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Vortragshonorarüberweisungen an eine liechtensteinische AG

BMFH 3455/2/1-IV/4/9531.10.19951995

EAS 747

 

Wird von einem österreichischen Seminarveranstalter für medizinisch-psychologische Seminarthemen ein deutscher Vortragender gewonnen, der verlangt, dass seine Vortragshonorare an eine liechtensteinische AG überwiesen werden, dann wird zur Vermeidung von Haftungsfolgen hievon der 20%ige Steuerabzug gemäß § 99 EStG. vorzunehmen sein. Wird eingewandt, dass der Vertragspartner des österreichischen Seminarveranstalters ein liechtensteinisches Unternehmen ist, das mangels inländischer Betriebstätte weder gemäß § 98 EStG noch gemäß Artikel 7 DBA-Liechtenstein in Österreich besteuert werden darf, dann ist folgendes entgegenzuhalten:

Inländisches Recht: Im Fall von Vortragstätigkeiten ist es nach inländischem Recht (§ 99 Abs. 1 Z 1 EStG) gleichgültig, ob die Vortragshonorare dem Vortragenden selbst oder einer anderen Person zufließen. Für Belange des inländischen Rechtes ist daher jedenfalls die Steuerabzugspflicht gegeben.

DBA-Recht: Deutsche Vortragende unterliegen gemäß Artikel 8 Abs. 2 DBA-Deutschland mit den erzielten Vortragshonoraren der österreichischen Steuerpflicht (und sind korrespondierend dazu in Deutschland von der Besteuerung freizustellen); wird nun eine in einer Steueroase angesiedelte Kapitalgesellschaft "zwischengeschaltet", dann besteht ein derart intensiver Verdacht für das Vorliegen von missbräuchlichem "Treaty-Shopping", dass dem in Österreich haftungspflichtigen Seminarveranstalter die Beschaffung von den Missbrauch widerlegenden und die Anwendbarkeit der DBA-Bestimmungen damit rechtfertigenden Nachweisen in der Regel nicht möglich ist. Österreichische Seminarveranstalter, die Vortragshonorare an eine liechtensteinische AG überweisen, werden daher den 20%igen Steuerabzug vorzunehmen haben und es gegebenenfalls der liechtensteinischen AG überlassen müssen, in einem auf § 240 BAO gestützten Rückerstattungsverfahren die Berechtigung für die Inanspruchnahme der Vorteile des österreichisch-liechtensteinischen Doppelbesteuerungsabkommens nachzuweisen.

31. Oktober 1995 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971

Schlagworte:

Abzugsbesteuerung, Vortragender, Inlandsbetriebstätte, Steuerabzug, Steuerfreistellung, Missbrauch, Missbrauchsverdacht, Steuerumgehung, Steueroasengesellschaft, Nachweis, Rückerstattung

Verweise:

§ 98 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 99 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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