EAS 969
Beachte:
Die Aussagen dieser EAS-Auskunft sind gemäß Erlass des BMF vom 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014, überholt.
Es liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit, darüber zu entscheiden, mit wem jemand einen Dienstvertrag abschließen möchte. Wenn hiebei die gewählte zivilrechtliche Gestaltung nicht bloß "auf dem Papier" existiert, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht dementsprechend vollzogen wird, ist sie auch der Besteuerung zugrundezulegen. Bei steuerlicher Nichtanerkennung gewählter zivilrechtlicher Gestaltungen ist ein strenger Maßstab anzulegen (VwGH 21.1.1983, Zl. 81/17/0102, ÖStZB 1983, 339).
Entsendet eine österreichische Gesellschaft Mitarbeiter kurzfristig (weniger als 183 Tage) zur deutschen Muttergesellschaft, wobei diese Mitarbeiter in dieser Zeit ausschließlich an Projekten der deutschen Muttergesellschaft arbeiten, jedoch kein zweites Dienstverhältnis mit ihr eingehen, dann ist es sachgerecht, wenn dem Fremdverhaltensgrundsatz entsprechend (zumindest) der weiterlaufende Gehaltsaufwand des österreichischen Unternehmens an die deutsche Muttergesellschaft weiterbelastet wird. Es muss allerdings ernstlich bezweifelt werden, dass in derartigen Fällen entgegen der gewählten zivilrechtlichen Gestaltung die deutsche Muttergesellschaft als "wirtschaftlicher Arbeitgeber" angesehen werden kann, mit der Folge, dass die österreichische Gesellschaft von der Verpflichtung zur Einbehaltung der Lohnsteuer entbunden ist.
Es ist wohl richtig, dass Ziffer 8 des OECD-Kommentars zu Artikel 15 (und ihm folgend AÖFV. Nr. 87/1993) für Fälle der Arbeitskräftegestellung bestimmte Kriterien aufstellt, nach denen der Gestellungsnehmer als wirtschaftlicher Arbeitgeber angesehen werden kann. Wie aber bereits in EAS 476 zum Ausdruck gebracht worden ist, sollen die OECD-Kriterien lediglich dazu dienen, Steuerumgehungsmuster unter künstlicher Zwischenschaltung von ausländischen Verleihfirmen zu unterbinden; sie können daher auch nur aus diesem Gesichtswinkel in ihrer Bedeutung gewürdigt werden. Diese Kriterien sind jedenfalls nicht dazu da, den mit echter wirtschaftlicher Funktion ausgestatteten österreichischen Arbeitgebern bei Dienstnehmerauslandsentsendungen schematisch die Arbeitgebereigenschaft abzuerkennen.
Keinesfalls wäre vertretbar, dass in Österreich der Lohnsteuerabzug unter Berufung auf einen "wirtschaftlichen" Arbeitgeberwechsel unterbleibt, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass das deutsche Unternehmen korrespondierend die Arbeitgebereigenschaft wahrnimmt und dementsprechend die Bezüge der deutschen Lohnabzugsbesteuerung unterwirft.
12. November 1996
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955 |
Schlagworte: | Dienstverhältnis, 183-Tage-Frist, Arbeitskräfteentsendung, Dienstnehmerentsendung, Arbeitgeber, Arbeitgeberwechsel im internationalen Konzern, Lohnsteuerabzugspflicht, Arbeitnehmergestellung, Auslandsentsendung, Lohnsteuer, Nachweis |
Verweise: | VwGH 21.01.1983, 81/17/0102 |