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15.4 Dienstverhältnis (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)

BMFBMF-010222/0157-VI/7/20084.7.2008

15.4.1 Allgemeines

Rz 930
Die Definition des Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist eine eigenständige des Steuerrechts und daher mit den korrespondierenden Begriffen des Arbeits- und Sozialrechtes nicht immer deckungsgleich. Auch wenn arbeits- oder dienstrechtliche Bestimmungen vorsehen, dass durch eine bestimmte Tätigkeit kein Dienstverhältnis begründet wird, ist das Rechtsverhältnis dennoch nach abgabenrechtlichen Gesichtspunkten darauf zu untersuchen, ob die für oder gegen die Nichtselbständigkeit sprechenden Merkmale überwiegen (VwGH 22.2.1996, 94/15/0123). Allerdings kann sich aus der Beurteilung einer Leistungsbeziehung in anderen Rechtsgebieten ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines steuerlichen Dienstverhältnisses ergeben (VwGH 22.1.1986, 84/13/0015). Umgekehrt gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG als Dienstnehmer im Sinne der Sozialversicherung jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

Die Definition des Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 einerseits und der Begriff des Unternehmers in § 2 Abs. 1 UStG 1994 andererseits grenzen die Lohn- und die Umsatzbesteuerung voneinander ab. Der Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit knüpft ua. an das Vorliegen eines Dienstverhältnisses, der Begriff des Unternehmers im Umsatzsteuerrecht an die selbständige Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit an. Wesentliche Merkmale für die Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit sind das Unternehmerwagnis, eine Weisungsgebundenheit, die die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus beschränkt, und eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers (VwGH 9.7.1997, 95/13/0289; VwGH 24.6.1999, 96/15/0099).

Rz 931
Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis sind nicht die vertraglichen Abmachungen, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist (VwGH 25.10.1994, 90/14/0184; VwGH 20.12.2000, 99/13/0223, VwGH 19.09.2007, 2007/13/0071 betr. Scheinselbständigkeit von Bauarbeitern).

Rz 932
Bei der Beurteilung, ob steuerlich ein Dienstverhältnis besteht, ist daher immer vom wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auszugehen. Maßgebend sind weder die Bezeichnung noch subjektive Gesichtspunkte, sondern ausschließlich die objektiven Umstände (VwGH 18.10.1989, 88/13/0185). Ein schriftlich abgeschlossener Dienstvertrag kann daher lohnsteuerrechtlich bedeutungslos sein, wenn nicht durch die der Vereinbarung zu Grunde liegende Tätigkeit die Voraussetzungen für das Bestehen eines Dienstverhältnisses gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 begründet werden. Umgekehrt ist ein Dienstverhältnis gegeben, wenn eine formell als Werkvertrag bezeichnete Vereinbarung überwiegend Elemente eines Dienstverhältnisses trägt oder zwar ein Werkvertrag vorliegt, aber die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit in Abweichung vom Vertragsinhalt überwiegend Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist (VwGH 19.12.1990, 89/13/0131; VwGH 20.12.2000, 99/13/0223; VwGH 24.9.2003, 2000/13/0182). Ein Rahmenvertrag, der weder die tatsächlich geschuldete Leistung noch das Entgelt bestimmt, sondern dies mündlichen Vereinbarungen überlässt, kann nicht ohne weitere Feststellungen der Entscheidung zu Grunde gelegt werden, ob Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder gewerbliche Einkünfte vorliegen (VwGH 28.4.2004, 2000/14/0125).

Rz 933
Sofern die Merkmale des § 47 Abs. 2 EStG 1988 vorliegen, ist es steuerrechtlich ohne Bedeutung, ob das Dienstverhältnis schriftlich, mündlich, durch konkludente Handlungen oder ohne übereinstimmende Willenserklärungen zu Stande kommt.

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