2.1. System und Anwendungsbereich (§ 7 UmgrStG)
2.1.1. Allgemeines zum Umwandlungsbegriff
Als Umwandlung wird im Allgemeinen ein Vorgang bezeichnet, bei dem ein Unternehmen seine Rechtsform ändert. Dabei unterscheidet man zwischen formwechselnden und übertragenden Umwandlungen.2.1.1.1. Formwechselnde Umwandlungen
Bei formwechselnden Umwandlungen bleibt die Identität des Unternehmens bestehen, das lediglich seine Rechtsform ändert. Rechtsformändernde Umwandlungen finden sich bspw. in § 239 AktG (AG auf GmbH), § 245 AktG (GmbH auf AG), § 139 UGB (OG auf KG). Da bei diesem Umgründungstyp die juristische Person bzw. die Personengesellschaft bestehen bleibt und auch keine Übertragung des Unternehmens auf einen anderen Rechtsträger erfolgt, ergeben sich bereits nach allgemeinem Steuerrecht keine ertrag- oder verkehrsteuerrechtlichen Konsequenzen. Rein rechtsformwechselnde Umwandlungen werden daher vom UmgrStG nicht erfasst.2.1.1.2. Übertragende Umwandlungen
Bei übertragenden Umwandlungen wird die Identität des umzuwandelnden Rechtsträgers aufgegeben. Dieser Umwandlungstyp ist dadurch gekennzeichnet, dass der übertragende Rechtsträger im Zuge des Umwandlungsaktes untergeht und gleichzeitig dessen Vermögen im Wege der Gesamtrechtnachfolge auf einen anderen (übernehmenden) Rechtsträger übergeht. Es kommt nicht nur zur Änderung der Rechtsform sondern auch zur Änderung der Rechtsperson, die das Unternehmen führt.Unternehmensrechtliche Rechtsgrundlage für übertragende Umwandlungen ist das Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften (UmwG), BGBl. Nr. 304/1996. Das UmwG kennt zwei Formen der übertragenden Umwandlung. Nach § 1 UmwG können Kapitalgesellschaften unter Ausschluss der Abwicklung durch Übertragung des Unternehmens im Weg der Gesamtrechtsnachfolge- entweder errichtend in eine Personengesellschaft (Rz 417 ff)
- oder verschmelzend auf den Hauptgesellschafter (Rz 425 ff)
umgewandelt werden.
Bei Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des Art. II UmgrStG (siehe Rz 443 ff) unterbleibt idR eine Ertragsbesteuerung. Bei Nichtvorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des Art. II UmgrStG unterliegt dieser Vorgang nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen der Besteuerung nach Liquidations-, Veräußerungs- bzw. Tauschgrundsätzen (siehe Rz 632 und Rz 636 ff) und führt ggf. auch zu verkehrsteuerrechtlichen Konsequenzen (siehe Rz 634 f).2.1.1.3. Umwandlungen im UmgrStG
Unter Art. II UmgrStG fallen folgende Umwandlungen:- Inlandsumwandlungen (§ 7 Abs. 1 Z 1 und 2 UmgrStG), dh. errichtende und verschmelzende Umwandlungen inländischer Kapitalgesellschaften nach dem Umwandlungsgesetz (vgl. Rz 412 ff), oder
- grenzüberschreitende Umwandlungen (§ 7 Abs. 1 Z 1 und 2 UmgrStG), dh. Umwandlung inländischer Kapitalgesellschaften auf ausländische (Export-Umwandlungen, siehe Rz 440) oder ausländischer Kapitalgesellschaften auf inländische (Import-Umwandlungen, siehe Rz 442) oder
- Auslandsumwandlungen (§ 7 Abs. 1 Z 3 UmgrStG), dh. Umwandlungen ausländischer Kapitalgesellschaften im Ausland auf Grund vergleichbarer ausländischer Umwandlungsvorschriften (vgl. Rz 433 ff).
