Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Strafen, Wettbewerbsrecht, Betriebsausgabe, Kartellgericht, EU-Geldbußen, Wettbewerbsverstöße, Abschöpfungsanteil, Aufteilungsverbot, Übergang auf die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988, Grund und Boden, Teilwert, Feststellungsbescheid, Gaststättengewerbe, Gaststättenpauschalierungsverordnung, Beherbergungsgewerbe, Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler, Lebensmittel, gastronomische Betriebe, Gemischtwarenhändler, Mischbetriebe, Verlustabzug, fiktive Verrechnung, Bindungswirkung, vorübergehender Wegzug, Wiener Verfahren, Zuzug, rückwirkendes Ereignis, Einkünfte aus einer Patentverwertung, Feststellung von Einkünften, Vermietung und Verpachtung, halber Durchschnittssteuersatz |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 1523a |
Abzugsfähigkeit von Strafen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht
Bezughabende Norm
§ 4 Abs. 4 EStG 1988; EStR 2000 Rz 1523a
Sachverhalt
Mit Wirkung vom 04.05.2004 hat die A-AG durch eine Tochtergesellschaft die B-Gruppe übernommen, wobei das Unternehmen von keiner Verpflichtung zur kartellrechtlichen Genehmigung ausgegangen ist. Trotzdem wurde dieser Zusammenschluss am 21.05.2004 beim Kartellgericht "vorsorglich" angemeldet.
Der A-AG wurde diese Übernahme des B-Konzerns durch die Kartellbehörde am 28.10.2004 und nach Bestätigung des Rekursgerichtes vom 14.02.2005 rechtskräftig untersagt. Erst nach erheblichen Modifikationen wurde schließlich am 05.04.2005 der Zusammenschluss doch noch genehmigt.
Dieser Zusammenschluss zwischen A-AG und B-Konzern wurde jedoch seitens der A-AG weiterbetrieben und bereits vor dieser Genehmigung durch Maßnahmen der A-AG wie ein rechtskräftiger Eigentümer vollzogen. So wurden unter anderem insgesamt 50 Mitarbeiter der B-Gruppe bis Ende 2004 abgebaut, Verkaufsbüros der B-Gruppe geschlossen und die Marke des preiswerteren Produktes der B-Gruppe zugunsten des teureren der A-AG aufgelassen.
Nach dem österreichischen Kartellgesetz ist das Durchführen anmeldungsbedürftiger Zusammenschlüsse vor der Herausgabe der Freigabebestätigung oder des rechtskräftigen Ausspruchs des Kartellgerichts, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird, verboten. Wegen Verstoßes gegen das zusammenschlussrechtliche Durchführungsverbot wurde daher vom Kartellgericht auf Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde am 07.06.2005 eine Geldbuße in Höhe von 1,5 Mio. Euro verhängt, wobei das Weiterbetreiben des Zusammenschlusses ungeachtet des anhängigen Prüfungsverfahrens und eines Untersagungsbeschlusses ausschlaggebend war. Maßgeblich für die Höhe der Strafe war zudem das festgestellte erhebliche Verschulden der A-AG und die grundsätzliche Bejahung der Bereicherung. Vom Gericht wurde jedoch keine Differenzierung des Strafbetrages in einen Abschöpfungsbetrag für den wirtschaftlichen Vorteil und der eigentlichen Strafe vorgenommen.
Die A-AG hat dieses auferlegte Bußgeld als Betriebsausgabe abgesetzt.
Fragestellung
In welchem Umfang ist die Geldbuße als Betriebsausgabe abzugsfähig?
Lösung
Gemäß § 29 Z 1 KartG 2005 hat das Kartellgericht Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 Prozent des im vorausgegangenen Geschäftsjahres erzielten Umsatzes gegen einen Unternehmer oder eine Unternehmensvereinigung zu verhängen, der (die) vorsätzlich oder fahrlässig dem Kartellverbot zuwiderhandelt. Bei der Bemessung der Geldbuße ist gemäß § 30 KartG 2005 auf die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, auf die dadurch erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen.
EStR 2000 Rz 1523a sieht vor, dass EU-Geldbußen, die wegen Wettbewerbsverstößen (von der europäischen Kommission) verhängt werden, insoweit als Betriebsausgabe anzuerkennen sind, als sie einen Abschöpfungsanteil enthalten.
EStR 2000 Rz 1523a ist auf Geldbußen nach dem Kartellgesetz entsprechend anzuwenden. Dementsprechend sind EU-Geldbußen und Geldbußen, die vom österreichischen Kartellgericht wegen Wettbewerbsverstößen verhängt werden, insoweit abzugsfähig, als sie einen Abschöpfungsanteil enthalten.
Die Abzugsfähigkeit in Bezug auf den Abschöpfungsanteil setzt allerdings voraus, dass aus der entsprechenden Geldbußen-Entscheidung klar hervorgeht, welcher Umfang der verhängten Geldbuße auf die Abschöpfung der Bereicherung entfällt. Fehlt es an einer entsprechenden Darlegung und kann der Steuerpflichtige auch nicht auf andere Weise den klaren Nachweis für die Höhe des Abschöpfungsanteils erbringen, lässt sich objektiv nicht erkennen, in welchem Umfang die Geldbuße die "Bereicherung" abschöpfen soll. Eine schätzungsweise Ermittlung des Abschöpfungsanteils kommt nicht in Betracht. Da wegen Wettbewerbsverstößen verhängte Geldstrafen oder Geldbußen infolge ihres Pönalcharakters grundsätzlich nicht abzugsfähig sind, ist bei Fehlen eines eindeutigen Nachweises des Abschöpfungsanteils durch den Steuerpflichtigen die gesamte Geldbuße nicht abzugsfähig ("Aufteilungsverbot" wegen Fehlens eines klaren Aufteilungsmaßstabes).
Die EStR 2000 Rz 1523a wird entsprechend präzisiert werden.
Bewertung von Grundstücken bei Übergang auf § 5 EStG 1988
Bezughabende Norm
§ 4 Abs. 10 Z 3 lit. a EStG 1988; EStR 2000 Rz 704
Sachverhalt
Durch das neue Unternehmensgesetzbuch sind viele Steuerpflichtige gezwungen, auf die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 überzugehen. § 4 Abs. 10 Z 3 lit. a EStG 1988 regelt, dass beim Übergang auf die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 der Grund und Boden steuerneutral auf den Teilwert im Zeitpunkt des Wechsels auf- oder abzuwerten ist. Es wurde festgestellt, dass ein Abgabepflichtiger einen überhöhten Teilwert ansetzt.
Fragestellung
Wie ist mit diesem überhöhten Teilwert in der Bilanz umzugehen? Der Spruch im Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbescheid nimmt auf diese überhöhten Werte keinen Bezug. Eine steuerliche Auswirkung ergibt sich erst, wenn der überhöht bewertete Grund und Boden veräußert oder eine Teilwertabschreibung durchgeführt wird. Bis es zu einer steuerlichen Auswirkung kommt, können viele Jahre vergehen. Ist es rechtlich möglich und zielführend für die richtige Wertermittlung einen eigenen Feststellungsbescheid (§ 92 Abs. 1 lit. b BAO) zu erlassen?
Lösung
Gemäß § 4 Abs. 10 Z 3 lit. a EStG 1988 ist beim Übergang auf die Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG 1988 der Grund und Boden steuerneutral auf den Teilwert im Zeitpunkt des Wechsels auf- oder abzuwerten. Da die steuerneutrale Aufwertung (erst) in jenem Veranlagungsjahr steuerlich wirksam wird, in dem die stille Reserve aus dem Grund und Boden realisiert wird, macht der überhöhte Teilwertansatz den Bescheid des Jahres des Überganges nicht rechtswidrig, da der Teilwertansatz auf den Spruch des Bescheides keine Auswirkung hat.
§ 92 Abs. 1 lit. b BAO sieht für die Feststellung abgabenrechtlich bedeutsamer Tatsachen die Möglichkeit der Erlassung eines (eigenen) Feststellungsbescheides vor. Feststellungsbescheide können über Antrag erlassen werden, wenn die Partei ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt; sie können aber auch von Amts wegen ergehen, wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt; dies jeweils unter der weiteren Voraussetzung, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschließen (vgl. zB VwGH 14.08.1991, 89/17/0174 ; VwGH 22.11.1996, 92/17/0207 ; VwGH 25.03.1998, 98/12/0007 ). In einem derartigen Feststellungsbescheid getroffene Feststellungen entfalten gemäß § 192 BAO Bindungswirkung für davon abgeleitete Abgabenbescheide.
Kommen im Abgabenverfahren des Jahres des Überganges auf die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 Zweifel an der Richtigkeit des vom Steuerpflichtigen angesetzten Teilwertes hervor, kann über die Höhe des Teilwertes von Amts wegen ein rechtsmittelfähiger gesonderter Feststellungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO erlassen werden. An einer zeitnahen bindenden Feststellung des Teilwertes besteht ein öffentliches Interesse, da die Wertfeststellung in einem späteren Abgabenverfahren durch den Zeitablauf jedenfalls schwieriger ist.
Gegenseitiger Ausschluss der Gaststätten- und der Lebensmitteleinzelhandels-/Gemischtwarenhandels-Pauschalierungs-VO?
Bezughabende Norm
§ 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988, VO BGBl. II Nr. 228/1999 (PauschalierungsVO Lebensmitteleinzelhandel-/Gemischtwarenhandel) und VO BGBl. II Nr. 227/1999 (PauschalierungsVO Gaststättengewerbe); EStR 2000 Rz 4253, Rz 4298, Rz 4319
Sachverhalt
Ein Einzelunternehmer führt ein Cafe als einheitlichen Betrieb in einem einzigen Geschäftslokal, dessen Umsatz zu 50 Prozent aus der Verabreichung von Speisen und Getränken und zu 50 Prozent aus dem Verkauf von abgepacktem Kaffee und Tee erwirtschaftet wird. Der gesamte Jahresumsatz liegt unter 255.000 Euro.
Fragestellung
Ist es sachgerecht, diesen Betrieb von beiden Pauschalierungen auszuschließen, zumal nach der Verkehrsauffassung kein Überwiegen der Warenabgabe bzw. der gastronomischen Leistung festgestellt werden kann?
Lösung
Nach § 2 Abs. 2 der Gaststättenpauschalierungsverordnung (BGBl. II Nr. 227/1999 idF BGBl. II Nr. 149/2007) liegen Betriebe des Gaststättengewerbes nur vor, wenn in geschlossenen Räumlichkeiten Speisen und Getränke zur dortigen Konsumation angeboten werden.
Für die Beurteilung, ob Betriebe des Gaststätten- und/oder Beherbergungsgewerbes im Sinne der Verordnung vorliegen, ist es nicht schädlich, wenn in untergeordnetem Ausmaß auch Leistungen erbracht werden, die nicht zum typischen Leistungsangebot von Betrieben des Gaststätten- und/oder Beherbergungsgewerbes gehören, sofern das branchentypische Leistungsangebot derart überwiegt, dass im Gesamtbild der Charakter eines Betriebes des Gaststätten- und/oder Beherbergungsgewerbes nicht verloren geht. Die Relation von Umsätzen aus branchentypischen Leistungen und nicht branchentypischen Leistungen kann dafür einen Anhaltspunkt darstellen. Bei einer Relation von mehr als 25 Prozent nicht branchentypischer Leistungen wird nicht mehr vom Vorliegen eines Betriebes des Gaststätten- und/oder Beherbergungsgewerbes im Sinne der Verordnung gesprochen werden können ( EStR 2000 Rz 4292 ). Da die Umsätze aus dem Verkauf von abgepacktem Kaffee und Tee (also nicht zur Konsumation im Cafe angebotenem Kaffee und Tee) 25 Prozent der Gesamtumsätze überschreiten, ist die Gaststättenpauschalierungsverordnung nicht anwendbar.
