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Progressionsvorbehalt bei deutschen Sozialversicherungspensionen

BMFBMF-010221/0132-IV/4/201228.2.20122012

EAS 3268

Bezieht ein in Österreich ansässiger Pensionist auf Grund seiner ehemaligen Tätigkeit für ein deutsches Unternehmen Renten aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung, sind diese Renten gemäß Artikel 18 Abs. 2 iVm Artikel 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland in Österreich unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung freizustellen.

Die für Belange des Progressionsvorbehaltes anzusetzenden ausländischen Einkünfte sind stets nach österreichischem Recht zu ermitteln. Der Umstand, dass die Renten in Deutschland nur mit einem Ertragsanteil von 50% versteuert werden, kann daher nicht dazu führen, dass auch auf österreichischer Seite nur 50% der deutschen Renteneinkünfte in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen sind.

Es ist allerdings einzuräumen, dass sich dadurch eine gewisse Verwerfung in der Rentenbesteuerung zwischen Österreich und Deutschland ergibt, wenn die Hälftefreistellung der Pension in Deutschland als pauschale Berücksichtigung der steuerlich nicht abzugsfähigen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung gewertet wird, während nach österreichischem Recht die Sozialversicherungsbeiträge steuerlich abzugsfähig gewesen wären und folglich die Vollbesteuerung der Sozialversicherungspension systemkonform rechtfertigt.

Mit Problemen dieser Art hatte sich bereits EAS 3075 zu befassen. Auch in diesem Fall ging es um steuerliche Mehrbelastungen, deren Ursache auf die Unterschiedlichkeit des deutschen und österreichischen Rechtssystems zurückzuführen war (Pensionskassenbeiträge des deutschen Arbeitgebers unterlagen - zum Unterschied von der Rechtslage in Österreich - in Deutschland dem Lohnsteuerabzug). Im Fall der EAS 3075 wurden sonach Lohnbezugsteile, die in die schließliche Pension unter Steuerabzug eingeflossen sind, bei der Auszahlung an den Pensionisten neuerlich besteuert, wodurch sich der Effekt einer zeitverschobenen wirtschaftlichen Doppelbesteuerung ergab. Im vorliegenden Fall tritt wohl auch eine steuerliche Mehrbelastung ein, die aber nicht den Grad einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung erreicht, da mit dem Progressionsvorbehalt nicht die deutschen Sozialversicherungspensionen ein zweites Mal besteuert werden, sondern lediglich die Steuerleistung von den übrigen Einkünften dem österreichischen Besteuerungsniveau angepasst wird.

Aus den in EAS 3075 genannten Gründen kann jedenfalls auch im vorliegenden Fall weder eine EU-Widrigkeit erblickt werden, noch kann ein Erfordernis für Maßnahmen nach § 48 BAO oder § 236 BAO festgestellt werden. Dem unter Berufung auf VwGH 28.02.2011, 2007/17/0039, vorgebrachten Argument, es könne dem österreichischen Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass er im Verhältnis zu Deutschland eine "Doppelbesteuerung" in der aufgezeigten Richtung hätte herbeiführen wollen, ist zu entgegnen, dass § 48 BAO oder § 236 BAO nicht dazu dienen können, steuerliche Vorteile eines ausländischen Steuersystems gleichsam automatisch nur deshalb bei der österreichische Besteuerung wirksam werden zu lassen, weil sie aus der Sicht des ausländischen Steuerrechts systemisch gerechtfertigt sind.

Bundesministerium für Finanzen, 28. Februar 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

deutsche Sozialversicherungspensionen, Progressionsvorbehalt, Hälftefreistellung, Nachsicht, wirtschaftliche Doppelbesteuerung, EU-Vereinbarkeit

Verweise:

VwGH 28.02.2011, 2007/17/0039
EAS 3075

Stichworte