EAS 1439
Schließt eine österreichische GmbH mit einer ihr nicht nahestehenden deutschen GmbH einen Vertrag, derzufolge die deutsche Gesellschaft es übernimmt, einen geeigneten Geschäftsführer der österreichischen GmbH zur Verfügung zu stellen und führt die deutsche GmbH diesen Auftrag dadurch aus, daß sie mittels eines Werkvertrages einen deutschen Konsulenten auf Honorarbasis für drei Jahre verpflichtet, die Geschäfte der österreichischen GmbH zu führen, dann ist zunächst nach österreichischem inländischen Recht zu untersuchen, ob dieser Gestaltung die steuerliche Anerkennung zukommen kann. Nach RZ 981 der Lohnsteuerrichtlinien 1999 ist wohl die im Wirtschaftleben üblichere Vertragsgestaltung betreffend die Ausübung einer Geschäftsführertätigkeit die eines Dienstvertrages mit jener Gesellschaft, deren Geschäftsführung von dem Geschäftsführer wahrgenommen wird. Wird daher von Parteienseite - wie im vorliegend geschilderten Fall - eine andere zivilrechtliche Gestaltung gewählt, dann wird mit besonderer Sorgfalt zu untersuchen sein, ob sich die Beziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der von ihm geleiteten österreichischen Gesellschaft im konkreten Einzelfall nicht so darstellen, daß der österreichischen Gesellschaft schwerpunktmäßig die Funktionen eines Arbeitgebers zuzumessen sind. Fragen dieser Art müssen als Sachverhaltsfragen mit dem zuständigen Finanzamt geklärt werden.
Sollte der gewählten zivilrechtlichen Gestaltung (die nach den Lohnsteuerrichtlinien jedenfalls nicht als eine übliche Gestaltung anzusehen ist) die steuerliche Anerkennung zuteil werden, dann wird in einem solchen Fall die Leistung der deutschen GmbH lediglich in einer "Besorgungsleistung" zu sehen sein, nämlich in der Zurverfügungstellung des Geschäftsführers; daraus folgt, daß - mangels inländischer Betriebstätte der deutschen GmbH - die an die deutsche GmbH gezahlten Entgelte in Österreich von der Besteuerung freizustellen sind.
Der die Geschäftsführungsaufgaben wahrnehmende deutsche Konsulent erzielt von der deutschen GmbH Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wobei dann, wenn die Tätigkeit von einem Arbeitszimmer in der inländischen GmbH aus ausgeübt wird, diese Einkünfte einer inländischen Betriebstätte zuzurechnen sind. Dies hat zur Folge, daß seine Einkünfte in Österreich zu besteuern und in Deutschland von der Besteuerung freizustellen sind.
Allerdings ist bekannt (AÖFV. Nr. 70/1998, Abs. 7), daß Deutschland stets - sonach ungeachtet der gewählten zivilrechtlichen Gestaltungen - die Kapitalgesellschaft bei der jemand als Geschäftsführers eingetragen ist, als Arbeitgeber dieses Geschäftsführers wertet. Deutschland nimmt folglich eine Umqualifizierung der Bezüge von Einkünften aus Gewerbebetrieb (gezahlt von der deutschen GmbH) in solche aus nichtselbständiger Arbeit (gezahlt von der inländischen GmbH) vor und wendet darauf nicht - wie Österreich - Artikel 4 des DBA-Deutschland, sondern Artikel 9 des Abkommens an. Außerdem unterstellt Deutschland, daß der Ort der Arbeitsausübung eines Geschäftsführers stets am Ort des Sitzes der betreffenden Gesellschaft gelegen ist. Das BMF geht daher davon aus, daß im vorliegenden Fall ein bloßer "unechter Qualifikationskonflikt" eintreten wird, da auch in Anwendung der deutschen Betrachtung (österreichischer Arbeitsort eines Dienstnehmers einer österreichischen GmbH) das ausschließliche Besteuerungsrecht an den Geschäftsführerbezügen bei Österreich gelegen sein muß.
21. April 1999 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955 |
Schlagworte: | Werkvertrag, übliche Vertragsgestaltung, Besorgungsleistung, inländische Betriebstätte, Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, unechter Qualifikationskonflikt |