Investmentfonds und Immobilienfonds im steuerlichen Sinn sind keine Steuersubjekte. Dementsprechend werden die Erträge des Investment- oder Immobilienfonds - wie bei Miteigentum - direkt den Anteilinhabern zugerechnet. Ein Anteil an einem Investmentfonds liegt nur dann vor, wenn damit aus steuerlicher Sicht eine Beteiligung am "Eigenkapital" vorliegt (siehe KStR 2013 Rz 557, 1193 ff und EStR 2000 Rz 6112c). Bei in- und ausländischen Organismen, die als Investment- oder Immobilienfonds eingestuft werden, wird eine allfällige Steuersubjekteigenschaft nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen von
§ 186 und
§ 188 InvFG 2011 bzw.
§ 40 und
§ 42 ImmoInvFG überlagert.
Das Durchgriffsprinzip nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen wird bei der Fondsbesteuerung allerdings nicht vollständig verwirklicht, sondern - nicht zuletzt aus Gründen der Administrierbarkeit - in mehreren Bereichen durchbrochen.
Dabei lässt sich ein Fondsrechnungskreis folgendermaßen schematisch darstellen:
Nach dem Durchgriffsprinzip müssten sämtliche Erträge des Fonds im Zeitpunkt des Zuflusses an den Fonds beim Anteilinhaber erfasst werden. Tatsächlich erfolgt die Besteuerung nur bei Ausschüttung aus dem Fonds sowie - alternativ bzw. ergänzend - einmal jährlich nach dem Fondsgeschäftsjahresende in Form der Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge (siehe dazu näher Rz 152 f). Für den Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung der ausschüttungsgleichen Erträge ist die Auszahlung der Kapitalertragsteuer oder die Veröffentlichung der Meldung der steuerlichen Daten samt der ermittelten ertragsteuerlichen Behandlung bei der Meldestelle gemäß
§ 12 KMG (OeKB) maßgeblich. Wird in der Jahresmeldung eine Ausschüttung gemeldet, fließt diese Ausschüttung am in der Jahresmeldung angegebenen Ausschüttungstag zu.
Darüber hinaus ergeben sich Abweichungen vom Zufluss-Abfluss-Prinzip aufgrund der Fondsbuchhaltung, die zB eine Zinsabgrenzung vorsieht (siehe dazu näher Rz 495 f).
Nach dem Durchgriffsprinzip müsste für jeden Anleger die Besteuerung aufgrund seiner individuellen Anschaffungskosten für das vom Fonds gehaltene Finanzvermögen erfolgen. Davon abweichend erfolgt die Fondsbesteuerung so, dass sämtliche Anleger grundsätzlich gleich behandelt werden und individuelle Unterschiede über den gesetzlich vorgesehenen Ertragsausgleich Berücksichtigung finden.
Auch hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen sowie der Vortragsfähigkeit von Verlusten weicht die Fondsbesteuerung von den allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen ab: So sind Aufwendungen in Zusammenhang mit endbesteuerten Erträgen im Fonds abzugsfähig und ein - auf den Fonds bezogener - Verlustvortrag ist möglich. Bei den ausschüttungsgleichen Erträgen werden im Privatvermögen ordentliche Erträge voll besteuert, bei außerordentlichen Erträgen findet eine Erfassung nur zu 60% statt. Um eine Doppelerfassung desselben Ertrages im Zuge der Veräußerung des Fondsanteils zu vermeiden, erhöhen die ausschüttungsgleichen Erträge die Anschaffungskosten (siehe dazu näher Rz 227 ff), während eine spätere Ausschüttung von bereits versteuerten ausschüttungsgleichen Erträgen steuerfrei ist und zu einer Verminderung der Anschaffungskosten führt.
Die Rechnungslegung eines Fonds richtet sich nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen. Aus steuerlicher Sicht ist entscheidend, dass die Fondsbuchhaltung den Grundsätzen einer ordentlichen Buchführung entspricht und in der Lage ist, die Grundlagen für die Ermittlung der steuerlichen Ertragsbestandteile nachvollziehbar zu liefern (siehe dazu näher Rz 495).
§ 186 Abs. 2 Z 2 InvFG 2011 und
§ 40 Abs. 2 Z 1 ImmoInvFG sehen vor, dass die Zusammensetzung der Ausschüttung und der ausschüttungsgleichen Erträge durch einen steuerlichen Vertreter sowie die zur Ermittlung der Höhe der Kapitalertragsteuer und der Anpassung der Anschaffungskosten erforderlichen steuerrelevanten Daten der Meldestelle gemäß
§ 12 KMG (OeKB) für Zwecke der Veröffentlichung bekanntzugeben sind. Diese ermittelt anhand dieser Daten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen die steuerliche Behandlung und sie veröffentlicht die steuerrelevanten Daten samt der ermittelten steuerlichen Werte für die einzelnen Fonds auf
https://www.profitweb.at . Die näheren Details der Aufgliederung und Übermittlung der steuerlichen Daten durch die steuerlichen Vertreter und die Veröffentlichung dieser übernommenen Daten durch die Meldestelle gemäß
§ 12 KMG wurden mit der Fonds-Melde-Verordnung 2015 - FMV 2015,
BGBl. II Nr. 167/2015, geregelt (näher dazu Rz 457 ff).
Die veröffentlichten steuerlichen Daten werden sodann von den KESt-Abzugsverpflichteten dem KESt-Abzug zugrunde gelegt. Werden die Anteile auf ausländischen Depots verwahrt, kommt es zu keinem KESt-Abzug und der Anteilinhaber muss die veröffentlichten steuerlichen Daten im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung selbst berücksichtigen.
Jene Fonds, für die eine fristgerechte Jahresmeldung gemäß den Bestimmungen der FMV 2015 erfolgt oder eine Absichtserklärung gemäß
§ 5 Abs. 3 FMV 2015 abgegeben wurde, werden als "Meldefonds" bezeichnet. Alle sonstigen Fonds werden als "Nichtmeldefonds" bezeichnet (siehe Rz 163 ff). Während bei Meldefonds die Besteuerung auf Grundlage der tatsächlich gemeldeten Erträge erfolgt, wird bei einem Nichtmeldefonds eine pauschale Besteuerung zum Jahresultimo vorgenommen (
§ 186 Abs. 2 Z 3 InvFG 2011). Im Rahmen eines Selbstnachweises (dazu näher Rz 214 ff) kann bei Nichtmeldefonds die Besteuerung wiederum auf Grundlage der tatsächlichen Erträge erfolgen, wobei eine Anrechnung (oder gegebenenfalls Erstattung) der pauschal ermittelten KESt stattfindet. Wird die Zusammensetzung einer Ausschüttung nicht oder nicht rechtzeitig (siehe Rz 471 ff) gemeldet, ist bei Melde- und Nichtmeldefonds stets die gesamte Ausschüttung steuerpflichtig.
Diese Richtlinien stellen zunächst einen Überblick über die Einstufung der verschiedenen Fondskategorien dar und folgen mit der Beschreibung der steuerlichen Behandlung der einzelnen Anleger. Im Anschluss wird das Meldeschema der FMV 2015 behandelt sowie die wichtigsten Besteuerungsgrundlagen anhand des Berechnungsmoduls. Sonderfragen wie die Umqualifikation von Kapital- und Personengesellschaften in AIF bzw. Investmentfonds und die Behandlung von Investmentfonds im zwischenstaatlichen Steuerrecht sind abschließend in einem eigenen Abschnitt dargestellt.