7.4.1.2.1. Abkommensberechtigung und Ansässigkeit
Veranlagen ausländische Investmentfonds iSd § 188 InvFG 2011 die Gelder ihrer Anteilinhaber im Inland oder befinden sich die Anteile an ausländischen Investmentfonds im Besitz inländischer Anteilinhaber, kann es zur Doppelbesteuerung der dem Investmentfonds - und in weiterer Folge den Anteilinhabern - zufließenden Erträge kommen. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sind die zwischen den Staaten geschlossenen DBA, sowie die entsprechenden innerstaatlichen Maßnahmen (siehe Rz 537) anzuwenden.Ob ein ausländischer Investmentfonds eine nach dem DBA schutzberechtigte Person ist, wird nach dem innerstaatlichen Recht des Investmentfondsstaates beurteilt. Somit hängt die Abkommensberechtigung eines ausländischen Investmentfonds von seiner Behandlung im ausländischen Steuerrecht ab. Wird der Investmentfonds vom ausländischen Steuerrecht als transparent behandelt oder ist er von Ertragssteuern insgesamt befreit, dann gilt der Fonds nicht als im anderen Staat ansässig und genießt keine Abkommensberechtigung.Gilt der ausländische Investmentfonds im ausländischen Steuerrecht als Steuersubjekt, dann ist er auch im abkommensrechtlichen Sinne ansässig und somit abkommensberechtigt. Eine Befreiung nur für bestimmte vom Fonds erzielte Einkunftsarten oder die Abzugsfähigkeit der an die Anteilinhaber oder Zertifikatsinhaber ausgeschütteten Dividenden soll allerdings laut Vorgabe der OECD nicht schädlich sein (siehe OECD, The granting of treaty benefits with respect to the income of collective investment vehicles, 2010, Rn 29).Gemäß § 188 InvFG 2011 findet im Geltungsbereich der österreichischen Rechtsordnung das sich aus § 186 InvFG 2011 ergebende Transparenzprinzip auch auf ausländische Investmentfonds Anwendung und zwar ungeachtet der Rechtsform und daher auch ungeachtet der Behandlung des ausländischen Investmentfonds im ausländischen Steuerrecht (siehe dazu im Detail Rz 13 ff). Nach ausländischem Steuerrecht als intransparent behandelte Investmentfonds werden daher nach dem innerstaatlichen Steuerrecht als transparent eingestuft. Wie auch im Falle der inländischen Investmentfonds schlägt die innerstaatliche Zurechnung der Fondserträgnisse an die Anteilinhaber auf der Ebene des Abkommensrechts durch, sodass aus österreichischer Sicht die Erträgnisse auch abkommensrechtlich an die Anteilinhaber und nicht an den Fonds fließen. Da sich die Zurechnung der Einkünfte für steuerliche Zwecke immer nach dem anwendbaren innerstaatlichen Steuerrecht richtet und der Abkommensanwendung zwingend vorgelagert ist, hat die Beurteilung des ausländischen Investmentfonds laut ausländischem Steuerrecht keinen Einfluss darauf.Wird der ausländische Investmentfonds im ausländischen Steuerrecht als intransparent gewertet, so ist er aus der Sicht seines Ansässigkeitsstaates abkommensberechtigt und die erzielten Einkünfte werden ihm zugerechnet. Aus österreichischer Sicht werden allerdings die gleichen Einkünfte den Anteilinhabern zugerechnet. Dies führt hinsichtlich der aus Österreich stammenden Erträge oder der Erträge österreichischer Anteilinhaber zu einem internationalen Zurechnungskonflikt. Österreich rechnet die Kapitalerträge den Anteilinhabern zu, der ausländische Staat aber dem Fonds in seiner Eigenschaft als Rechtsperson.Dieser Zurechnungskonflikt kann im Wege der DBA-Auslegung in der Weise gelöst werden, dass dem ausländischen Fonds eine Rückzahlungsberechtigung für seine Kleininvestoren (Anteilinhaber mit Fondsinvestitionen unter 10% der Fondsanteile) in dem Maße zuerkannt wird, als diese Kleininvestoren in Staaten ansässig sind, denen gegenüber Österreich sich in DBA zur Steuerentlastung verpflichtet hat. Der Rückzahlungsantrag darf in diesen Fällen nur durch den Fonds gestellt werden. Eine Rückerstattung der KESt kann an einen ausländischen Investmentfonds, für den eine Ansässigkeitsbescheinigung erteilt worden ist, aber nur dann erfolgen, wenn dieser Fonds belegt, in welchem Ausmaß die österreichischen Kapitalerträge begünstigungsfähigen Kleininvestoren zugehen. Eine Schätzung kann als ausreichender Beleg anerkannt werden, wenn die Schätzungsmethodik offengelegt und bei Bedarf eine Prüfung im Amtshilfeweg möglich ist (vgl. EAS 3044). Bei der Ermittlung der Höhe des anzuwendenden Quellensteuersatzes ist das zwischen Österreich und dem Ansässigkeitsstaat des Investmentfonds anzuwendende DBA maßgeblich (vgl. EAS 3189). Eine gesonderte Antragstellungsmöglichkeit des ausländischen Anteilinhabers ist nicht vorgesehen.Sollten ein oder mehrere Anteilinhaber mit mehr als 10% am Investmentfonds beteiligt sein (wesentlich beteiligte Anteilinhaber), so sind neben der Ansässigkeitsbestätigung des Investmentfonds auch eine Ansässigkeitsbestätigung dieser signifikanten Anteilinhaber, sowie ein Nachweis darüber, in welchem Ausmaß die österreichischen Kapitalerträge diesen Anteilinhabern zugehen, erforderlich. Eine Schätzung ist für wesentlich beteiligte Anteilinhaber nicht zulässig.Sollte das zwischen Österreich und dem Anteilinhaber anzuwendende DBA jedoch einen günstigeren Quellensteuersatz vorsehen, so müsste der Fonds neben der üblichen Glaubhaftmachung des Prozentsatzes der in DBA-Ländern ansässigen Anteilinhaber folgende zusätzlichen Dokumentationserfordernisse kumulativ erfüllen und seinem Rückerstattungsantrag beilegen, um diesen günstigeren Steuersatz geltend machen zu können:- Ansässigkeitsbescheinigungen seiner in Drittstaaten ansässigen Anteilinhaber,
- Nachweis über die im jeweiligen Drittstaat vorgenommene transparente Behandlung der ausländischen Investmentfonds sowie
- eine listenmäßige Erfassung der in den qualifizierten Drittstaaten mit günstigerem Steuersatz ansässigen Anteilinhaber, wobei in dieser Liste die Differenzsteuerbeträge (also die zusätzlich zur Grundrückerstattung anfallenden Steuerbeträge) zusammenzufassen wären.
Die Summe dieser Differenzsteuerbeträge kann sodann dem Rückerstattungsbetrag an den ausländischen Fonds zugeschlagen werden.
Liegt dem Rückerstattungsantrag nur eine Schätzung des Anteils der im Ansässigkeitsstaat des Fonds oder in Drittstaaten mit DBA-Verbindung zu Österreich ansässigen Anteilinhaber vor (mögen darin auch die Drittstaaten und deren mit Österreich vereinbarten günstigeren Quellensteuersätze angegeben sein), wird jedoch nicht die obengenannte besondere Dokumentation erstellt, ist dem antragstellenden Fonds die österreichische Kapitalertragsteuer nur in dem Ausmaß zu erstatten, das vom zwischen Österreich und dem Ansässigkeitsstaat des Investmentfonds anzuwendenden DBA vorgesehen ist (vgl. EAS 3189).Eine andere Vorgehensweise als die in der Rz 539 beschriebene wurde im Rahmen eines Verständigungsverfahrens mit Großbritannien auf Basis des Art. 27 DBA Österreich-Großbritannien, BGBl. Nr. 390/1970 idgF für folgende Investmenteinrichtungen vereinbart:- Investment Trust Companies (ITCs)
- Open Ended Investment Companies (OEICs)
- Authorised Units Trusts
Sofern diese Investmenteinrichtungen als solche der britischen Körperschaftsbesteuerung unterliegen und die an Anteilinhaber fließenden Ausschüttungen keine gewinnmindernde Wirkung haben, wird ohne Rücksicht auf die Fondsinvestoren eine KESt-Herabsetzung auf 15% erfolgen können (vgl. EAS 2947).
Sobald ein im Ausland als intransparent eingestufter Investmentfonds, unter Vorlage einer vom Ansässigkeitsstaat des Investmentfonds ausgestellten Ansässigkeitsbestätigung, die Entlastung beim zuständigen Finanzamt Bruck-Eisenstadt-Oberwart beantragt, ist keine gesonderte Antragsmöglichkeit für in Drittstaaten (weder Österreich noch Ansässigkeitsstaat des Investmentfonds) ansässige Anteilinhaber möglich.