Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 48a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Amtshilfe, Steuergeheimnis, Vollmacht, Telefax, Verjährung, Mängelbehebung, Wiederaufnahme, Lohnzettel, Ermessen, Umsatzsteuervorauszahlungen, Bilanzbuchhalter, Feststellungsverfahren, Vertreterhaftung |
Verweise: | Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
4. Berufungszurücknahmeerklärung bei unzureichender Mängelbehebung hinsichtlich eines Pendlerpauschales (§§ 250, 275 BAO)
4.1. Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer ist gemäß § 41 EStG 1988 zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Da er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, wird sein Einkommen anhand der vorliegenden Lohnzettel geschätzt. Gegen den Einkommensteuerbescheid wird eine Berufung erhoben, wobei dieser weder eine Begründung noch eine begehrte Änderung zu entnehmen ist.
Dem diesbezüglichen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 275 BAO wird wie folgt entsprochen:
Es wird - die bisher nicht vorgenommene - Berücksichtigung von Reisekosten beantragt, wobei diese Werbungskosten ziffernmäßig spezifiziert sind. Weiters wird die Berücksichtigung des Pendlerpauschales begehrt. Welches Pendlerpauschale der Berufungswerber berücksichtigt haben möchte, wird nicht genauer definiert.
Der Dienstgeber des Berufungswerbers verfügt über mehrere Filialen. An welcher der Berufungswerber seine Arbeitsstätte hat, ist ebenso wenig aktenkundig wie der Umstand, ob allenfalls das große Pendlerpauschale zusteht.
Der Berufungswerber ist steuerlich nicht vertreten.
4.2. Fragestellung
Wird einem berechtigen behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder, gemessen an dem an § 250 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag, unzureichend entsprochen, ist die Behörde laut ständiger Rechtsprechung des VwGH verpflichtet, einen Bescheid zu erlassen, mit dem die vom Gesetz vermutete Zurücknahme der Berufung festgestellt wird (vgl. VwGH 14.09.1992, 91/15/0135; VwGH 20.01.1993, 92/13/0192).
Das in § 250 Abs. 1 lit. c BAO normierte Erfordernis soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Berufungswerber dem Bescheid zuschreiben will. Der Berufungsantrag muss daher bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhaltes sein.
Die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit einer Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, schließt neben der Erklärung, mit dem angefochtenen Bescheid nicht einverstanden zu sein, im Falle der teilweisen Anfechtung eines Bescheides die Erklärung mit ein, wie weit diese Anfechtung reicht. Dabei kommt es nicht auf Bezeichnungen und zufällige verbale Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Verfahrensschrittes an (vgl. hiezu nochmals die oben zitierten Erkenntnisse VwGH 14.09.1992, 91/15/0135 und VwGH 20.01.1993, 92/13/0192).
Ist die allgemein gehaltene Beantragung des Pendlerpauschales beim vorliegenden Sachverhalt (mehrere Arbeitsstätten möglich, nicht erkennbar ob "kleines" oder "großes") als eindeutig bestimmbarer Inhalt zu werten?
4.3. Lösung
Die "unzureichende" Entsprechung eines Mängelbehebungsauftrages bezieht sich auf das völlige Fehlen (auch nur) eines der in § 250 Abs. 1 lit. a bis d BAO verlangten Inhaltserfordernisse als Grundlage für eine sachgerechte Auseinandersetzung und meritorische Erledigung der Berufung. Der Umstand, dass beispielsweise eine Berufungsbegründung (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO) verfehlt, unschlüssig oder unvollständig ist, berechtigt nicht zur Zurücknahme nach § 275 BAO. Auch bei in der Berufung nur teilweise, eingeschränkt oder unzutreffend begehrten Änderungen (Inhaltserfordernis nach § 250 Abs. 1 lit. c BAO) ist der bekämpfte Bescheid (von Amts wegen) grundsätzlich auf seine insgesamt bestehende Rechtmäßigkeit erforderlichenfalls auch über den in der Berufung geltend gemachten Änderungsumfang hinaus (umfassend) zu prüfen (vgl. insbesondere § 115 Abs. 1 BAO, § 280 BAO, § 289 Abs. 2 BAO). Bleiben daher nach einer Mängelbehebung Zweifel über einzelne Berufungspunkte (Antragsbegehren) bzw. Abgabentatbestandsverwirklichungen dem Grunde oder der Höhe nach offen, so sind die erforderlichen Ermittlungen zur Aufklärung von Amts wegen anzustellen (vgl. dazu § 115 Abs. 2 bis 4 BAO, § 279 Abs. 1 und 2 BAO).
Daher ist die gegenständliche Antragstellung, wonach "das" Pendlerpauschale beansprucht wird, als ausreichend bestimmt anzusehen. Ob "ein solches" überhaupt und wenn ja in welcher Höhe nach Maßgabe der Vorschriften des § 16 Abs. 6 lit. a bis c EStG 1988 zusteht, ist eine der Berufungsbehörde unter Wahrung des Parteiengehörs obliegende Ermittlungsfrage.
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 48a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Amtshilfe, Steuergeheimnis, Vollmacht, Telefax, Verjährung, Mängelbehebung, Wiederaufnahme, Lohnzettel, Ermessen, Umsatzsteuervorauszahlungen, Bilanzbuchhalter, Feststellungsverfahren, Vertreterhaftung |
Verweise: | Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |