VwGH 2007/15/0259

VwGH2007/15/025920.2.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der E H in E, vertreten durch Mag. Josef Hauser, Steuerberater in 5301 Eugendorf, Ischlerbahnstraße 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 3. September 2007, RV/0498-S/06, betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2003, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §295a;
EStG §19 Abs1;
EStG §29 Z1;
BAO §295a;
EStG §19 Abs1;
EStG §29 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides lässt sich Folgendes entnehmen:

Auf Grund des Übergabevertrages vom 20. März 1987 erhält die Beschwerdeführerin eine monatliche Rente, deren Beurteilung als einkommensteuerpflichtige Versorgungsrente iSd § 29 Z 1 EStG 1988 (auch für die Streitjahre) nicht strittig ist. Die Beschwerdeführerin erhält die Rente monatlich von ihrem Sohn im Weg eines Dauerauftrages auf ihr Bankkonto überwiesen. Sie hat die Rentenempfänge in den Streitjahren allerdings deshalb als einkommensteuerlich nicht zu erfassen erachtet, weil sie im Regelfall die erhaltenen Zahlungen im selben Monat wieder dem Sohn in bar zu Unterstützungszwecken übergeben hat.

Das Finanzamt hat im Jahr 2006 in Zuge einer Nachschau festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die Rente monatlich per Dauerauftrag erhalten hat. Es hat die Feststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin jeweils hat frei entscheiden können, ob sie die bezahlte Versorgungsrente behält oder wieder an den Sohn zurückgibt.

Das Finanzamt hat daraufhin die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2003 wieder aufgenommen und die Einkommensteuer für diese Jahre unter Einbeziehung der in den Steuererklärungen nicht ausgewiesenen Versorgungsrente festgesetzt.

Die gegen die Einkommensteuerbescheide erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Zur Begründung führte sie aus, es sei strittig, ob die in den Jahren 2001 bis 2003 tatsächlich zugeflossene monatliche Versorgungsrente steuerpflichtig sei, obwohl die Beschwerdeführerin nach ihren Angaben die monatlichen Rentenzahlungen wiederum in bar an den Sohn zu Unterstützungszwecken übergeben habe, weil dieser, wiederum den Angaben der Beschwerdeführerin zufolge, in den Jahren 2001 bis 2003 die Versorgungsrente nicht habe erwirtschaften können. Durch die Rückzahlung habe die Beschwerdeführerin auch sicherstellen wollen, dass künftig erwirtschaftbare Versorgungsrenten nicht gefährdet würden.

Die Verpflichtung zur Rentenzahlung ergebe sich aus dem Übergabevertrag vom 20. März 1987. Es stehe fest, dass die Rente im Wege eines Dauerauftrages tatsächlich monatlich auf das Konto der Beschwerdeführerin überwiesen worden sei.

Die Beschwerdeführerin habe gegen die Steuerpflicht eingewendet, dass sie die erhaltenen Rentenzahlungen dem Sohn im Regelfall im selben Monat wieder übergeben habe. Für die belangte Behörde sei aber wesentlich, dass die monatlichen Rentenzahlungen auf dem Konto der Beschwerdeführerin eingegangen seien. Zudem habe die Beschwerdeführerin in der Berufung vorgebracht, dass sie selbst habe frei entscheiden können, ob und inwieweit sie die Familie des Sohnes unterstützen wolle.

Damit sei aber die Steuerpflicht der Rente gegeben. Die Rentenzahlungen seien tatsächlich zugeflossen und als sonstige Einkünfte zu versteuern. Es lägen keine Anhaltspunkte für eine Abänderung des Übergabevertrages vom 20. März 1987 oder für eine Stundung oder einen Erlass der Rentenverpflichtung vor. Es gebe auch keinen Hinweis auf einen allenfalls relevanten Forderungsausfall.

Die Rentenzahlungen seien tatsächlich am Konto der Beschwerdeführerin eingegangen. Es habe keine wie immer geartete Verpflichtung zur Rückzahlung dieser Rentenbeträge bestanden.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liege auch kein Anwendungsfall des § 295a BAO vor. Einerseits komme § 295a BAO nach der ratio dieser Bestimmung erst zum Tragen, wenn der Abgabenbescheid bereits rechtskräftig ergangen sei, nicht hingegen vor Bescheiderlassung oder in einem Berufungsverfahren. Und andererseits lägen keine Ereignisse vor, denen abgabenrechtliche Wirkungen für die Vergangenheit auf den Bestand oder den Umfang eines Abgabenanspruches zukämen. Denn die Mittelverwendung sei auch nach dem Berufungsvorbringen ausschließlich im Entscheidungsbereich der Beschwerdeführerin gelegen gewesen. Demnach stelle die Unterstützung der Familie des Sohnes durch die Übergabe von Barbeträgen, zu deren Höhe zudem nichts konkret vorgebracht worden sei, kein rückwirkendes Ereignis dar.

Mit den Zuwendungen an die Familie des Sohnes seien vielmehr "neue", der Schenkungssteuer unterliegende Tatbestände verwirklicht worden. Für diese Zuwendungen könnte allerdings die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs 1 Z 9 ErbStG in Betracht kommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, sie werde durch die Versteuerung von Versorgungsrenten, die im selben Zeitraum zurückerstattet und damit letztlich nicht realisiert worden seien, in ihren Rechten verletzt. § 295a BAO ermögliche die Berücksichtigung von Ereignissen, die nach einem für die Besteuerung an sich maßgebenden Zeitabschnitt einträten. Diese Bestimmung sei nicht nur ein Verfahrenstitel zur Durchbrechung der Rechtskraft, sondern auch eine Erweiterung der materiellrechtlichen Tatbestandsregelung. Die Bestimmung ermögliche daher die Berücksichtigung solcher Ereignisse auch bei der erstmaligen Bescheiderlassung. Die belangte Behörde habe überdies Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie es unterlassen habe zu prüfen, ob die wirtschaftliche Situation des Verpflichteten (der Sohn der Beschwerdeführerin habe 2001 bis 2003 nur Einkünfte von insgesamt ca 18.000 EUR erzielt; die Bankverbindlichkeiten seines Unternehmens hätten betragen: 2001: 247.900 EUR, 2002: 240.454 EUR und 2003: 270.138 EUR) die Zahlung von Renten im Streitzeitraum überhaupt zugelassen hätte.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

§ 295a BAO, eingeführt durch BGBl I Nr 124/2003, lautet:

"Ein Bescheid kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat."

§ 295a BAO ist - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin -

eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung. Sie nimmt in keiner Weise Einfluss auf den Tatbestand materieller Abgabengesetze. Es ist vielmehr den materiellen Abgabengesetzen zu entnehmen, ob einem nachträglich eingetretenen Ereignis abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit zukommt. Es ist sohin an Hand der materiellen Abgabengesetze zu prüfen, ob ein Anwendungsfall des § 295a BAO vorliegen kann (vgl Ritz, BAO3, § 295a Tz 3f).

Gemäß § 19 Abs 1 erster Satz EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Auf Grund der Banküberweisungen und Gutschriften auf dem Bankkonto der Beschwerdeführerin hatte die belangte Behörde keinen Anlass für Zweifel, dass der Beschwerdeführerin die in Rede stehenden Rentenbeträge zugeflossen sind. An dem erfolgten Zufluss ändert es nichts, wenn - wie im Beschwerdefall - nachträglich aus familiären Gründen und jeweils aus freien Stücken Geldbeträge in gleicher Höhe an den Verpflichteten geleistet werden. Vertragsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen verlieren nicht schon durch den Umstand ihre steuerliche Anerkennung, dass zwischen diesen Angehörigen auch unentgeltliche Zuwendungen vorkommen.

Die Gutschrift am Konto der Beschwerdeführerin hat im Übrigen unabhängig davon zu einem Zufluss iSd § 19 Abs 1 EStG 1988 geführt, ob und in welchem Ausmaß der Sohn der Beschwerdeführerin wirtschaftlich überhaupt zur Durchführung von Geldüberweisungen in der Lage gewesen wäre, hätte ihn die Beschwerdeführerin nicht (aus familiären Gründen) finanziell unterstützt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Sohn der Beschwerdeführerin die entsprechenden Zahlungen tatsächlich geleistet hat. Aus diesem Grunde hat die belangte Behörde nicht dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, dass sie es unterlassen hat, Feststellungen über die Höhe der Einkünfte und des Vermögens des Sohnes der Beschwerdeführerin sowie über das Ausmaß seiner Kreditwürdigkeit zu treffen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Februar 2008

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