EAS 2272
Werden inländische Betriebstätten im Wege ausländischer Personengesellschaften gehalten, dann wird nach der bei der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung gehandhabten österreichischen Verwaltungspraxis nicht der Sichtweise der im Bereich der Einkommensbesteuerung maßgebenden Bilanzbündeltheorie gefolgt und es wird nicht durch die Personengesellschaft auf die dahinter stehenden Gesellschafter "durchgegriffen". Ist daher eine deutsche gewerblich tätige Personengesellschaft an inländischen Personengesellschaften beteiligt und werden die Anteile an der deutschen Personengesellschaft von den in Deutschland ansässigen Gesellschaftern (denen keine Inländereigenschaft im Sinn des § 6 Abs. 2 ErbStG 1955 zukommt) im Schenkungs- oder Erbweg an Personen übertragen, die ebenfalls keine "Inländer" im vorgenannten Sinn sind, so tritt nach dieser Verwaltungspraxis keine inländische Schenkungs- oder Erbschaftsteuerpflicht hinsichtlich der im Wege der deutschen Personengesellschaft gehaltenen Beteiligung an der österreichischen Personengesellschaft ein (EAS 98, 519, 1344). Ein Durchgriff durch die ausländische Personengesellschaft unterbleibt nicht nur in Fällen eines "Doppeldurchgriffes", sondern auch in Fällen eines einfachen Durchgriffes. Geht daher die Beteiligung eines beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters einer gewerblich tätigen deutschen Personengesellschaft mit Inlandsbetriebstätten auf einen anderen beschränkt Steuerpflichtigen im Erb- oder Schenkungsweg über, dann wird darin auf österreichischer Seite kein Vermögensübergang des inländischen Betriebstättenvermögens der deutschen Personengesellschaft zu sehen sein; denn dieses verbleibt auch nach dem deutschen Gesellschafterwechsel in den Händen derselben deutschen Personengesellschaft (EAS 1393). Diese österreichische Verwaltungspraxis steht allerdings im Gegensatz zur Vorgangsweise auf deutscher Seite, da dort bei Anteilsveräußerungen ausländischer Personengesellschaften ein aliquoter Vermögensübergang inländischer Betriebstätten besteuert wird und sonach ein Durchgriff auf die Gesellschafter der ausländischen Personengesellschaft erfolgt (Wilms, dErbStG, Rz 137 zu § 2), wodurch sich durch diese österreichische Verwaltungspraxis Doppelbesteuerungen oder auch Doppelnichtbesteuerungen ergeben können.
Im Fall von immobilienverwaltenden Personengesellschaften wird allerdings mittlerweile auch in der österreichischen Verwaltungspraxis eine Durchgriffsbesteuerung vorgenommen. So wurde im Fall einer österreichischen vermögensverwaltenden KEG, die ausschließlich eine inländische Eigentumswohnung verwaltete und die von in Deutschland ansässigen (und in Österreich nur der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegenden) Personen gegründet worden ist, die Auffassung vertreten, dass inländische Steuerpflicht eintritt, wenn der KEG-Anteil im Erbweg auf einen anderen beschränkt Steuerpflichtigen übergeht (EAS 1571). Ähnlich EAS 1754. An diesen Auffassungen wird bis auf weiteres festgehalten.
23. April 2003 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 4 DBA D (Erb), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Erbschaftsteuern), BGBl. Nr. 220/1955 |
Schlagworte: | Bilanzbündeltheorie, Gesellschafterdurchgriff, Doppelnichtbesteuerung, immobilienverwaltende Personengesellschaften, doppelstöckige Personengesellschaften, Vermögensübergang |
Verweise: | § 6 Abs. 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |