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15.4 Finanzielle Verbindung

BMFBMF-010216/0009-VI/6/201313.3.2013

15.4.1 Kapitalbeteiligung und Stimmrechtsmehrheit

Rz 1033
Nach § 9 Abs. 4 KStG 1988 ist materielle Voraussetzung für die Bildung einer Unternehmensgruppe die finanzielle Verbindung durch eine Beteiligung von mehr als 50% am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und an den Stimmrechten der einzubeziehenden Körperschaft. Diese Voraussetzung bezieht sich auf alle Körperschaften in der Unternehmensgruppe. Durch die kapitalmäßige Beschränkung auf das gesellschaftsrechtliche Nennkapital kann Surrogatkapital (Partizipations- und Substanzgenussrechtskapital) ebenso wenig die finanzielle Verbindung vermitteln wie Wandel-, Gewinnschuldverschreibungen, eine Darlehensgewährung (auch bei Annahme von verdecktem Grund- oder Stammkapital) oder der Fruchtgenuss an Anteilen. Ein kapitalmäßiger Anteilsbesitz erfordert das wirtschaftliche Eigentum (§ 24 BAO) am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital. Die finanzielle Verbindung kann auch über eine entsprechende Treuhandschaft hergestellt werden, sofern die Treuhandschaft gegenüber der Abgabenbehörde offen gelegt wurde. Umgekehrt vermitteln als verdeckte Treuhänder fungierende Körperschaften nicht die Voraussetzungen für eine finanzielle Verbindung.

Rz 1034
Die Stimmrechtsmehrheit ist quantitativ zu verstehen und bedeutet mehr als 50% der Stimmrechte. Besondere Mehrheitserfordernisse für Beschlussfassungen und Stimmrechtsbindungen (durch Syndikatsverträge) sind unbeachtlich. Stimmrechtslose Vorzugsaktien (§ 12a AktG) sind bei aufrechter Stimmrechtsbeschränkung bei Ermittlung der notwendigen Stimmenzahl nicht einzubeziehen. Eigene Anteile und solche, die treuhändisch gehalten werden, verschaffen kein Stimmrecht (§ 65 Abs. 5 AktG, § 39 GmbHG) und sind bei Ermittlung der Stimmrechtsmehrheit nicht zu berücksichtigen. Auch das Stimmrechtsverbot eines abhängigen Unternehmens im herrschenden Unternehmen ist bei der Beurteilung des maßgebenden Stimmrechtsausmaßes zu beachten. Ebenso sind Stimmrechtsbeschränkungen wie Höchststimmrechte und Abstufungen nach § 12 Abs. 2 AktG, Kopfstimmrechte oder das diesem entsprechende in der Rechtsgrundlage verankerte Einstimmigkeitsprinzip zu berücksichtigen.

Beispiel:

An der Zielgesellschaft sind die Gesellschaft A mit 51%, die Gesellschaft B mit 25% und die Gesellschaft C mit 24% am Nennkapital beteiligt. Die Satzung legt aber fest, dass pro Gesellschafter maximal 25% Stimmrechte zum Tragen kommen. Es liegt somit keine Stimmrechtsmehrheit von A vor.

Weichen die Mehrheitsbeteiligungen am Nennkapital und an den Stimmrechten der Höhe nach voneinander ab, ist auf die Beteiligung am Nennkapital abzustellen (ist insbesondere bei der Firmenwertabschreibung und bei ausländischen Gruppenmitgliedern von Bedeutung).

15.4.2 Disposition über Gruppenbildung

Rz 1035
Hinsichtlich der Gruppenbildung besteht dem Grunde nach volle Autonomie der betroffenen Körperschaften. Bei Vorliegen einer finanziellen Verbindung von mehr als 50% am Nennkapital und an den Stimmrechten bleibt es den verbundenen Körperschaften überlassen, ob und inwieweit sie sich zu einer Unternehmensgruppe vereinigen.

Beispiel:

Die Kapitalgesellschaften 1 bis 4 sind vertikal jeweils zu 100% miteinander verbunden. Es ist von der Kapitalgesellschaft 1 aus gesehen eine Gruppenbildung

a) aller 4 Gesellschaften,

b) von 1 bis 3 oder

c) von 1 und 2 möglich.

Im Falle c) kann die Kapitalgesellschaft 3 mit ihrer Tochtergesellschaft 4 eine zweite Gruppe bilden. Verzichtet die Kapitalgesellschaft 1 auf die Gruppenbildung, kann die Kapitalgesellschaft 2 eine Gruppe a) 2 bis 4 oder b) 2 und 3 bilden. Verzichtet die Kapitalgesellschaft 2 auf eine Gruppenbildung, kann die Kapitalgesellschaft 3 mit ihrer Tochtergesellschaft 4 eine Gruppe bilden.

Eine Gruppenbildung der Gesellschaft 1 mit 3 oder mit 4 ist nicht möglich, es sei denn, dass die dazwischen liegende(n) Gesellschaft(en) in die Gruppe einbezogen wird (werden).

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