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Nutzung des amerikanischen ADR-Programmes für die Kapitalbeschaffung im Inland

BMF04 4982/16-IV/4/0027.10.20002000

EAS 1745

Beachte:
Aufgrund der im Zusammenhang mit ADR-Programmen (American Depository Receipts) offenbarten internationalen Betrugsszenarien werden Anträge auf Rückerstattung der österreichischen KESt auf Gewinnausschüttungen österreichischer Kapitalgesellschaften einer vertieften Überprüfung unterzogen. Die Rückerstattung der KESt oder eine Entlastung an der Quelle darf nur an bzw. gegenüber den – durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesenen – wirtschaftlichen Eigentümer der Anteile erfolgen.

Schließt eine österreichische Kapitalgesellschaft mit einer US-Depotbank ein "Deposit-Agreement" ab, auf Grund dessen die amerikanische Bank Aktien der inländischen Kapitalgesellschaft übernimmt und im Wege börsengängiger ADR-Zertifikate (American Depositary Receipts) auf dem US-Kapitalmarkt anbietet, dann ist die Frage, wem die österreichischen Dividendenerträge steuerlich zuzurechnen sind (der US-Depotbank oder den Erwerbern der ADRs) nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu entscheiden. Die unter EAS 741 genannten Umständen ließen gewichtige Indizien erkennen, denenzufolge die an die US-Depotbank überwiesenen Gewinnausschüttungen anteilig den ADR-Inhabern steuerlich als deren Einkünfte zuzurechnen sind.

Bei solchen Gegebenheiten kann die Herabsetzung der österreichischen Kapitalertragsteuer gemäß dem DBA-USA von 25% auf 15% jedenfalls nicht von der US-Depotbank in ihrem eigenen Namen, sondern nur von den ADR-Inhabern in Anspruch genommen werden.

Da zurzeit keine Durchführungsregelung zum DBA-USA besteht, kann die österreichische Kapitalgesellschaft das Abkommen unmittelbar anwenden und daher auch eine Steuerentlastung unmittelbar anlässlich der Dividendenausschüttung vornehmen; sie ist allerdings genötigt, sich Nachweisunterlagen zu besorgen, aus denen die Anwendungsvoraussetzungen des DBA-USA bei jedem ADR-Inhaber hervorgehen.

Unter EAS 1253 wurde ausgeführt, dass seitens des BM keine Bedenken bestehen, wenn bis zum Ergehen einer Durchführungsregelung zum neuen DBA-USA als Nachweis für den Bestand der persönlichen Abkommensberechtigung bestimmte Erklärungen des amerikanischen Einkünfteempfängers herangezogen werden. Diese Erklärungen können im Wesentlichen durch vom Philadelphia Service Center ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigungen (die der inländischen Kapitalgesellschaft auch elektronisch übermittelt werden können) ersetzt werden. Lediglich dann, wenn der ADR-Inhaber eine US-Gesellschaft ist, müsste zusätzlich eine Erklärung darüber vorliegen, dass die Voraussetzungen des Art. 16 DBA-USA erfüllt sind, um solcherart zu verhindern, dass Kapitalertrag unter Nutzung des DBA-USA in Steueroasen durchgeschleust wird. Die österreichische Kapitalgesellschaft müsste im Übrigen in der Lage sein, zwecks stichprobenweiser Überprüfung der Abkommensvoraussetzungen bei Bedarf eine Liste der ADR-Inhaber zur Verfügung zu stellen.

27. Oktober 2000
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 16 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998

Schlagworte:

US-Depotbank, Deposit-Agreement, ADR-Zertifikate (American Depositary Receipts), American Depositary Receipts (ADR), Gewinnausschüttung, Steuerentlastung, Dividendenausschüttung, Ansässigkeitsbescheinigung, Philadelphia Service Center, Steueroase

Verweise:

EAS 741
EAS 1253

Stichworte