EAS 2726
Überträgt der in Deutschland ansässige Vater seinem ebenfalls in Deutschland ansässigen Sohn sein Unternehmen, das er durch zwei 100-prozentige Beteiligungen hält (einerseits durch eine 100-prozentige Beteiligung an einer deutschen GmbH und andererseits durch seine Beteiligung an dieser GmbH als atypisch stiller Gesellschafter) und das in Österreich über eine Betriebstätte verfügt, dann wird bei der Beurteilung der schenkungssteuerlichen Folgen in Österreich auf Folgendes Bedacht zu nehmen sein:
Die Übertragung der 100-prozentigen Beteiligung an der deutschen GmbH fällt nicht unter § 6 Abs. 2 ErbStG und löst daher keine Schenkungssteuerpflicht in Österreich aus.
Die atypische stille Beteiligung an der deutschen GmbH führt aber zum Entstehen einer "Mitunternehmerschaft", die aus einkommensteuerlicher Sicht transparent ist; aus einkommensteuerlicher Sicht ist daher zutreffend die inländische Betriebstätte als Betriebstätte der beiden Mitunternehmer, der deutschen GmbH und des geschenkgebenden Vaters, angesehen worden und es sind zutreffend die Betriebstättengewinne in den Händen der beiden Mitunternehmer besteuert worden. Die Frage, inwieweit diese einkommensteuerliche Sichtweise die erb- und schenkungssteuerliche beeinflusst, ist derzeit nicht völlig geklärt. Nach der Verwaltungspraxis endet die Transparenzmethode und damit der Besteuerungsdurchgriff auf die Gesellschafter jedenfalls dann, wenn die Mitunternehmerschaft eine im Firmenbuch eingetragene betriebliche Personengesellschaft darstellt (EAS 98, EAS 519, EAS 1344, EAS 1393).
Diese Verwaltungspraxis steht aber im Gegensatz zu der Regelung der Z 7 des Schlussprotokolls zu Artikel 4 des österreichisch-deutschen Erbschaftsteuerabkommens, da nach dieser Bestimmung der Besteuerungsdurchgriff nur im Fall von Kapital- und Genossenschaften unterbleibt. Bei Personengesellschaften kann daher die österreichische Verwaltungspraxis - zumindest in den vom Abkommen erfassten Erbfällen - zu internationalen (positiven und negativen) Qualifikationskonflikten führen.
Um solche Besteuerungskonflikte möglichst in engen Grenzen zu halten wird die in der Verwaltungspraxis wurzelnde Ablehnung des Besteuerungsdurchgriffes nicht extensiv über den Kreis der betrieblich tätigen Personengesellschaften hinaus auszuweiten sein. Daher ist in Fällen, in denen inländische Grundstücke von den ausländischen Grundeigentümern im Wege von rein vermögensverwaltenden KEGs gehalten wurden, die Transparenzmethode angewendet und eine beschränkte Steuerpflicht als bestehend angenommen worden (EAS 1571, EAS 1754).
Auch im Falle einer atypischen stillen Gesellschaft besteht kein Anlass, die erwähnte abweichende österreichische Verwaltungspraxis ausdehnend zur Anwendung zu bringen. Sowohl in Erbschaftsteuer- wie auch in Schenkungssteuerfällen wird daher auf solche atypisch stille Beteiligungen die in Z 7 lit. b des Schlussprotokolls zu Art. 4 des DBA-Deutschland (Erb) beschriebene Sichtweise angewendet, derzufolge eine stille Beteiligung an einem Handelsgewerbe (hier: jenem der deutschen GmbH) als Beteiligung an dem von Artikel 4 genannten Vermögen (Betriebstättenvermögen) gesehen wird, "wenn mit der Einlage eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist", wenn es sich sonach um eine atypische stille Gesellschaft handelt.
Der geplante Schenkungsvorgang löst daher beschränkte Schenkungssteuerpflicht insoweit aus, als der kraft atypischer Beteiligung dem geschenkgebenden Vater unmittelbar zuzurechnende inländische Betriebstättenvermögenswert unentgeltlich übergeht.
Bundesministerium für Finanzen, 27. April 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA D (Erb), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Erbschaftsteuern), BGBl. Nr. 220/1955 |
Schlagworte: | atypische stille Gesellschaft (Schenkungssteuer) |
Verweise: | § 6 Abs. 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |