VwGH Ro 2014/03/0038

VwGHRo 2014/03/003826.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des 1. " S" als wahlwerbende Partei und 2. "N" als politische Partei, beide in S und vertreten durch Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen die Erledigung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Dezember 2013, Zl F1-S-372/252-2013, betreffend Parteienfinanzierung, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
ParteienfinanzierungsG NÖ 2012 §1;
ParteienfinanzierungsG NÖ 2012 §3;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
ParteienfinanzierungsG NÖ 2012 §1;
ParteienfinanzierungsG NÖ 2012 §3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die in Revision gezogene Erledigung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Dezember 2013 hat folgenden Wortlaut:

"Betrifft: Förderung gem. NÖ Parteienfinanzierungsgesetz 2012

Sehr geehrte Frau Landesrätin!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir beziehen uns auf das Schreiben des 'N' vom 12. Dezember 2013, mit dem um Anweisung aller in Zukunft zustehenden Kostenbeiträge/Ersätze bzw. Förderungen im Sinne des NÖ-Parteienförderungsgesetzes usw. durch das Land Niederösterreich bzw. die Abteilung F1 des Amtes der NÖ Landesregierung an die im Landtag von Niederösterreich vertretene politische Partei 'N' auf das Konto lautend auf 'N' (...) ersucht wird.

Gemäß § 3 Abs. 1 NÖ Parteienfinanzierungsgesetz 2012 erhält jede im Landtag von Niederösterreich vertretene politische Partei für jede bei der letzten Landtagswahl erreichten gültigen Stimme eine Förderung. Daraus folgt, dass grundsätzlich nur jene politischen Parteien einen Anspruch auf Parteienförderung haben können, die zuvor im Wege einer wahlwerbenden Partei bei der entsprechenden Wahl des jeweiligen Vertretungskörpers kandidiert haben. Die Ausnahmen in § 5 Abs. 2 NÖ Parteienfinanzierungsgesetz 2012 treffen im gegenständlichen Fall nicht zu. Da das 'N' erst am 3. Dezember 2013 und somit neun Monate nach der bisher letzten Landtagswahl in Niederösterreich am 3. März 2013 gegründet wurde, ist eine Förderung der politischen Partei 'N' nicht möglich.

Mit Schreiben vom 30. September 2013 ersuchte Frau Landesrätin E K als Zustellungsbevollmächtigte der wahlwerbenden politischen Partei 'S', um Anweisung aller in Zukunft zustehenden Kostenbeiträge/Ersätze im Sinne des Parteienförderungsgesetzes usw. durch das Land NÖ bzw. die Abteilung F1 des Amtes der NÖ Landesregierung ab sofort auf das Konto lautend auf 'S' (...).

Hierzu ist festzuhalten, dass Frau Landesrätin E K als zustellungsbevollmächtige Vertreterin der wahlwerbenden Partei 'S' für die politische Partei 'S für N' nicht handlungsfähig ist und daher diesem Ersuchen nicht entsprochen werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Für das Land Niederösterreich

Dr. M."

Die revisionswerbenden Parteien bringen vor, im Lichte der - näher dargestellten - Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sei die oben wiedergegebene Erledigung als Bescheid zu qualifizieren, obwohl nach dem Wortlaut des NÖ Parteienfinanzierungsgesetz 2012, LGBl 0301-0 idF LGBl 0302-0 (NÖ ParteienfinanzierungsG), die Parteienförderung in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung fiele und über Ansprüche nach dem NÖ ParteienfinanzierungsG nicht mit Bescheid abgesprochen werden dürfte. Im gegenständlichen Fall habe die belangte Behörde normativ über den verfahrenseinleitenden Antrag auf Gewährung einer Parteienförderung entschieden ("arg: 'und daher dem Ersuchen

nicht entsprochen werden kann'; 'ist eine Förderung ... nicht

möglich'"). Auch der Wortlaut der zugrunde liegenden Regelung des § 3 Abs 1 NÖ ParteienfinanzierungsG ("arg: 'Antrag' sowie 'gebührt eine Förderung'") indiziere eine behördliche Erledigung im Bescheidweg. In der Sache sei die Rechtsansicht der belangten Behörde unrichtig, weil das "S" (Erstrevisionswerberin), das nach den Ergebnissen der NÖ Landtagswahl mit 9,83 % der abgegebenen Stimmen (5 Mandate) in den NÖ Landtag eingezogen sei, als politische Partei iSd § 2 NÖ ParteienfinanzierungsG Anspruch auf eine jährliche Förderung nach § 3 NÖ ParteienfinanzierungsG habe. Hilfsweise stünde dieser Anspruch aber der Rechtsnachfolgerin der wahlwerbenden Partei "S", nämlich dem "N" (Zweitrevisionswerberin), zu.

Die Revision ist nicht zulässig.

Gemäß § 4 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz kann gegen einen Bescheid, gegen den eine Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 lit a B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, in sinngemäßer Anwendung des Art 133 Abs 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, wenn der Bescheid vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist und die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch gelaufen ist.

Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Erledigung nach dem Vorbringen in der Revision am 23. Dezember 2013 an die Zustellbevollmächtigte der revisionswerbenden Parteien zugestellt. Die Beschwerdefrist war ausgehend davon am 31. Dezember 2013 noch nicht abgelaufen. Die gegenständliche Revision wäre daher nach der oben zitierten Vorschrift zulässig, wenn die angefochtene Erledigung als Bescheid iSd Art 130 Abs 1 lit a B-VG qualifiziert werden kann. Davon ist jedoch nicht auszugehen:

Gemäß § 58 Abs 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann nicht wesentlich und entbehrlich, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat (vgl etwa VwGH vom 30. Mai 2007, 2007/03/0090 mwN). Dazu muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen (vgl VwGH 30. September 2010, 2010/03/0116) und die Behörde nach der anzuwendenden Rechtslage in der betreffenden Angelegenheit einen Bescheid zu erlassen hatte (vgl etwa VwGH vom 16. Mai 2001, 2001/08/0046 und vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0527).

Im vorliegenden Fall ist die strittige Erledigung nicht als Bescheid bezeichnet, sie ist nicht in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert und sie enthält keine Rechtsmittelbelehrung. Entgegen dem Revisionsvorbringen lässt sich auch aus dem Wortlaut der Erledigung nicht zweifelsfrei ableiten, dass damit eine normative, der Rechtskraft fähige Entscheidung erfolgte, zumal die belangte Behörde in dem Schreiben nur auf "Ersuchen" (nicht aber auf Anträge) um Parteienförderung Bezug nahm (vgl dazu gleich) und diesbezüglich ihre Rechtsansicht bekanntgab, warum den "Ersuchen" nicht entsprochen werden könne.

Gegen eine Qualifikation der Erledigung als Bescheid spricht auch, dass das NÖ ParteienfinanzierungsG in seinem § 1 ("Grundsätzliches") festhält, dass "das Land als Träger von Privatrechten die Tätigkeit der politischen Parteien in Niederösterreich nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes" fördert, also die Parteienförderung ausdrücklich dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zuordnet. Anders als die revisionswerbenden Parteien ausführen, sieht (zumindest) der im gegenständlichen Verfahren relevante § 3 NÖ ParteienfinanzierungsG, der die (jährliche) Förderung von im Landtag von Niederösterreich vertretenen politischen Parteien entsprechend den bei der jeweils letzten Landtagswahl erreichten gültigen Stimmen vorsieht, auch kein Antragsrecht der Parteien vor. Insofern unterscheidet sich die Rechtslage im gegenständlichen Fall von jener, die den in der Revision (zum Beleg einer Qualifikation der strittigen Erledigung als Bescheid) zitierten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 14.803/1997 und 17.818/2006) zugrunde lag, weil darin vor allem dem Umstand, dass die dort maßgeblichen Gesetze ein Antragsrecht vorsahen und ein "Antrag" grundsätzlich einen Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung begründe, besondere Bedeutung beigemessen worden ist.

Vor diesem Hintergrund kann die angefochtene Erledigung nicht als Bescheid qualifiziert werden, sodass die dagegen gerichtete Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG mangels Vorliegens eines tauglichen Beschwerdegegenstandes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Wien, am 26. März 2014

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