vorheriges Dokument
nächstes Dokument

5.9.11 Familienheimfahrten

BMFBMF-010222/0111-IV/7/201718.12.2017

5.9.11.1 Voraussetzungen

Rz 354
Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt (siehe Stichwort "Doppelte Haushaltsführung", Rz 341). Für die Anerkennung von Familienheimfahrten ist nicht entscheidend, ob die Wohnmöglichkeit am Arbeitsort einen Wohnsitz iSd § 26 Abs. 1 BAO vermittelt; auch eine vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Schlafstelle oder ein angemietetes Hotelzimmer rechtfertigt steuerlich anzuerkennende Familienheimfahrten. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, so können Kosten für Familienheimfahrten vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend wird bei einem verheirateten (in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden) Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren, bei einem allein stehenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von sechs Monaten angesehen werden können. Es ist dabei auf die Verhältnisse des Einzelfalls und nicht schematisch auf einen bestimmten Zeitraum abzustellen (VwGH 31.3.1987, 86/14/0165; VwGH 22.4.1986, 84/14/0198).

Allein stehende Steuerpflichtige mit ständig wechselnden, weit entfernten (mindestens 80 km Entfernung und mehr als eine Stunde Fahrtzeit) auswärtigen Tätigkeiten (zB Saisonkräfte, auswärtiger Aufenthalt zu Schulungszwecken), die am Arbeitsort nur über eine Schlafstelle verfügen, können losgelöst von den sonstigen Kriterien für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung die Kosten für die monatlichen Heimfahrten an den ständigen Wohnsitz für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen steuerlich absetzen. Dabei ist es unbeachtlich, ob am ständigen Wohnsitz eine eigene Wohnung vorliegt oder nicht.

Bezüglich des Zusammentreffens von Familienheimfahrten und des Pendlerpauschales siehe Rz 259a und Rz 352.

Siehe auch Beispiele Rz 10354.

5.9.11.2 Zahl der Familienheimfahrten

Rz 355
Bei einem verheirateten (in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden) oder in Gemeinschaft mit einem minderjährigen Kind lebenden Dienstnehmer sind bei Geltendmachung der Kosten einer doppelten Haushaltsführung grundsätzlich die Kosten von wöchentlichen Familienheimfahrten zu berücksichtigen. Bei einem allein stehenden Steuerpflichtigen wird grundsätzlich das monatliche Aufsuchen des Heimatortes, als ausreichend anzusehen sein (VwGH 22.09.1987, 87/14/0066). Sind wöchentliche bzw. monatliche Familienheimfahrten mit Rücksicht auf die Entfernung (insbesondere ins Ausland) völlig unüblich, so ist nur eine geringere Anzahl von Familienheimfahrten steuerlich absetzbar (VwGH 11.01.1984, 81/13/0171).

5.9.11.3 Art der Aufwendungen

Rz 356
Als Fahrtkosten sind jene Aufwendungen abzusetzen, die durch das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel anfallen (Bahnkarte, KFZ-Kosten, Flugkosten). Der Arbeitnehmer ist nicht verhalten, das billigste Verkehrsmittel zu wählen. Erhält der Steuerpflichtige nicht steuerpflichtige Ersätze, sind diese von den Aufwendungen abzuziehen. Dies gilt auch für Förderungen des Arbeitsmarkservice gemäß § 34 AMSG und der Bundesrichtlinie "Beihilfen zur Förderung der regionalen Mobilität und Arbeitsaufnahme (REMO)", BGS/AMF/0722/9997/2015 (Entfernungsbeihilfe für Fahrtkosten).

Die Höhe der absetzbaren Kosten ist durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 begrenzt. Dabei ist diese jährliche Höchstgrenze gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 auf Monatsbeträge umzurechnen, wobei ein voller Monatsbetrag auch für angefangene Kalendermonate der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit zusteht. Die derart errechnete jährliche Höchstgrenze wird durch Urlaube oder Krankenstände nicht vermindert. Liegen höhere Aufwendungen vor, kürzen steuerfreie Beihilfen und Ersätze nicht die Höchstgrenze gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988, sondern den tatsächlichen Aufwand.

Beispiel 1:

Dauer der doppelten Haushaltsführung im Jahr 2011:8,5 Monate

Höchstgrenze der anzuerkennenden Aufwendungen für Familienheimfahrten: 9 x 306= 2.754 Euro

Variante a): Die monatlichen Aufwendungen für Familienheimfahrten betragen jeweils zwischen 350 und 400 Euro. Als Werbungskosten können nur 2.754 Euro anerkannt werden.

Variante b): Innerhalb der 8,5 Monate werden vier Familienheimfahrten zu jeweils 500 Euro geltend gemacht. Da die Höchstgrenze von 2.754 Euro nicht überschritten wird, stehen die Aufwendungen von 2.000 Euro in voller Höhe zu.

Steuerfreie Ersätze des Arbeitgebers für Tage der Familienheimfahrten (zB nicht steuerbare Ersätze für Familienheimfahrten gemäß § 26 Z 4 lit. a zweiter Satz EStG 1988) sind von den dem Steuerpflichtigen erwachsenden Aufwendungen für Familienheimfahrten abzuziehen. Zur Ermittlung der Höhe der anzuerkennenden Familienheimfahrten im Fall einer Durchzahlerregelung siehe Rz 734. Erst danach ist in einem zweiten Schritt auf den gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 limitierten Betrag zu kürzen.

Beispiel 2:

Aufwendungen für Familienheimfahrten für das Jahr 2011

Euro 6.000

Steuerfreie oder nicht steuerbare Kostenersätze des AG für 2011

Euro 1.000

Differenz

Euro 5.000

Werbungskosten für Familienheimfahrten 2011

Euro 3.672

Werbungskosten stehen in Höhe des höchsten Pendlerpauschales (3.672 Euro für 2011) zu, und nicht in Höhe von 2.672 Euro (3.672 Euro abzüglich 1.000 Euro).

Für Zeiträume, in denen ein Steuerpflichtiger steuerfreie Einkünfte bezieht (zB Arbeitslosengeld gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988, sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht abzugsfähig (vgl. § 20 Abs. 2 EStG 1988).

Siehe auch Beispiel Rz 10356.

Stichworte