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Wirtschaftliche Betrachtungsweise und internationales Schachtelprivileg

BMFE 21/9-IV/4/9922.11.19991999

EAS 1559

Unter EAS 624 wurde folgendes ausgeführt:

"Erzielt eine in einem Oststaat errichtete Tochtergesellschaft einer österreichischen Muttergesellschaft aus ihrem dort ausgeübten operativen Geschäft Gewinne und werden diese Gewinne an die österreichische Muttergesellschaft ausgeschüttet, dann steht für diesen Beteiligungsertrag die Steuerfreiheit gemäß § 10 KStG zu."

Wird nun in einem derartigen Fall wegen der hohen inflationären Geldentwertung in dem betreffenden Oststaat nach Wegen gesucht, um diese Gewinne möglichst rasch aus der Geldentwertungszone herauszuholen und wird die hiezu nötige Gewinnabsaugung im Wege von Lizenzgebührenzahlungen an eine in Zypern "off-shore" errichtete Basistochtergesellschaft vorgenommen und von dieser sodann im Wege einer im Folgejahr vorgenommenen Gewinnausschüttung in die Hände der österreichischen Muttergesellschaft transferiert, so ist nicht auszuschließen, dass auf der Grundlage von § 21 BAO dieser Umweggestaltung die steuerliche Wirkung abzuerkennen und das eigentlich wirtschaftlich relevante Geschehen (Gewinnausschüttung durch die in dem Oststaat etablierte operative Gesellschaft an die österreichische Muttergesellschaft) den steuerlich relevanten Sachverhalt darstellt; m.a.W. es ist nicht auszuschließen, dass mit der im Auftrag der österreichischen Muttergesellschaft an die Basistochtergesellschaft geleisteten Lizenzgebührenzahlung in Wahrheit eine verdeckte Gewinnausschüttung an die österreichische Muttergesellschaftbewirkt wurde, die - weil sie von einer operativen Gesellschaft stammt - nicht den einschränkenden Bestimmungen der Verordnung BGBl. Nr. 57/1995 unterliegt.

Allerdings kann diese Problematik nicht mit Bindungswirkung im EAS-Verfahren auf ministerieller Ebene entschieden werden, da die hiefür nötige Sachverhaltsuntersuchung der zuständigen Abgabenbehörde 1. Instanz obliegt; um für solche Fälle die nötige Rechtssicherheit zu erlangen, kann das gemäß § 6 der Verordnung zu § 10 Abs. 3 KStG, BGBl. Nr. 57/1995, vorgesehene finanzamtliche Sonderauskunftsverfahren in Anspruch genommen werden."

Stellt sich in jenem Besteuerungsfall, der Anlass für die EAS-Anfrage gegeben hat, im Gefolge einer Betriebsprüfung heraus, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise kein Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung vorliegt, sondern dass es tatsächlich so war, dass die österreichische Muttergesellschaft ihrer russischen Tochtergesellschaft immaterielle Vermögenswerte überlassen hat, sonach tatsächlich Leistungen erbracht hat, die fremdüblich durch Ansatz einer Lizenzgebühr abzugelten waren, dann kann einer solchen Sachverhaltsbeurteilung im ministeriellen EAS-Verfahren nicht entgegengetreten werden. Denn einer inländischen Versteuerung von fremdverhaltenskonform anzusetzenden Lizenzgebühren kann nicht dadurch ausgewichen werden, dass ihnen der Charakter einer steuerfreien verdeckten Gewinnausschüttung zugeordnet wird.

22. November 1999 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 10 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Steuerliche Entlastung von Erträgen aus der int. Schachtelbeteiligung, BGBl. Nr. 57/1995

Schlagworte:

Gewinnabsaugung, Lizenzgebühren, Off-Shore-Gesellschaft, Basisgesellschaft, Basistochtergesellschaft, wirtschaftliche Betrachtungsweise, Fremdverhaltensgrundsatz, verdeckte Gewinnausschüttung

Verweise:

EAS 624

Stichworte