Nach § 2 der Pauschalierungsverordnung für Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler (BGBl. II Nr. 229/1999) sind Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler Gewerbetreibende, die einen Handel mit Waren des täglichen Bedarfs weitaus überwiegend in Form eines Kleinhandels unter folgenden Voraussetzungen ausüben:
- Andere Waren als Lebensmittel dürfen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre in einem Ausmaß von höchstens 50 Prozent der gesamten Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) veräußert worden sein.
- Be- und/oder verarbeitete Lebensmittel dürfen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre in einem Ausmaß von höchstens 25 Prozent der Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) aus Lebensmitteln veräußert worden sein.
Zu den Betrieben des Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhandels gehören keinesfalls gastronomische Betriebe.
Die Qualifikation als Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler hat auf der Grundlage der Definition des § 2 der Lebensmittel- und Gemischwarenhändlerverordnung nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu erfolgen.
Als Lebensmittel gelten Stoffe, die dazu bestimmt sind, zum Zwecke der Ernährung oder Ernährungsergänzung in rohem, zubereitetem, be- oder verarbeiteten Zustand von Menschen aufgenommen zu werden. Lebensmittel sind insbesondere Speisen und Getränke einschließlich Spirituosen. Keine Lebensmittel sind insbesondere Rauchwaren ( EStR 2000 Rz 4315 ). Be- und Verarbeitung iSd der Verordnung liegt vor, wenn aus typischen Erzeugungsprodukten (bei einem Fleischhauer zB Fleisch, Wurst- und Selchwaren) Produkte anderer Marktgängigkeit hergestellt werden (bei einem Fleischhauer zB Wurstsemmeln und panierte Schnitzel).
Ein Gemischtwarenhändler ist ein Händler, der sowohl mit Lebensmitteln als auch mit anderen Waren des täglichen Bedarfs handelt ( EStR 2000 Rz 4316 ).
Bei Mischbetrieben, deren Angebot gleichzeitig in der Abgabe von Waren und gastronomischen Leistungen besteht, ist auf Grundlage der Verkehrsauffassung entscheidend, ob die Abgabe von Waren oder die gastronomischen Leistungen im Vordergrund stehen (siehe EStR 2000 Rz 4319 ).
Da mehr als 25Prozent der Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer) aus Lebensmitteln aus Umsätzen aus be- und/oder verarbeiteten Lebensmitteln erzielt worden sind, kommt auch die Inanspruchnahme der Pauschalierungsverordnung für Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler (BGBl. II Nr. 229/1999) nicht in Betracht.
Abhängigkeit des Verlustabzuges von der bescheidmäßigen Festsetzung der steuerlichen Ergebnisse in einzelnen Jahren
Bezughabende Norm
§ 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988; EStR 2000 Rz 4502 ff, insbesondere EStR 2000 Rz 4505 und EStR 2000 Rz 4533
Sachverhalt
Bei einem Abgabepflichtigen bestehen aus der Zeit von 1991 bis 1997 sehr hohe Verlustvorträge, die als Sonderausgabe in Betracht kommen.
Im Zusammenhang mit einer die Jahre 1999 bis 2001 betreffenden Betriebsprüfung werden nun materielle Unrichtigkeiten festgestellt, die auch auf den - vom Prüfungsauftrag nicht umfassten - Zeitraum 1998 zurückwirken. Nach Abschluss der Prüfung wird daher das Einkommensteuerverfahren 1998 wiederaufgenommen; es ergeht am 12.12.2005 ein neuer Sachbescheid 1998 mit einer derart hohen Bemessungsgrundlage, dass die 1991 bis 1997 entstandenen vortragsfähigen Verluste in diesem Jahr nahezu aufgebraucht werden.
Im Rechtsmittelverfahren wird der Abgabenbescheid wegen Verjährung aufgehoben, weil 2004 keine unterbrechende bzw. fristverlängernde Amtshandlung stattgefunden hat.
Fragestellung
1. Sind nach Aufhebung des im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheides 1998 vom 12.12.2005 die ab 1999 abzugsfähigen Verluste nach dem wieder im Rechtsbestand befindlichen Erstbescheid zu bemessen oder hat eine fiktive Verrechnung der Verluste 1998 (im Sinne des aufgehobenen Bescheides) zu erfolgen?
2. Wäre eine andere rechtliche Betrachtung geboten, wenn für das Jahr 1998 (ebenfalls aus Gründen der Bemessungsverjährung) nie ein rechtswirksamer Einkommensteuerbescheid ergangen wäre?
Lösung
Zu 1.:
Die Höhe des vortragsfähigen Verlustes ergibt sich - mit Bindungswirkung für die Folgejahre - grundsätzlich aus der Veranlagung des Verlustjahres ( EStR 2000 Rz 4533 ). Die gleiche Bindungswirkung hinsichtlich der Höhe des (noch) vortragsfähigen Verlustvortrages ergibt sich aus Abgabenbescheiden, die nach dem Verlustjahr, aber vor dem Jahr der Verlustverwertung ergangen sind. Dementsprechend ist das Finanzamt hinsichtlich der Höhe des weiterhin vortragsfähigen Verlustes an die Höhe der festgestellten Einkünfte, die sich aus dem im Rechtsbestand befindlichen Einkommensteuerbescheid 1998 ergibt, gebunden, und zwar auch dann, wenn dieser Bescheid die Höhe der Einkünfte unrichtig ausweist. Eine "fiktive" Verrechnung des Verlustvortrages mit Einkünften, deren Höhe sich nicht aus dem Einkommensteuerbescheid 1998 ergibt, findet nicht statt.
Zu 2.:
Ist ein Verlustabzug unterblieben, obwohl eine Verrechnungsmöglichkeit bestanden hatte, darf in den Folgejahren nur der Restbetrag berücksichtigt werden (fiktiver Verlustabzug, VwGH 02.10.1968, 0691/68 ; VwGH 20.09.1977, 0931/77 ).
Ist für das Jahr 1998 kein Einkommensteuerbescheid ergangen, obwohl bei dessen Ergehen der Verlustvortrag verrechnet hätte werden können, darf in den Folgejahren nur mehr der nach fiktiver Verrechnung noch verbleibende Verlust berücksichtigt werden.
Vorübergehender Wegzug des an einer inländischen Kapitalgesellschaft beteiligten Gesellschafters in ein Drittland
Bezughabende Norm
§ 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, §§ 10 und 13 BewG 1955; EStR 2000 Rz 6677 ff
Sachverhalt
Der Abgabepflichtige ist österreichischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Österreich. Er ist in Österreich an einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu 50 Prozent beteiligt. Aus beruflichen Gründen beabsichtigt er seinen Wohnsitz in Österreich aufzugeben und nach Dubai zu ziehen. Der Wohnsitznahme in Dubai wird mindestens zwei Jahre dauern, die anschließende Rückübersiedelung nach Österreich nach dieser Zeit ist geplant und wahrscheinlich, aber nicht ganz sicher. Ein Anteilsverkauf ist vorerst nicht vorgesehen.
Fragestellung
1. Hat eine "Wegzugbesteuerung" nach § 31 Abs. 2 EStG 1988 zwingend statt zu finden oder kann mit Rücksicht auf die beabsichtigte Rückkehr darauf verzichtet werden?
2. Wie ist der gemeine Wert der Anteile gemäß § 31 Abs. 3 EStG 1988 zu ermitteln? Kann das sogenannte "Wiener Verfahren 1996" zur Anwendung kommen?
3. Stellt der neuerliche Zuzug nach Österreich ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar, welches zur Änderung bzw. Aufhebung der Steuerfestsetzung für das Wegzugjahr führt?
4. Welche Folgen ergeben sich bei einer späteren tatsächlichen Beteiligungsveräußerung? Gilt in diesem Falle der bei Wegzug versteuerte gemeine Wert als "neue Anschaffungskosten"?
Lösung
Zu 1.:
Durch den Wegzug geht das Besteuerungsrecht der Republik Österreich wegen Art. 10 Abs. 1 sowie Art 13 Abs. 4 DBA-VAE, BGBl. III Nr. 88/2004, verloren. Damit ist der Tatbestand des § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfüllt, sodass die Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Anteile und den Anschaffungskosten, abzüglich allfälliger Werbungskosten als Einkünfte zu erfassen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige zu einem späteren Zeitpunkt wieder der österreichischen Besteuerungshoheit unterliegt. Eine vorläufige Nicht-Festsetzung kommt im Hinblick auf den Wegzug in ein Land außerhalb des EU/EWR-Raumes nicht in Betracht.
Zu 2.:
Da im Einkommensteuerrecht hinsichtlich der außerbetrieblichen Einkünfte keine speziellere Bewertungsvorschrift besteht, hat die Schätzung des gemeinen Wertes (§ 10 BewG 1955) nach § 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG 1955 zu erfolgen. Danach ist der gemeine Wert aus Verkäufen abzuleiten, wenn dies nicht möglich ist, ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Das Wiener Verfahren 1996 entspricht diesen rechtlichen Anforderungen, sodass es zur Anwendung kommen kann. Dem Steuerpflichtigen steht es aber offen, durch andere dem § 13 Abs. 2 BewG 1955 entsprechende Beweismittel einen genaueren Wert nachzuweisen.
Zu 3.:
Der neuerliche Zuzug nach Österreich stellt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar. Der Gesetzgeber sieht für den Fall des Eintritts in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich den Ansatz des gemeinen Wertes an Stelle der Anschaffungskosten vor, wodurch im Fall der späteren Tatbestandsverwirklichung nur mehr die stille Reserve ab dem Zuzug steuerlich erfasst wird. Das EStG 1988 verknüpft den Zuzug somit mit eigenen Steuerfolgen. Da die Frage, ob ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO vorliegt, nach dem materiellen Steuerrecht zu beurteilen ist (vgl. VwGH 20.02.2008, 2007/15/0259 ), kann der neuerliche Zuzug nach vorher erfolgtem Wegzug nicht als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO angesehen werden.
Zu 4.:
§ 31 Abs. 3 EStG 1988 sieht im Falle des Eintritts in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich eine Aufwertung auf den gemeinen Wert vor (der gemeine Wert im Zeitpunkt des Eintritts gilt als "neue" Anschaffungskosten). Durch diese Aufwertung werden nur jene Wertsteigerungen in Österreich erfasst, die während des aufrechten Bestandes der österreichischen Besteuerungshoheit ab dem Wiederzuzug entstanden sind.
Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO festgestellt wurden, mit dem ermäßigten Steuersatz
Bezughabende Norm
§ 38 EStG 1988 iVm § 188, § 295 BAO; EStR 2000 Rz 7345, Rz 5875 bis Rz 5878
Sachverhalt
Der Abgabepflichtige X ist an der Fa. XY Patentverwertungsgesellschaft KG beteiligt. Das für die Veranlagung der Kommanditgesellschaft zuständige Finanzamt erlässt am 04.11.2008 einen erklärungsgemäßen Grundlagenbescheid für das Veranlagungsjahr 2007. Die an das Beteiligtenfinanzamt ergehende "Mitteilung über die gesonderte Feststellung 2007" weist dem Steuerpflichtigen X Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 40.000 Euro zu. Hinweise auf besondere Besteuerungsmerkmale sind in dieser Mitteilung nicht enthalten.
In der Einkommensteuererklärung 2007 begehrt Herr X als Erfinder des verwerteten Patents die Zuerkennung des halben Durchschnittssatzes für seine anteiligen Einkünfte (also für die besagten 40.000 Euro) aus der Fa. XY Patentverwertungsgesellschaft KG.
Fragestellung
1. Hätten die Einkünfte aus einer Patentverwertung, falls die Annahme der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung richtig sein sollte, überhaupt nach § 188 Abs. 1 lit. d BAO festgestellt werden dürfen?
2. Ist das Beteiligtenfinanzamt nunmehr an diese (richtige oder unrichtige) Feststellung gebunden?
3. Kann der Hälftesteuersatz, der im Feststellungsverfahren offenbar nicht beantragt war, jedenfalls aber in der Mitteilung über die gesonderte Feststellung nicht enthalten ist, vom Beteiligtenfinanzamt nach eigener Beurteilung gewährt werden?
4. Trifft es zu, dass der ermäßigte Steuersatz nach § 38 Abs. 1 EStG 1988 auch für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gewährt werden kann?
5. Hat nun das Beteiligtenfinanzamt zu prüfen, welche der Voraussetzungen nach den EStR 2000 Rz 5875 und Rz 5878 bei der Kommanditgesellschaft gegeben sind?
Lösung
Zu 1.:
§ 188 Abs. 1 lit. d BAO sieht eine Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens vor. Da die im Rahmen einer vermögensverwaltenden Verwertungsgesellschaft betriebene Patentverwertung keine Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens darstellt, hätte eine Feststellung zu unterbleiben gehabt.
Zu 2.:
Der Grundlagenbescheid aufgrund der erfolgten Feststellung nach § 188 BAO ist inhaltlich rechtswidrig; dessen ungeachtet ist er für das Finanzamt, das für die Einkommensteuerveranlagung eines Beteiligten zuständig ist, bindend (§§ 188, 295 BAO).
Zu 3.:
Nach Auffassung des VwGH (VwGH 18.10.2005, 2004/14/0154 ) sollen in Bescheiden nach § 188 BAO aus Zweckmäßigkeitsgründen Feststellungen darüber aufgenommen werden, ob Einkunftsteile den begünstigten Steuersätzen unterliegen. Ein fehlender Ausspruch entfaltet jedoch aus Gründen des Rechtsschutzes keine Bindungswirkung, sodass sich das Beteiligtenfinanzamt mit der Fragestellung eigenständig zu befassen hat.
Zu 4.:
Auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung können nach § 38 Abs. 1 EStG 1988 mit dem halben Durchschnittssteuersatz besteuert werden ( EStR 2000 Rz 7345 ).
Zu 5.:
Das Beteiligtenfinanzamt hat zu prüfen, in welchem Umfang die Einkünfte nach § 38 Abs. 1 EStG 1988 dem halben Durchschnittssteuersatz zu besteuern sind. Die EStR 2000 Rz 5875 bis Rz 5878 , die sich auf Mitunternehmerschaften beziehen, gelten für vermögensverwaltende Personengesellschaften entsprechend.
Bundesministerium für Finanzen, 5. Oktober 2009
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Strafen, Wettbewerbsrecht, Betriebsausgabe, Kartellgericht, EU-Geldbußen, Wettbewerbsverstöße, Abschöpfungsanteil, Aufteilungsverbot, Übergang auf die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988, Grund und Boden, Teilwert, Feststellungsbescheid, Gaststättengewerbe, Gaststättenpauschalierungsverordnung, Beherbergungsgewerbe, Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler, Lebensmittel, gastronomische Betriebe, Gemischtwarenhändler, Mischbetriebe, Verlustabzug, fiktive Verrechnung, Bindungswirkung, vorübergehender Wegzug, Wiener Verfahren, Zuzug, rückwirkendes Ereignis, Einkünfte aus einer Patentverwertung, Feststellung von Einkünften, Vermietung und Verpachtung, halber Durchschnittssteuersatz |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 1523a |