vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Deutsche Doppelbeteiligung an inländischer GMBH

BMF04 4182/41-IV/4/9620.8.19961996

EAS 927

Beteiligt sich eine deutsche Lackfabrik (KG) zu 70% an einer inländischen Lackvertriebs-GMBH und geht sie außerdem mit dieser Vertriebs-GMBH eine unechte stille Beteiligung (16,67%) ein, dann begründet sie durch ihre Beteiligung an einer inländischen Mitunternehmerschaft eine inländische Betriebstätte, der die Gewinnanteile aus der unechten stillen Beteiligung zuzurechnen sind, wobei das Besteuerungsrecht daran gemäß Art. 4 DBA-Deutschland ausschließlich Österreich zusteht.

Die Frage, ob die Gewinnausschüttung der inländischen Vertriebs-GMBH an die deutsche Lackfabrik (an deren Gesellschafter) als Dividende unter Artikel 10a (ab 1992) fällt und dementsprechend in Österreich von der Quellenbesteuerung zu entlasten ist oder wegen Bestandes einer inländischen Betriebstätte gemäß Art. 10a Abs. 4 DBA-Deutschland nach Art. 4 der ausschließlichen österreichischen Besteuerung unterliegt, ist darnach zu entscheiden, ob die Beteiligung dem steuerlichen Betriebsvermögen der deutschen Hauptniederlassung der deutschen Lackfabrik oder jenem der inländischen Mitunternehmerschaft-Betriebstätte zuzurechnen ist.

Dem steuerlichen Betriebsvermögen der inländischen Mitunternehmerschaft-Betriebstätte wäre die Beteiligung nur dann zuzurechnen, wenn sie

Aus dem Erkenntnis des VwGH 1.11.1982, 82/14/0084, ist zu ersehen, dass im Fall einer Beteiligung an einer GMBH & CO KG die Beteiligung des Kommanditisten an der GMBH nicht zum notwendigen Betriebsvermögen der Kommanditbeteiligung gehört (die GMBH-Beteiligung stand steuerlich im Privatvermögen des Kommanditisten). Wendet man diese Betrachtungsweise auch auf die Beteiligung an einer GMBH & STILL an, zählt die Beteiligung an der inländischem GMBH nicht zum notwendigen Betriebsvermögen der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft.

Gehört die GMBH-Beteiligung weder zum notwendigen Betriebsvermögen der atypischen stillen Beteiligung noch mangels ausreichender Willensausübung und -dokumentation zu deren gewillkürten Betriebsvermögen, dann wird die Beteiligung aus österreichischer Sicht dem Betriebsvermögen der deutschen Hauptniederlassung zuzuordnen sein, mit der Folge dass Österreich die den einzelnen deutschen Gesellschaftern der deutschen KG zufließenden Ausschüttungen der österreichischen GMBH einer 15-prozentigen Quellenbesteuerung zu unterziehen hat, wobei die Sonderregelungen für entsprechend qualifiziert beteiligte deutsche kapitalgesellschaftliche KG-Gesellschafter zu beachten sind (§ 10a Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland und § 94a EStG).

Sind an der deutschen KG in Österreich ansässige natürliche Personen beteiligt, dann ist allerdings zusätzlich noch folgendes zu beachten:

In diesem Fall liegt kein grenzüberschreitender Dividendenfluss im Sinn von Art. 10a DBA-Deutschland vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Gewinnausschüttung in die Hände der ausländischen Hauptniederlassung der deutschen KG fließt; denn die deutsche KG ist im Bereich des Einkommensteuerrechtes kein Steuerpflichtiger, sodass die Gewinnausschüttung insoweit nicht ihr, sondern den in Österreich ansässigen KG-Gesellschaftern steuerlich zuzurechnen ist. Damit fehlt es an der Anwendungsvoraussetzung des Art. 10a DBA-Deutschland, derzufolge Dividendenzahler und Dividendenempfänger in verschiedenen Staaten ansässig sein müssen. Art. 4 DBA-Deutschland bleibt hingegen anwendbar, sodass in das Betriebsvermögen der deutschen KG-Hauptniederlassung einfließende österreichische GMBH-Gewinnausschüttungen in Österreich zur Gänze von der Besteuerung freizustellen sind.

Sollte allerdings in diesem Fall ein grenzüberschreitender negativer Kompetenzkonflikt (Doppelnichtbesteuerung) eintreten, weil Deutschland die Gewinnausschüttung auf der Grundlage seiner Judikatur (BFH 26.2.1992, BStBl II 1992, 937) dem notwendigen Betriebsvermögen der österreichischen Mitunternehmerschaft-Betriebstätte zurechnet und folglich keine Besteuerung auf der Grundlage von Art. 4 DBA-Deutschland vornimmt, kann von Parteienseite sonach kein deutscher Besteuerungsnachweis erbracht werden, dann würde die "Heimfallklausel" des Schlussprotokolls zu Art. 15 (Z 27 lit. b) wirksam werden und das durch Art. 4 verlorengehende Besteuerungsrecht in Österreich als Ansässigkeitsstaat der Gesellschafter der deutschen KG uneingeschränkt wiederaufleben lassen.

20. August 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955
Art. 10a Abs. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955
Art. 10a Abs. 2 lit. a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

atypische stille Gesellschaft, unechte stille Gesellschaft, Inlandsbetriebstätte, steuerliche Zurechnung, Steuerentlastung, Quellensteuer, Zurechnung, Steuerfreistellung, Nachweis, Dividendenausschüttung

Verweise:

§ 94a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
VwGH 01.11.1982, 82/14/0084
BFH 26.02.1992, I R 85/91, BStBl II 1992, 937

Stichworte