2.1.2. Inländische Umwandlungen
2.1.2.1. Allgemeines
Inländische Umwandlungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 UmgrStG sind- 1. errichtende Umwandlungen nach dem UmwG, wenn am Umwandlungsstichtag und am Tag des Umwandlungsbeschlusses ein Betrieb vorhanden ist,
- 2. verschmelzende Umwandlungen nach dem UmwG, wenn
- am Umwandlungsstichtag und am Tag des Umwandlungsbeschlusses ein Betrieb vorhanden ist oder
- § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Körperschaft (Rz 450) bzw. eine EU-Gesellschaft im Sinne des Artikel 3 der Fusionsrichtlinie (Richtlinie vom 23. Juli 1990, ABl. Nr. L 225 vom 20.08.1990 S. 1) ist. Die verschmelzende Umwandlung auf EU-Kapitalgesellschaften (diese beinhalten auch die österreichische AG und GmbH) ist seit dem EU-Verschmelzungsgesetz zivilrechtlich nicht mehr zulässig. Die im UmgrStG noch vorgesehene Ausnahme vom Betriebserfordernis ist nur mehr eingeschränkt anwendbar (Rz 425 und Rz 440).
Wird dagegen durch die Umwandlung das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Anteile an der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft eingeschränkt, bleibt Art. II UmgrStG grundsätzlich voll anwendbar, besteuert werden nur die in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven (Rz 495).
Sind die vorstehend angeführten Voraussetzungen erfüllt, liegt eine Umwandlung im Sinne des § 7 Abs. 1 UmgrStG vor, auf die Art. II UmgrStG insgesamt zur Anwendung kommt. Infolge des Rechtsfolgenverweises des § 7 Abs. 3 UmgrStG regeln die dort genannten Bestimmungen die Steuerrechtsfolgen der Umwandlung für- die übertragende Körperschaft (§ 8 UmgrStG, siehe Rz 465 ff)
- die Rechtsnachfolger (§ 9 UmgrStG, siehe Rz 485 ff)
- den Verlustabzug (§ 10 UmgrStG, siehe Rz 566 ff)
- sonstige Rechtsfolgen (§ 11 UmgrStG, betreffend Eintritt in Lohnverhältnisse, Umsatzsteuer, Kapitalverkehrsteuern, Grunderwerbssteuer, siehe Rz 594 ff).
2.1.2.2. Errichtende Umwandlungen nach dem UmwG
2.1.2.2.1. Umwandlungsrecht
Nach § 5 Abs. 1 UmwG kann die Hauptversammlung einer AG bzw. die Generalversammlung einer GmbH die Errichtung einer Personengesellschaft in der Rechtsform einer OG oder KG Als übertragender Rechtsträger einer errichtenden Umwandlung kommen nur inländische Kapitalgesellschaften in Betracht, somit nach dem AktG errichtete AG und nach dem GmbHG errichtete GmbH.Übernehmende Rechtsträger einer errichtenden Umwandlung können sein- offene Gesellschaften im Sinne des § 105 UGB
- Kommanditgesellschaften im Sinne des § 161 Abs. 1 UGB
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 1175 ABGB) kann nicht übernehmender Rechtsträger sein.
An der Personengesellschaft müssen nach § 5 Abs. 1 UmwG Personen, deren Anteilsrechte zumindest neun Zehntel des Grundkapitals (Stammkapitals) der übertragenden Kapitalgesellschaft umfassen, beteiligt sein; die übrigen Gesellschafter haben einen Anspruch auf Abfindung. Neue Gesellschafter dürfen höchstens im Umfang von einem Zehntel der Anteilsrechte am Grundkapital (Stammkapital) hinzutreten.Eine Veränderung des Beteiligungsausmaßes in der zu errichtenden Personengesellschaft gegenüber jenem an der übertragenden Kapitalgesellschaft ist in folgender Weise möglich:
- Eine Kapitalgesellschaft tritt im Rahmen der Umwandlung als reiner Arbeitsgesellschafter bei (kein Anwendungsfall des Art. IV UmgrStG, siehe Rz 1301).
- Die Anteile abzufindender Minderheitsgesellschafter werden von den verbleibenden Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Beteiligungen übernommen.
- Die Anteile abzufindender Minderheitsgesellschafter werden von einem verbleibenden Gesellschafter oder nur einzelnen verbleibenden Gesellschaftern übernommen.
- Die Anteile abzufindender Minderheitsgesellschafter werden von neuen Gesellschaftern übernommen.
- Die Anteile abzufindender Minderheitsgesellschafter werden zum Teil von einem oder mehreren neuen und zum Teil von den bestehenden Gesellschaftern übernommen.
- Es kommt zu keiner Abfindung von Minderheitsgesellschaftern aber zu einer Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse innerhalb der Gesellschafter bis zu 10% des Nennkapitals.
In allen Fällen des Ausscheidens haben die Minderheitsgesellschafter einen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Barabfindung (zur steuerlichen Behandlung siehe Rz 599 ff).
Der Umwandlungsbeschluss bedarf nach § 5 Abs. 2 UmwG- der Zustimmung von neun Zehnteln des gesamten Grundkapitals (Stammkapitals), wenn
- ein Gesellschafter diese Anteile hält oder
- die Einheit im Sinne des § 1 Abs. 3 GesAusG dadurch als gegeben gilt, dass im letzten Jahr vor dem Umwandlungsbeschluss neben dem Hauptgesellschafter Anteile anderer mit dem Hauptgesellschafter verbundener Unternehmen (§ 228 Abs. 3 UGB) durchgehend bestehen,
- ansonsten der Zustimmung aller Gesellschafter.
Minderheitsgesellschafter, welche der Umwandlung zwar zustimmen, jedoch nicht in die Personengesellschaft wechseln wollen, haben ein Austrittsrecht gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung. Zu den steuerlichen Folgen siehe die Rz 599 f (zur Abfindung), Rz 562 f (zur Mindestkörperschaftsteuer) und Rz 574 f (zu den vortragsfähigen Verlusten).
2.1.2.2.2. Abgabenrecht
Für ertragsteuerliche Zwecke ist zu berücksichtigen, dass nicht die Personengesellschaft (zivilrechtlicher Nachfolgerechtsträger) sondern die Gesellschafter der Personengesellschaft Rechtsnachfolger der übertragenden Kapitalgesellschaft sind (§ 7 Abs. 3 UmgrStG). Rechtsnachfolger im Ertragsteuerrecht kann daher jede in- oder ausländische rechtsfähige Person sein, somit- natürliche Personen
- Körperschaften
- eigentümerlose Rechtsträger.
2.1.2.3. Verschmelzende Umwandlungen nach dem UmwG
2.1.2.3.1. Umwandlungsrecht
Nach § 2 Abs. 1 UmwG kann die Hauptversammlung einer AG bzw. die Generalversammlung einer GmbH eine Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter beschließen, wenn diesem Anteilsrechte an mindestens neun Zehnteln des Nennkapitals gehören und er für die Umwandlung stimmt, es sei denn, der Hauptgesellschafter ist eine AG, eine GmbH oder eine EU-Kapitalgesellschaft (Kapitalgesellschaften iSd § 1 Abs. 2 EU-Verschmelzungsgesetz mit Sitz in einem Mitgliedstaat iSd § 1 Abs. 3 EU-Verschmelzungsgesetz). Damit kommt eine verschmelzende Umwandlung auf EU-Kapitalgesellschaften (diese beinhalten auch die österreichische AG und GmbH) nicht in Betracht. Minderheitsgesellschafter, die Anteile bis zu einem Ausmaß von zehn Prozent halten, werden nicht Mitglieder des übernehmenden Rechtsträgers (Hauptgesellschafter), sondern verlieren im Zuge der Umwandlung ihre Beteiligung am Unternehmen, sie scheiden zwangsweise aus der Kapitalgesellschaft aus. Der Hauptgesellschafter hat den anderen Gesellschaftern eine angemessene Barabfindung zu gewähren.Als übertragender Rechtsträger einer verschmelzenden Umwandlung kommen nur inländische Kapitalgesellschaften in Betracht, somit nach dem AktG errichtete AG und nach dem GmbHG errichtete GmbH.Übernehmender Rechtsträger einer verschmelzenden Umwandlung ist der Hauptgesellschafter (zivilrechtlicher Nachfolgerechtsträger). Nachfolgerechtsträger kann jede rechtsfähige in- oder ausländische Person sein, die zu mindestens 90% am Nennkapital beteiligt ist. Nachfolgerechtsträger kann sein- eine natürliche Person
- eine Personengesellschaft
- eine Körperschaft, ausgenommen österreichische Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) und EU-Kapitalgesellschaften (Rz 425)
- ein eigentümerloser Rechtsträger.
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 1175 ABGB) kann nicht Nachfolgerechtsträger sein.
2.1.2.3.2. Abgabenrecht
Ertragsteuerrechtliche Rechtsnachfolger einer verschmelzend umgewandelten Kapitalgesellschaft können mit Ausnahme von Personengesellschaften alle in- oder ausländischen rechtsfähigen Personen sein, somit- natürliche Personen
- Körperschaften
- eigentümerlose Rechtsträger.