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Kanzleiverlegung nach Liechtenstein

BMF04 3202/5-IV/4/036.10.20032003

EAS 2354

Verlegt ein österreichischer Steuerberater unter Beibehaltung seines inländischen Wohnsitzes seine Kanzlei aus Österreich nach Liechtenstein, dann sind nach Maßgabe von § 6 Z 6 EStG 1988 aus diesem Anlass die stillen Reserven aufzudecken und der Besteuerung zuzuführen. Die Bestimmungen über die Betriebsveräußerung sind analog anzuwenden (EStR 2000 Rz 2517). Daher wird die steuerliche Erfassung auch den in Österreich angewachsenen Firmenwert betreffen.

Nach der Betriebsverlegung nach Liechtenstein bleiben wohl die stillen Reserven des verlegten Betriebes gemäß Artikel 13 Abs. 2 iVm Artikel 23 Abs. 2 DBA-Liechtenstein weiterhin in Österreich steuerhängig; allerdings nur solange, als auch die Ansässigkeit in Österreich beibehalten wird. Die Aufrechterhaltung der Steuerhängigkeit im Ansässigkeitsstaat beruht auf dem Umstand, dass - anders als für die laufenden Gewinne einer liechtensteinischen Freiberufler-Betriebstätte - für Veräußerungsgewinne nicht das Freistellungs- sondern das Anrechnungsverfahren vorgesehen ist.

Trotz dieser während der Ansässigkeitsdauer fortbestehenden inländischen Steuerhängigkeit steht das Abkommen einer bereits im Betriebsverlegungsjahr stattfindenden Besteuerung der stillen Reserven nicht entgegen, wenn dies im innerstaatlichen Recht zwingend angeordnet ist. Diese zwingende Anordnung findet sich in § 6 Z 6 EStG 1988. Die Rechtsrichtigkeit dieser Sichtweise wird im OECD-Kommentar in Z 15 (letzter Satz) zu Artikel 7 des OECD-Musterabkommens ausdrücklich bestätigt; aus dieser Kommentarbestimmung - die nicht zwischen Freistellungs- und Anrechnungsabkommen unterscheidet - ergibt sich, dass es mit den Grundsätzen der Betriebstättenbesteuerung vereinbar ist, in Fällen einer Überführung von Wirtschaftsgütern (hier: insbesondere des Firmenwertes) im Jahr der Verlegung der Wirtschaftsgüter eine Besteuerung vorzunehmen, wenn nach innerstaatlichem Recht "eine Gewinnrealisierung anzunehmen ist". Auf Grund dieser Rechtsauffassung kann daher auch bei DBAs mit Anrechnungsmethode durch eine steuerliche Erfassung im Jahr der Betriebsverlegung sichergestellt werden, dass nicht im Fall einer nachfolgenden Wohnsitzverlegung dieses Abkommen einer späteren Besteuerung entgegensteht.

Unter diesen Gegebenheiten vermag daher auch der Umstand, dass Liechtenstein dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehört, kein anderwertiges Ergebnis zu rechtfertigen.

06. Oktober 2003 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 13 Abs. 2 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
Art. 23 Abs. 2 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
§ 6 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Betriebsverlegung, stille Reserven, Aufdeckung stiller Reserven, Firmenwert, Betriebsveräußerung, Wegzugsbesteuerung, Ansässigkeit, laufende Gewinne, Anrechnungsverfahren, Überführung von Wirtschaftsgütern

Verweise:

Art. 7 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

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