11.2.2.1 Allgemeines
Unter die offenen Einlagen fallen zunächst die im Gesellschaftsrecht ausdrücklich geregelten Einlagen im Austausch gegen Gesellschaftsrechte, wie das den Kapitalgesellschaften anlässlich Gründung oder Kapitalerhöhung zugeführte Nominalkapital inklusive Ausgabeaufgeld, Nachschüsse gemäß §§ 72 ff GmbHG, die Aufnahme von Partizipationskapital gemäß § 23 Abs. 4 BWG idF vor BGBl. I Nr. 184/2013 und § 73c VAG idF vor BGBl. I Nr. 34/2015 sowie Genussscheinkapital gemäß § 174 AktG und Kapital aus sonstigen Finanzierungsinstrumenten, das die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 erfüllt, die Aufnahme von Genossenschaftskapital, Nachschüsse gemäß § 3 Abs. 2 Genossenschaftsinsolvenzgesetz, RGBl. Nr. 105/1918, die Kapitalausstattung von Sparkassen gemäß § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 SpG und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit gemäß §§ 41 ff VAG 2016 und die Kapitalausstattung anderer juristischen Personen des privaten Rechts. Nicht ausdrücklich geregelt, aber ebenfalls als offene Einlage gilt die Kapitalausstattung eines Betriebes gewerblicher Art durch die Trägerkörperschaft.Zu den offenen Einlagen zählt auch das von der Körperschaft bei der Ausgabe von Anteilen, Genussrechten und Wandelschuldverschreibungen vereinnahmte Agio. Die steuerliche Beurteilung des Agios aus der Ausgabe von Optionsanleihen ergibt sich aus der zivilrechtlichen Einstufung der Optionsanleihe. Nach herrschender Auffassung sind Optionsanleihen Schuldverschreibungen, denen aus der Sicht des Emittenten eine Verbindlichkeit zugrunde liegt. Zunächst ist das Aufgeld das Entgelt für die Möglichkeit eines späteren Erwerbes von Gesellschaftsrechten. Solange diese Möglichkeit besteht, ist das Aufgeld steuerneutral zu behandeln. Verfällt aber das Optionsrecht mangels Ausnützung in der dafür zur Verfügung stehenden Frist, entsteht durch die Verbuchung als Ertrag beim Emittenten der Zusammenhang mit seiner Verbindlichkeit, sodass damit die betriebliche Sphäre der emittierenden Körperschaft angesprochen wird. Ähnliches gilt für das Aufgeld, das bei der Ausgabe von Wandelanleihen vereinnahmt wird.11.2.2.2 Einlagen als Tauschvorgänge
Die Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen (zB Betriebe, Mitunternehmeranteile) in eine Körperschaft (Sacheinlage) gilt gemäß § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 als Tausch, wenn sie nicht unter das Umgründungssteuergesetz fällt oder das Umgründungssteuergesetz dies vorsieht. Offene Einlagen von Wirtschaftsgütern oder sonstigem Vermögen in eine Körperschaft anlässlich einer Kapitalerhöhung oder eines Nachschusses fallen ebenso unter den Tauschgrundsatz wie verdeckte Einlagen und stellen somit einen Anschaffungsvorgang dar.War der die Einlage bewirkende Steuerpflichtige bereits vor der Einlage an der die Einlage empfangenden Körperschaft beteiligt, ist im Falle einer Einlage anlässlich einer Kapitalerhöhung die Anschaffung weiterer Anteile, im Falle einer Einlage (Zuwendung) ohne Kapitalerhöhung die nachträgliche Erhöhung der seinerzeitigen Anschaffungskosten der bisherigen Anteile anzunehmen. In beiden Fällen ist der gemeine Wert des eingelegten Wirtschaftsgutes oder sonstigen Vermögens anzusetzen. Aber auch die Vermögenszuwendung durch einen nicht unmittelbar an der Körperschaft Beteiligten gilt als über den unmittelbar beteiligten Anteilsinhaber eingelegt und daher als steuerneutraler Vermögenszugang, der beim unmittelbar Beteiligten zur Anschaffung weiterer Anteile bzw. zur Erhöhung der seinerzeitigen Anschaffungskosten der bisherigen Anteile führt.Auf der Seite der Körperschaft, die die Einlage erhält, liegt eine Anschaffung in Form eines Tausches vor. Die durch die Einlage eintretende Erhöhung des Vermögens der Körperschaft wird steuerlich nicht erfasst (§ 8 Abs. 1 KStG 1988). Das im Wege der Einlage zugegangene Wirtschaftsgut oder sonstige Vermögen gilt als angeschafft, als Anschaffungskosten ist der gemeine Wert des eingelegten Wirtschaftsguts anzusetzen. Nach § 6 Z 14 EStG 1988 wäre das eingelegte Wirtschaftsgut oder sonstige Vermögen in der Körperschaft mit dem gemeinen Wert der hingegebenen Gesellschaftsrechte zu bewerten. Es bestehen jedoch aus Gründen der einfacheren Handhabung keine Bedenken, wenn auf beiden Seiten der gemeine Wert des eingelegten Wirtschaftsgutes oder sonstigen Vermögens angesetzt wird ("Wertverknüpfung"). Für Umgründungen außerhalb des Geltungsbereiches des UmgrStG sieht § 20 Abs. 3 KStG 1988 die Wertverknüpfung ausdrücklich vor. § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 kann keinesfalls angewendet werden.Die Zuführung eines Wirtschaftsguts an eine Körperschaft kann auch anteilig als Einlage anzusehen sein. Dies ist dann der Fall, wenn ein Anteilsinhaber der Körperschaft ein Wirtschaftsgut zu einem unangemessen niedrigen Preis verkauft. In diesem Fall ist in Höhe der Differenz zum gemeinen Wert eine Einlage anzunehmen. Der gemeine Wert eingelegter Wirtschaftsgüter erhöht die Anschaffungskosten der Beteiligung (VwGH 21.7.1998, 93/14/0187, 93/14/0188).11.2.2.3 Umgründungen
Der § 6 Z 14 EStG 1988 innewohnende Tauschgrundsatz kommt bei Einbringungen und Abspaltungen im Sinne des UmgrStG hinsichtlich seiner Steuerwirkung dem Grunde nach nicht zum Tragen. Sind die Voraussetzungen des Art. III oder des Art. VI UmgrStG nicht gegeben oder liegt ein in Art. III oder Art. VI UmgrStG vorgesehener Fall der Aufwertungsoption oder Zwangsaufwertung vor, ist die mit dem Tauschgrundsatz verbundene Gewinnverwirklichung auch bei der Übertragung von (Teil-) Betrieben, Mitunternehmer- und Kapitalanteilen im Sinne des § 12 UmgrStG zwingend anzuwenden. Zu den Folgen siehe Rz 1454 bis 1459.Bei einer Buchwerteinbringung nach Art. III UmgrStG ist das steuerliche Einbringungskapital entscheidend, das unternehmensrechtliche Einbringungskapital ist hingegen ohne Bedeutung (VwGH 1.9.2015, Ro 2014/15/0002).