EAS 1316
Hat ein österreichisches Unternehmen von einem chinesischen Kunden den Auftrag für die Errichtung einer 2-Strang-Brammenanlage erhalten und ist das österreichische Unternehmen gemäß Kundenvertrag verantwortlich für:
- die Lieferung von Anlagenkomponenten und Ersatzteilen,
- die Erstellung von Design, Engineering und Dokumentation,
- die Überwachung der Montage und Inbetriebnahme der Anlage,
- die Schulung von Kundenpersonal an Referenzanlagen in Europa und an der chinesischen Anlage,
dann handelt es sich hiebei um Aktivleistungen des österreichischen Unternehmens, die gemäß Artikel 7 des österreichisch-chinesischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 10. April 1991 nur insoweit in China der Besteuerung unterliegen, als sie funktional einer chinesischen Betriebstätte im Sinn von Artikel 5 zuzurechnen sind.
Bei derartigen Entgelten für Aktivleistungen ist für die Anwendung von Artikel 12 Abs. 2 des Abkommens kein Raum. Artikel 12 Abs. 2 teilt China ein Quellenbesteuerungsrecht von 10% nur für Lizenzgebühren zu. Gemäß Artikel 12 Abs. 3 des Abkommens handelt es sich bei Lizenzgebühren aber durchwegs nur um Entgelte für Passivleistungen des Einkünfteempfängers, nämlich um Entgelte für die Gewährung einer Nutzungserlaubnis. Dies wird auch durch Ziffer 11 des OECD-Kommentars zu Artikel 12 des OECD-Musterabkommens verdeutlicht; darnach liegt eine zu den Lizenzgebühren zählende Know-How-Überlassung vor, wenn "Außenstehenden nicht zugänglich gemachtes technisches Wissen ....., das zur gewerblichen Nachahmung eines Erzeugnisses oder eines Verfahrens unter denselben Bedingungen notwendig ist," überlassen wird. Der Inhalt des überlassenen Wissens muss sonach solcherart sein, dass es dem Empfänger die gewerbliche Nachahmung eines Produktes ermöglicht. Gestattet daher beispielsweise das österreichische anlagenerrichtende Unternehmen dem chinesischen Kunden die Anwendung eines besonderen Gießereiverfahrens, dann stellt das für diese Nutzungserlaubnis gezahlte Entgelt eine "Lizenzgebühr" dar. Allerdings wird auch in diesem Fall der international anerkannte Grundsatz des letzten Satzes der Z 11 des OECD-Kommentars zu Artikel 12 in Bezug auf Mischverträge mit einheitlichem Gesamtentgelt Beachtung verdienen; darnach soll dann, wenn eine der vereinbarten Leistungen bei weitem den Hauptgegenstand des Vertrages darstellt und die anderen dort vorgesehenen Leistungen nur eine untergeordnete Bedeutung haben, die Gesamtvergütung steuerlich so behandelt werden, wie es der Hauptleistung entspricht.
Vorsorglich wird noch beigefügt, dass Know-How, das das österreichische anlagenerrichtende Unternehmen selbst entwickelt hat oder das ihm von Dritten entgeltlich zur Eigenverwertung überlassen worden ist und das für die Anlagenerrichtung benötigt wird, auch dann kein chinesisches Besteuerungsrecht aufleben lässt, wenn der Aufwand für dieses Know-How als Kostenelement in den Anlagenherstellungspreis eingeht. Denn in einem solchen Fall wird das Know-How vom österreichischen anlagenerrichtenden Unternehmen für seine eigene Leistungserbringung und nicht vom chinesischen Kunden genutzt.
24. August 1998 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 7 DBA RC (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen China (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 679/1992 |
Schlagworte: | Anlagenerrichtung, Aktivleistungen, Passivleistungen, Nutzungsrechte, Know-how-Überlassung, gewerbliche Nachahmung, Mischverträge, einheitliches Gesamtentgelt |