensteuersatz für Zinsen ist jedoch bei der Bemessung des Höchstbetrags für die Anrechnung zu berücksichtigen, da das Betriebsstättendiskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 3 OECD-MA den Betriebsstättenstaat verpflichtet, den Betrag an Quellensteuern bis zu jenem Ausmaß bei der Besteuerung des Betriebsstättengewinns im Wege der Steueranrechnung zu berücksichtigen, als die im Betriebsstättenstaat ansässigen Steuerpflichtigen nach dem DBA mit dem Quellenstaat (DBA Österreich - C) dazu berechtigt wären.

Der Betriebsstättenstaat ist jedoch nicht verpflichtet, eine höhere Quellensteuer anzurechnen als jene, die im Abkommen zwischen dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen und dem Quellenstaat vereinbart ist (DBA B - C). Sollte darin ein niedrigerer Quellensteuersatz für Zinsen als im DBA zwischen Österreich und Staat C vorgesehen sein, so rechnet Österreich nur diesen, niedrigeren, Betrag an.

Zudem sind im Verhältnis zu EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten die grundfreiheitsrechtlichen Diskriminierungsverbote anwendbar. Hinsichtlich der Steueranrechnung bei Drittstaatseinkünften einer inländischen Betriebsstätte (siehe Beispiel) ergibt sich auch aus grundfreiheitsrechtlicher Sicht ein Anrechnungsgebot (EuGH 21.9.1999, Rs C-307/97 , Saint Gobain). Die unionsrechtlichen Verpflichtungen gehen jedoch über die DBA-rechtlichen Verpflichtungen zur Gleichbehandlung hinaus und erfassen auch Steuerfreistellungsverpflichtungen, die sich zB für internationale Schachteldividenden ergeben, wie dies im Fall Saint Gobain in Streit stand. Dieser zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung im körperschaftsteuerlichen Bereich bestehenden Steuerfreistellungsverpflichtung kommt auch in anderen Fällen der Betriebsstättengewinnbesteuerung Bedeutung zu. Im Falle von in der EU bzw. im EWR ansässigen Steuerpflichtigen müsste Österreich einer inländischen Betriebsstätte daher auch eine etwaige sich aus einem anderen österreichischen DBA ergebende Freistellung zugutekommen lassen, wobei sich diese Freiststellungsverpflichtung aber bei europarechtskonformer DBA-Auslegung grundsätzlich auch bereits aus dem DBA-Diskriminierungsverbot ableiten lässt.

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