EAS 2716
Wird ein deutsches Orchester engagiert, das als Orchester-GmbH konstitutiert ist und ein Entgelt von 1000 Euro erhält, wobei dieser Betrag mit 200 Euro an die vier Orchestermitglieder weitergegeben und mit den verbleibenden 200 Euro für die Deckung der übrigen Kosten des Österreich-Engagements verwendet wird und wenn sonach von der GmbH kein Gewinn in Österreich erzielt wird, dann kann der österreichische Veranstalter auf Grund von Z 3 lit. c des Künstler-Sportler-Erlasses (AÖFV. Nr. 256/2005) die Vornahme des Steuerabzuges nach § 99 EStG unterlassen.
Würde in diesem Fall ein Orchestermitglied 500 Euro und die restlichen nur 100 Euro erhalten, dann käme die im zitierten Erlass erstmals eingeführte Verpflichtung zur Anwendung, dass für das höher (über dem Grenzwert von 440 Euro) bezahlte Orchestermitglied die steuerliche Erfassung in Österreich sichergestellt werden muss. Es bestehen keine Bedenken, dies in der Form durchzuführen, dass von dem Betrag von 500 Euro der 20%ige Steuerabzug vorgenommen und dem Künstler ein entsprechender Beleg hierüber ausgehändigt wird. Denn alle vier Künstler sind in Deutschland steuerpflichtig (Deutschland wendet auf Künstler das "Anrechnungsverfahren" an) und der 20-prozentige Steuerabzug ist daher in Deutschland anrechnungsfähig.
Der Erlass in seiner derzeitigen Fassung hat der ausländischen GmbH die Verpflichtung zur Sicherung der steuerlichen Erfassung nur für jene Künstler aufgetragen, bei denen die GmbH stets selbst Kenntnis über das Nichtvorliegen der Steuerbefreiungsvoraussetzungen haben muss, nicht jedoch auch für jene Künstler, die möglicherweise noch - der GmbH unbekannte - andere Einkünfte in Österreich erzielt haben und damit insgesamt die 2.000 Euro-Grenze überschreiten (sodass den betreffenden Künstler dadurch eine Veranlagungspflicht in Österreich trifft). Die Freistellung im Abzugsverfahren ist daher - derzeit zumindest - nicht von der Veranlagung jener Künstler abhängig, die Einkünfte über 2000 Euro in Österreich erzielen.
Erwirtschaftet die deutsche Orchester-GmbH allerdings einen Gewinn aus dem Österreich-Engagement, dann ist der Steuerabzug vom Gesamtbetrag der Vergütung vorzunehmen, korrespondierend dazu aber in Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. b, Unterabsatz gg DBA-Deutschland auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen. Zur Vermeidung einer Überschreitung des deutschen Anrechnungshöchstbetrages kann das Orchester eine Veranlagung in Österreich beantragen, in deren Verlauf die Abzugssteuer bereits auf die veranlagte österreichische Steuer angerechnet wird, die ihrerseits sodann für die Anrechnung in Deutschland verbleibt; allerdings wird hierbei gleichzeitig vorzukehren sein, dass die steuerpflichtigen Gagen der Künstler in Österreich steuerlich erfasst werden.
Der Vereinfachungserlass berechtigt insoweit nicht zur Freistellung vom Steuerabzug, wenn die Orchester-GmbH wiederholt in Österreich engagiert wird und hierbei für das einzelne Orchestermitglied die 900 Euro-Grenze des Erlasses überschritten wird.
Erweisen sich angesichts der in Einzelfällen vorliegenden besonderen Gestaltungen die aus der Anwendung des Erlasses resultierenden administrativen Belastungen als zu groß, dann ist zu bedenken, dass keine Verpflichtung zur Anwendung der als Vereinfachung gedachten Regelungen des Erlasses besteht.
Bundesministerium für Finanzen, 27. April 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 17 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Schlagworte: | Künstler, deutsche Orchester-GmbH |
Verweise: | § 99 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |