EAS 476
Beachte:
Die Aussagen dieser EAS-Auskunft sind gemäß Erlass des BMF vom 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014, überholt.
Soll für Zwecke der Besteuerung auf der Grundlage von § 21 BAO von der zivilrechtlichen Gestaltung geschäftlicher oder beruflicher Beziehungen im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise abgewichen werden, so ist stets ein strenger Maßstab anzulegen (VwGH 04.03.1983, 81/17/0102, ÖStZB 1983, 339). Dies gilt auch für die Abwicklung internationaler Geschäftsbeziehungen. Die Steuerverwaltung wird daher im Fall einer internationalen Personalgestellung nicht leichtfertig einem österreichischen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen die Arbeitgeberstellung aberkennen können.
Der BMF-Erlass vom 11.02.1993, AÖF Nr. 87/1993, hat ebenfalls nicht zum Ziel, in diese Prinzipien der Gestaltungsfreiheit einzugreifen. Seine wesentliche Aussage besteht in folgendem:
- Ein internationales Doppelbesteuerungsabkommen verbietet nicht, bloß formal ("auf dem Papier") aufgebauten Gestaltungsformen die steuerliche Wirkung abzuerkennen und in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die wahren Geschehnisabläufe der Besteuerung zu unterziehen; wenn daher der Gestellungsnehmer in Wahrheit der eigentliche Arbeitgeber ist, so soll er dies auch für steuerliche Belange sein.
- Es wird eine Information darüber gegeben, von welchen Kriterien sich die Mitgliedstaaten der OECD leiten lassen, um in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Arbeitgebereigenschaft des Gestellers in Frage zu stellen.
Die aufgelisteten OECD-Kriterien sollen dazu dienen, Steuerumgehungsmuster unter künstlicher Zwischenschaltung von ausländischen Verleihfirmen zu unterbinden, sie können daher auch nur aus diesem Gesichtswinkel in ihrer Bedeutung gewürdigt werden. Diese Kriterien sind jedenfalls nicht dazu da, den mit echter wirtschaftlicher Funktion ausgestatteten österreichischen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen schematisch die Arbeitgebereigenschaft abzuerkennen.
Wenn daher ein österreichisches Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen Arbeitskräfte für die Dauer von drei Monaten an ein englisches Unternehmen verleiht und wenn nach dem Gesamtbild der wirtschaftlich bedeutsamen Gegebenheiten die Arbeitgebereigenschaft dieses österreichischen Unternehmens außer Zweifel steht, zB weil:
- nur das Verleihunternehmen in der Lage ist, über die Höhe der Bezüge seiner Arbeitnehmer zu entscheiden,
- Meinungsverschiedenheiten aus dem Dienstvertrag ausschließlich zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen auszutragen sind,
- Abfertigungsansprüche (gegebenenfalls auch Pensionsansprüche) gegenüber dem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen erwachsen,
- nur das Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen das Risiko für eine Lohnzahlung im Nichtleistungsfall trägt,
- das Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen den Arbeitnehmer auch über die jeweilige Entsendung hinaus behält,
- nur das Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen über Kündigung oder Entlassung zu entscheiden hat,
dann kann das Zutreffen des einen oder anderen Kriteriums des eingangs zitierten Erlasses im konkreten Fall nicht eine steuerliche Aberkennung der Arbeitgebereigenschaft des Arbeitskräfteüberlassungsunternehmens zur Folge haben. In einem solchen Fall unterliegen daher die Arbeitslöhne, die an die nach England entsandten Arbeitnehmer gezahlt werden, weiterhin dem österreichischen Lohnsteuerabzug und sind von der britischen Besteuerung freizustellen.
19. Juli 1994
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA GB (E), Doppelbesteuerungsabkommen Großbritannien und Nordirland (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 390/1970 |
Schlagworte: | Arbeitskräftegestellung, Steuerumgehung, Steuerfreistellung, Freistellung, Lohnsteuer, Lohnsteuerabzugspflicht, Dienstverhältnis |
Verweise: | § 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |