Normen
ASVG §203 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
BKUVG §101 Abs1;
DGO Graz 1957 §37a Abs3;
DGO Graz 1957 §37a;
UFV Graz 2003 §31;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ASVG §203 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
BKUVG §101 Abs1;
DGO Graz 1957 §37a Abs3;
DGO Graz 1957 §37a;
UFV Graz 2003 §31;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang, somit insoweit, als die Gewährung einer Versehrtenrente über den 30. September 2011 hinaus abgelehnt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stand bis zur ihrer Versetzung in den zeitlichen Ruhestand als Sonderkindergartenpädagogin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.
Mit Bescheid des Unfallfürsorgeausschusses beim Personalamt der Landeshauptstadt Graz vom 17. April 2013 wurde der von der Beschwerdeführerin am 29. November 2010 auf dem Weg in die Arbeit erlittene Verkehrsunfall über ihren Antrag vom 18. Oktober 2011 gemäß § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO-Graz) iVm § 3 der Verordnung des Gemeinderates vom 3. Juli 2003 über die Unfallfürsorge für die Bediensteten der Stadt Graz, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (Unfallfürsorgesatzung 2003) und § 90 Abs. 1 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG) als Dienstunfall anerkannt. Ihr Antrag auf Gewährung einer Versehrtenrente wurde hingegen abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die geltend gemachten Sprachstörungen nicht kausal auf den Dienstunfall zurückzuführen seien.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid insoweit Folge, als sie der Beschwerdeführerin gemäß § 37a DO-Graz iVm § 101 B-KUVG eine Versehrtenrente für den Zeitraum von 1. März 2011 bis 30. September 2011 zuerkannte.
Zur Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Univ.- Prof. Dr. PK (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof), im erstinstanzlichen Verfahren in den Gutachten vom 25. November 2011 und vom 8. März 2012 einen Zustand nach einem Schädelhirntrauma mit leichten Wortfindungsstörungen unter Stress, Nervosität verbunden mit einer sehr hohen Erwartungshaltung, genauer Persönlichkeit sowie einer Fixierung auf die Sprachproblematik festgestellt habe und aufgrund der "Sprachproblematik" von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 % ausgegangen sei. Der Sachverständige habe auch ausgeführt, dass der Verlauf der Symptomatik eine Besserung der Beschwerden erwarten lasse.
Vorerst habe von ihm nicht genau geklärt werden können, inwieweit für diese Diagnosen das Unfallgeschehen wesentlich oder unwesentlich kausal gewesen sei. Unter der Annahme aber, dass vor dem Unfall keine medizinischen Diagnosen vorhanden gewesen und die Wortfindungsstörungen gleich nach dem Unfall aufgetreten wären, habe das Unfallgeschehen eine dissoziative Störung mit Sprachproblemen kausal ausgelöst.
In seinem dritten Gutachten vom 23. März 2012 habe der Sachverständige sodann ergänzt, dass zunächst durch den Unfall eindeutig eine Symptomatik ausgelöst worden sei; dann sei es im Vergleich zur Erstbegutachtung im Jahr 2011 zu einem raschen Rückgang der Symptome gekommen. Ab Erstellung des dritten Gutachtens seien die Symptome jedoch fassbar geblieben, was bedeute, dass kausale und akausale Faktoren (wie insbesondere die Persönlichkeitsstruktur) nebeneinander bestanden hätten, wobei deren Relation zueinander aber unklar gewesen sei.
Das im Weiteren auf Anraten des Sachverständigen Univ.- Prof. Dr. PK eingeholte klinisch-psychologische Gutachten von Dr. RS vom 13. Juni 2012 habe ergeben, dass bei der Beschwerdeführerin eine Anpassungsstörung mit gemischten Störungen von Gefühlen und Sozialverhalten mit der Diagnose einer dissoziativen Störung vorliege. Er habe bei der Beschwerdeführerin ein hohes berufliches Anspruchsniveau an die eigene Leistungsfähigkeit bei gleichzeitig bestehenden ausgeprägten Versagensbefürchtungen festgestellt, wodurch sich Vermeidungstendenzen verfestigten. Bestehende Beschwerden würden, wenn sie sich wie im vorliegenden Fall sprachlich manifestierten, eine gute Möglichkeit als Ausweg bieten. Auch Dr. RS sei zum Ergebnis gelangt, dass mangels Kenntnis einer etwaigen medizinischen Vorgeschichte von Annahmen zur Kausalität auszugehen sei; solange keine Anhaltspunkte für psychische Probleme vor dem Unfall bestünden, gehe er daher von einer Kausalität des Unfalls für die Wortfindungsstörungen aus.
Unter Berücksichtigung verschiedener (im angefochtenen Bescheid einzeln aufgezählter) medizinischer Unterlagen habe der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. PK am 8. November 2012 folgendes weitere Gutachten erstattet:
"1.) In den vorliegenden Aufzeichnung aus der Zeit vor dem Unfall finden sich keinerlei Aufzeichnungen über neurologischpsychiatrische Ausfälle bzw. eine entsprechende Symptomatik.
2.) In den vorliegenden Aufzeichnung aus der Zeit nach dem Unfall insbesondere unter Berücksichtigung der beiden Aufenthalte im Jahr 2011 in der Rehabklinik Judendorf-Straßengel (20.12.2010 - 20.1.2011 und 30.5. - 26.6.2011) finden sich keine Ausfälle in neurologischer Hinsicht. In psychiatrischer Hinsicht finden sich lediglich grenzwertige Veränderungen in der objektiven Testung, dies obwohl von Seiten der (Beschwerdeführerin) massive Ausfälle berichtet werden. Auffallend ist in allen psychologischen Befunden die hohe Genauigkeit beim Arbeiten, welche auch die beschriebenen Veränderungen bei Testresultaten durchaus erklären kann. Dies stimmt auch damit überein, dass in beiden stationären Aufenthalten weder die Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms, noch eine unfallcausale psychiatrische Diagnose gestellt wurde.
3.) Wenn man eine Unfallcausalität von Beschwerden in Erwägung zieht, dann müsste von einem zeitlichen Naheverhältnis zum Unfallgeschehen ausgegangen werden, in welchem sich eindeutige pathologische Veränderungen finden. Der Begriff eines 'zeitlichen Naheverhältnisses' ist wie folgt zu definieren:
a) In neurologischer Hinsicht wären direkt nach dem Unfall objektivierbare Beschwerden mit einer eindeutigen Symptomatik zu erwarten, dies in Kombination mit hirnorganischen Veränderungen in einem bildgebenden Verfahren (CT oder MRT). Dies ist nicht der Fall.
b) In psychiatrischer Hinsicht müssten - wie bereits in meinem letzten Schreiben zur Beantwortung der gestellten Fragen ausgeführt - eindeutige pathologische Veränderungen vorhanden sein, welche spätestens innerhalb von 3 Monaten, unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur jedoch eher früher aufgetreten sind. Auch dies ist nicht der Fall.
4.) Die Sprachstörungen, welche erstmals im Gutachten Dris. P am 23.6.2011 dokumentiert sind und im Rahmen meiner ersten Begutachtung am 25.8.2011 auch auffällig waren, sind somit aber eindeutig nicht mehr dem Unfall zuzuordnen, gleiches gilt auch für die restlichen psychiatrischen Symptome, welche ab diesem Zeitpunkt dokumentiert sind.
5.) Es ist davon auszugehen, dass - wie bereits in den zahlreichen Vorgutachten festgehalten - die Persönlichkeitsstruktur den wesentlichen Ansatz für die Entwicklung der Symptomatik darstellt bzw. dass hier auch noch andere Faktoren mit hereinspielen, welche sich jedoch nicht objektiv erfassen lassen, da hier die persönlichen Lebensverhältnisse sowie auch die Lebensumstände erfahrungsgemäß mit hereinspielen. Eindeutig erscheint jedenfalls, dass eine unfallcausale Zuordnung der Symptomatik unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde nicht gegeben ist."
Das - so fasste die belangte Behörde zusammen - bedeute, der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. PK sei zum Ergebnis gekommen, dass die gegenständlichen Sprachprobleme nicht kausal auf den Unfall zurückzuführen wären, weil diese erstmals erst etwa siebeneinhalb Monate nach dem Unfall am 23. Juni 2011 diagnostiziert worden seien, eine Kausalität aber nur dann bestehe, wenn die pathologischen Veränderungen spätestens binnen drei Monaten nach dem Unfall aufgetreten wären, sofern nicht bereits vor dem Unfall psychiatrische Probleme bestanden hätten. In Erwiderung auf ein von der Beschwerdeführerin vorgelegtes Privatattest der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. B-H vom 3. Dezember 2012 habe der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. PK ein organisches Psychosyndrom im vorliegenden Fall ausgeschlossen.
Die Behörde erster Instanz sei daher zum Ergebnis gelangt, dass die Sprachstörungen eindeutig nicht mehr dem Unfall zuzuordnen seien, weil sie erstmals am 23. Juni 2011 und damit etwa siebeneinhalb Monate nach dem Unfall dokumentiert worden seien.
Da die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung weiterhin vorgebracht habe, dass die Sprachstörungen unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten seien und die Fragen, ob es psychische Diagnosen vor dem Unfall gegeben habe und ob die Sprachstörungen schon in den ersten drei Monaten nach dem Unfall vorhanden gewesen wären, nicht gänzlich geklärt gewesen seien, sei von der belangten Behörde ein weiteres Ermittlungsverfahren durchgeführt worden.
Im Hinblick auf die Zeugenaussage der ehemaligen Vorgestzten der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 2012 sei der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. PK daher beauftragt worden, die Frage des Unfalls als Gelegenheitsursache zu prüfen, worauf er in der sachverständigen Stellungnahme vom 7. Mai 2013 ausgeführt habe:
"(...)
1. Der Unfall war am 29.11.2010, das erste Mal wurde die Sprachstörung im Gutachten Dr. P vom 23.6.2011 festgestellt, somit mehr als ein halbes Jahr nach dem gegenständlichen Vorfall.
2. Im Hinblick auf das Auftreten einer causal begründeten Sprachstörung sind prinzipiell 2 Überlegungen anzustellen:
a) Es handelt sich um eine Folge des Schädelhirntraumas: Dann wäre dies eine neurologische Störung, welche anfangs sicherlich deutlichere Beschwerden hätte machen müssen und nicht erst verzögert. Hinzu kommt, dass das Schädelhirntrauma im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen eindeutig als leicht zu klassifizieren ist. Ein solches leichtes Schädelhirntrauma verursacht keine dauerhaften neurologischen Ausfälle und somit auch keine Sprachstörung.
b) Es handelt sich um eine psychiatrische Symptomatik durch den Unfall: Dann wäre dafür nicht das Schädelhirntrauma als solches im Sinne einer organischen Ursache sondern die Eindrücke des Unfalls als Auslöser zu sehen. In einem solchen Fall handelt es sich um eine psychische Störung, welche aus psychiatrischer Erfahrung längstens nach einem Zeitraum von 3 Monaten nach dem Ereignis auftreten kann. Alles was danach ist, lässt sich unfallcausal nicht mehr zuordnen.
Somit lässt sich die Sprachstörung unter Berücksichtigung der vorhandenen Chronologie weder neurologisch noch psychiatrisch unfallcausal nicht zuordnen.
3. Damit ist nun aber auch zu allfälligen acausalen Ursachen Stellung zu nehmen: Eine solche Sprachstörung kann durch vielfältige Ursachen ausgelöst werden. Neurologische Ursachen waren nicht erhebbar, somit ist von einer psychiatrischen Symptomatik auszugehen. Eine solche psychiatrische Symptomatik kann mit und ohne auslösende Ursache auftreten, wobei solche Ursachen in mehr oder weniger ausgeprägtem Ausmaß sein können:
Dies reicht von Schlafstörungen, über Gefühle, unverstanden zu sein bis hin zu schweren zwischenmenschlichen Problemen oder familären bzw. anderen Sorgen. Im Prinzip gilt für die psychiatrisch verursachte Sprachstörung das Gleiche, wie dies für die Entstehung einer depressiven Symptomatik anzusetzen ist:
Depressionen können ohne äußere Ursache eintreten oder aber auch durch einen bestimmten Vorfall (z.B. eines nahestehenden Angehörigen) ausgelöst werden. Doch all dies ist acausal!
4. Somit müsste man die Frage, ob die Sprachstörungen auch ohne Unfall aufgetreten wären, eigentlich mit folgendem Satz aus meiner Sicht beantworten: Die Sprachstörungen sind ohne Unfall aufgetreten, der Unfall hat darauf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Einfluss gehabt."
In dem in der Folge beauftragten Ergänzungsgutachten vom (richtig:) 23. Mai 2013 habe sich Dr. RS im wesentlichen dem Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. PK angeschlossen und wiederholt, dass es für eine Kausalität spräche, wenn die Sprachstörungen schon innerhalb von drei Monaten nach dem Unfall aufgetreten wären.
Im Hinblick auf die sodann erfolgte - im angefochtenen Bescheid näher wiedergegebene - Zeugenaussage der Hausärztin der Beschwerdeführerin Dr. E K-H über den psychischen Zustand der Beschwerdeführerin vor und nach dem Unfall, an deren Richtigkeit für die belangte Behörde kein Anlass zu zweifeln bestehe, habe der Sachverständige Univ.-Prof Dr. PK am 5. Juli 2013 folgende zusammenfassende Beurteilung in seinem Ergänzungsgutachten abgegeben:
"Unter Berücksichtigung dieser nun zusätzlich vorliegenden Informationen ist zunächst festzuhalten, dass sich folgende neue Erkenntnisse ergeben:
Bereits am 9.6.2010, also vor dem Unfall wurden von der Hausärztin die Diagnosen 'Burnout, Mobbing am Arbeitsplatz, Schlafstörungen' festgehalten und eine psychiatrische Therapie eingeleitet.
Nach dem Unfall wurde von der Hausärztin am 11.3.2011 eine antidepressive Therapie eingeleitet und die Diagnose einer reaktiven Depression gestellt. Eine Behandlung bei einem Psychiater oder Psychologen erfolgte nicht.
Erstmals ist bei der Hausärztin am 23.6.2011 die Diagnose 'Wortfindungsstörung' zu finden, wobei in der Folge wiederum eine Cipralextherapie bis 31.8.2011 (Letztverordnung) aufscheint und dazwischen eine Besserung vermerkt ist.
Im Jahr 2012 gibt es keinerlei Hinweise auf psychiatrische Diagnosen oder Therapien.
Aus diesen schriftlichen Unterlagen ergibt sich somit kein Ansatz, dass eine psychiatrische Symptomatik mit Wortfindungsstörungen oder aber auch eine Notwendigkeit einer erforderlichen Behandlung in psychiatrischer Hinsicht wegen psychischer Symptome bestanden hat.
Im Gegensatz dazu führt Frau Dr. K-H in ihrer Zeugeneinvernahme aus, dass bereits am 10.12.2010 Gedächtnisstörungen, Wortfindungsstörungen und eine Verlangsamung vorhanden war. Auffallend ist dabei, dass sich außer dieser Zeugenaussage keinerlei Hinweise auf eine psychiatrische Symptomatik innerhalb der ersten 3 Monate finden, welche eine Behandlungsbedürftigkeit begründet haben. Auch im Rahmen der Ambulanzkarte des LSF Graz vom 13.12.2010 findet sich keine psychiatrische Therapie, wobei sich hier aber die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsreaktion und eines Schmerzsyndroms nach multiplen Prellungen und Kniegelenkserguss rechts findet.
Prinzipiell ist die Zeugenaussage der Hausärztin eine Frage der Beweiswürdigung.
Wenn man dieser Zeugenaussage folgt und berücksichtigt, dass es bereits im Sommer vor dem Unfall psychiatrische Beschwerden mit einer antidepressiven Behandlung gegeben hat und die psychiatrische Diagnose des LSF am 13.12.2010 mitbedenkt, ist in dieser Zeit eine psychische Symptomatik im Sinne einer deutlichen Belastung durchaus wahrscheinlich. Dies hat zwar zu keiner Behandlung geführt, es wäre die Konstellation aber im Sinne einer Anpassungsstörung (F43.2) denkbar, welche wie jede psychische Symptomatik - unabhängig von der Schwere - in unterschiedlicher Form auftreten kann. Hier ist auch eine dissoziative Symptomatik im Sinne einer Sprachstörung nicht auszuschließen.
Nach der internationalen ICD-10 Klassifikation wird die Anpassungsstörung wie folgt definiert:
Anpassungsstörungen sind Zustände von subjektiver Bedrängnis oder emotionaler Beeinträchtigung, die im allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder auf ein belastendes Lebensereignis auftreten. Wesentlich dabei ist, dass die Symptomatik innerhalb eines Zeitraumes von maximal 1 - 3 Monate nach dem Ereignis auftritt.
Anpassungsstörungen klingen meist innerhalb von 6 Monaten, in seltenen Fällen innerhalb von maximal 2 Jahren vollständig ab. Bei einem Weiterbestehen ist von anderen Faktoren auszugehen, welche dafür verantwortlich sind.
Wenn man der Zeugenaussage von Frau Dr. K-H folgt, würde somit von einer psychiatrischen Beeinträchtigung im Sinne einer dissoziativen Symptomatik auszugehen sein, welche unfallcausal ausgelöst wurde. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen würde dies zu einer Symptomatik führen, welche unfallcausal zunächst behindernd gewesen wäre, deren längerfristiges Fortbestehen schließlich aber auf andere Faktoren zurückzuführen wäre. Das würde bedeuten, dass direkt nach dem Unfall eine MdE vorhanden gewesen sein könnte, diese unfallcausale MdE aber schließlich abgeklungen ist und dann nur mehr andere acausale Faktoren für weitere reklamierte Beeinträchtigungen verantwortlich sind. Ein möglicher Ansatz im Hinblick auf eine unfallcausale MdE wäre, einen Zeitraum von 10 Monaten ab dem Unfall mit 20 % zu bewerten. Danach ist der Wert abgesunken. Die Zeitspanne von 10 Monate mit 20 % MdE würde hier deshalb eingesetzt, da laut Unterlagen der Hausärztin die letzte Verordnung von Cipralex im August 2011 erfolgt ist. Bereits zuvor wurde von einer Besserung gesprochen, da man aber von Schwankungen ausgehen muss, erschiene es sinnvoll, einen pauschalierten Wert anzusetzen und dies wäre ein Wert von 20 %.
Abschließende Stellungnahme:
Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass vom unterzeichneten SV hier nur ein Szenarium anhand der nun zusätzlich vorliegenden Informationen gezeichnet werden kann, da die Symptomatik der Sprachstörung bzw. einer psychiatrisch relevanten Diagnose mit Behandlung im Zeitraum von 3 Monaten ab dem Unfall außer in der Schilderung der Hausärztin nirgends aufscheint. Auch in der Patientenkartei der Hausärztin selbst finden sich keine entsprechenden Eintragungen, sondern es liegt lediglich ihre Zeugenaussage vor. Und Zeugenaussagen sind prinzipiell eine Frage der Beweiswürdigung, diese ist jedoch nicht vom SV sonst von der entsprechenden Instanz vorzunehmen."
Die belangte Behörde hielt als Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens anschließend fest, dass der Zeugin Dr. K-H hinsichtlich ihrer medizinischen Diagnosen betreffend die Beschwerdeführerin volle Beweiskraft zukomme. So habe sie bei ihrer Befragung angegeben, dass sie unter der in der Karteikarte vermerkten Amnäsie auch Wortfindungsstörungen verstehe. Die Beschwerdeführerin habe aber auch bereits ein bis zwei Jahre vor dem Unfall an medikamentös behandelten psychischen Beschwerden gelitten, die als 'Schlafstörungen, Mobbing am Arbeitsplatz und Burnout' beschrieben worden seien. Berücksichtige man diese psychiatrischen Beschwerden und die entsprechende Medikation sowie die glaubwürdige psychiatrische Diagnose des LSF am 13. Dezember 2010, in der eine posttraumatische Belastungsreaktion und eine retrograde Amnäsie aber kein psychiatrischer Befund oder eine Therapie beschrieben worden seien, sei in der Zeit unmittelbar nach dem Unfall eine psychische Symptomatik im Sinn einer Anpassungsstörung anzunehmen, bei der es zu einer dissoziativen Symptomatik im Sinne einer Sprachstörung gekommen sei.
Anpassungsstörungen würden meist innerhalb von sechs Monaten, spätestens aber innerhalb von maximal zwei Jahren, vollständig abklingen. Im Fall eines Weiterbestehens sei von anderen Faktoren auszugehen, die gegenständlich in der sich aus den Gutachten ergebenden Persönlichkeitsstruktur der Beschwerdeführerin, aber auch etwa in den Belastungen der momentanen Verfahren zu finden seien.
Es sei somit von einer psychiatrischen Beeinträchtigung im Sinn einer dissoziativen Symptomatik auszugehen, die unfallcausal ausgelöst worden sei. Dies habe zu einer Symptomatik geführt, die unfallcausal zunächst behindernd gewesen sei, deren längerfristiges Fortbestehen schließlich aber auf andere Faktoren zurückzuführen gewesen sei. Das bedeute, dass direkt nach dem Unfall eine MdE vorhanden gewesen sei. Diese unfallcausale MdE sei aber schließlich abgeklungen und seien dann nur mehr andere acausale Faktoren für die weiter reklamierten Beeinträchtigungen verantwortlich. Die unfallcausale MdE werde mit einen Zeitraum von zehn Monaten ab dem Unfall mit 20 % bewertet. Danach sei der Wert unter 20 % gesunken. Die Zeitspanne ergebe sich im Hinblick auf die letzte Verordnung von Cipralex im August 2011. Bereits zuvor sei zwar schon von einer Besserung auszugehen. Da aber von Schwankungen auszugehen sei, erscheine es medizinisch sinnvoll, einen pauschalierten Wert von 20 % bis zu diesem Zeitpunkt festzulegen.
Nach beweiswürdigenden Erwägungen führte die belangte Behörde rechtlich zusammengefasst aus, dass der Unfall nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der maßgeblichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur dann nicht eine wesentliche Ursache für die gegenständliche Diagnose sein könne, wenn diese entweder von selbst oder so leicht ansprechbar gewesen sei, dass es zur Auslösung dieser akuten Erscheinungen nicht besonderer, unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurft habe, sondern diese von selbst eingetreten seien oder jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis ebensolche Folgen in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit gleichfalls herbeigeführt hätte. Wirkten für die Entstehung einer Körperschädigung eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis zusammen, seien nach dieser Judikatur beide Umstände Bedingungen für das Unfallgeschehen. Dafür, ob die Auswirkungen des Unfalls eine rechtlich wesentliche Teilursache des nach dem Unfall eingetretenen Leidenszustandes seien, sei entscheidend, ob dieser Zustand auch ohne den Unfall etwa zur gleichen Zeit eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können, ob also die äußere Einwirkung (Unfall) wesentliche Teilursache oder nur Gelegenheitsursache gewesen sei.
Der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. PK sei zum Ergebnis gekommen, dass die vorliegende Annpassungsstörung - dissoziative Störung mit Sprachstörungen, durch den Unfall ausgelöst worden sei. Solche Störungen würden aber in medizinischer Hinsicht jedenfalls spätestens nach zwei Jahren abklingen, wobei die gegenständliche Störung zehn Monate nach dem Unfall unter eine MdE von 20 % gesunken sei. Durch die medizinisch fachkundige Zeugin Dr. K-H und in Kombination mit den bisherigen Verfahrensergebnissen über die Persönlichkeitsstruktur der Beschwerdeführerin sei der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. PK zu der sehr plausiblen und exakten medizinischen Einschätzung gelangt, dass die gegenständliche Anpassungsstörung, solange sie unfallkausal gewesen sei, jedenfalls völlig habe abklingen müssen.
Abschließend verwies die belangte Behörde dazu auf das Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. PK vom 7. Mai 2013, wonach die Sprachstörungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch ohne den Unfall aufgetreten wären, weil für die gegenständlich verursachte Sprachstörung im Prinzip das Gleiche wie für die Entstehung einer depressiven Symptomatik gelte, die ohne äußere Ursache eintreten oder aber auch durch einen bestimmten Vorfall ausgelöst werden könnten. Durch die festgestellte Vorerkrankung der Beschwerdeführerin erscheine die Schlussfolgerung des Sachverständigen, dass der Unfall nur eine Gelegenheitsursache gewesen sei, daher sehr plausibel und nachvollziehbar.
Es sei daher eine - im angefochtenen Bescheid näher berechnete - Versehrtenrente gemäß § 101 Abs. 1 B-KUVG ab dem dritten und bis zum zehnten Monat nach dem Unfall zuzuerkennen gewesen, weil danach die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit keine 20 % mehr erreicht habe.
Gegen diesen Bescheid - soweit der Beschwerdeführerin lediglich bis 30. September 2011 die Versehrtenrente zuerkannt wurde - richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, die die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt, erwogen hat:
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grunde des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung.
§ 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, wurde durch die Novelle LGBl. Nr. 12/1969 eingefügt.
Gemäß § 37a Abs. 1 DO-Graz hat die Stadt für die Unfallfürsorge ihrer Beamten Sorge zu tragen. Nach Abs. 3 leg. cit. gelten hinsichtlich der Leistungen der Unfallfürsorge die entsprechenden Bestimmungen des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200/1967, sinngemäß.
Die im vorliegenden Fall relevante Bestimmung des § 101 B-KUVG lautet (auszugsweise):
"Anspruch auf Versehrtenrente
§ 101. (1) Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.
(2) ... "
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2008/09/0188, unter Hinweis auf bisherige zu § 37a DO-Graz ergangene Rechtsprechung ausgeführt hat, sind Kausalitätsfragen im Zusammenhang mit § 101 B-KUVG, weil diese Bestimmung dem § 203 Abs. 1 ASVG entspricht, an Hand der zu den unfallversicherungsrechtlichen Bestimmungen ergangegenen reichhaltigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu lösen.
Wenn eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis für die Entstehung einer Körperschädigung zusammenwirken, so sind nach dieser Judikatur des Obersten Gerichtshofes beide Umstände Bedingungen für das Unfallgeschehen. Dafür, ob die Auswirkungen des Unfalls eine rechtlich wesentliche Teilursache des nach dem Unfall eingetretenen Leidenszustands sind, ist entscheidend, ob dieser Zustand auch ohne den Unfall etwa zur gleichen Zeit eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können, ob also die äußere Einwirkung (Unfall) wesentliche Teilursache oder nur Gelegenheitsursache war (vgl. auch dazu das Erkenntnis 27. Jänner 2011, 2008/09/0188, mit Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 21. Dezember 1993, 10 ObS 234/93 = SSV-NF 7/127; siehe weiters etwa das zum Heeresversorgungsgesetz (HVG) ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2002, 99/09/0013).
Eine krankhafte Veranlagung ist dann alleinige oder überwiegende Ursache für eine eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustands, wenn sie so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis ebensolche Folgen in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit gleichfalls herbeigeführt hätte. Allerdings genügt in diesem Zusammenhang nicht der Beweis einer bloß abstrakten Möglichkeit; vielmehr muss eine konkrete, zumindest gleich hohe Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bewiesen werden (vgl. zum Ganzen das bereits erwähnte Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2008/09/0188, mwN).
Die Bedeutung der Begründung eines Bescheides liegt in der Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumtion dieses Sachverhalts unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem Verwaltungsgerichtshof möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. unter vielen das Erkenntnis vom 19. März 2014, 2013/09/0159).
Bei einander widersprechenden Gutachten hat die Behörde nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu prüfen, welchem von ihnen höhere Glaubwürdigkeit beizumessen ist. Dabei hat sie jene Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen (vgl. das Erkenntnis vom 5. September 2013, 2013/09/0005, mwN). Dem Gutachten eines Sachverständigen kann dabei von den Parteien auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegen getreten werden, als sie Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Die Behörde hat ein Gutachten daher auf seine Vollständigkeit (also ob es Befund und Gutachten im engeren Sinn enthält) und seine Schlüssigkeit zu überprüfen. Ob die Behörde einen weiteren Sachverständigen für notwendig hält, ist dabei von ihr selbst zu beurteilen. Wenn allerdings das bereits vorliegende Gutachten nicht vollständig oder nicht schlüssig wäre, müsste von Amts wegen ein anderer Sachverständiger herangezogen werden (siehe u. a. das Erkenntnis vom 25. Juni 2013, 2012/09/0132).
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht:
So führte die belangte Behörde in ihrer Begründung - nach zutreffender Wiedergabe der oben dargestellten Rechtsprechung zu Kausalität und wesentlicher Bedingung in Abgrenzung zu einer bloßen Gelegenheitsursache eines Unfalls für einen Leidenszustand -
zunächst aus, dass der Sachverständige zum Ergebnis komme, "dass die gegenständliche Anpassungsstörung - dissoziative Störung mit Sprachstörungen, durch den Unfall ausgelöst wurde". (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof) Zuvor hatte sie im angefochtenen Bescheid als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens festgehalten, dass "somit von einer psychiatrischen Beeinträchtigung im Sinne einer dissoziativen Symptomatik auszugehen (sei), welche unfallcausal ausgelöst wurde". Insoweit ging die belangte Behörde davon aus, dass der als Dienstunfall anerkannte Verkehrsunfall vom 29. November 2010 wesentliche (Teil‑)Ursache für die (unmittelbar) danach bei der Beschwerdeführerin aufgetretenen Sprachstörungen war und bejahte dementsprechend den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Versehrtenrente dem Grunde nach zu Recht.
In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde allerdings unter Verweis auf die von diesem Sachverständigen am 7. Mai 2013 - und damit vor der Zeugenaussage der Hausärztin der Beschwerdeführerin - erstattete Gutachtensergänzung aus, dass die Sprachstörungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch ohne den Unfall aufgetreten wären, sodass "der Unfall nur eine Gelegenheitsursache" gewesen sei.
Es stellt nun aber einen logisch nicht aufzulösenden Widerspruch in sich dar, ein und dasselbe Ereignis sowohl als wesentliche Teilursache als auch als Gelegenheitsursache zu qualifizieren. Die Begründung der belangten Behörde steht daher insoweit mit sich selbst in Widerspruch, wodurch der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist, was bereits - im Umfang der Anfechtung - zu seiner Aufhebung führen musste.
Die belangte Behörde hat die Rechtslage aber auch insofern verkannt, als sie - den Ausführungen des Sachverständigen folgend -
davon ausging, dass die Sprachstörungen zwar unfallcausal ausgelöst worden seien, "diese unfallcausale MdE aber schließlich abgeklungen ist und nur mehr andere acausale Faktoren für weitere reklamierte Beeinträchtigungen verantwortlich sind", und sie deshalb die Versehrtenrente mit zehn Monaten nach dem Unfallereignis zeitlich befristete.
Die Rechtsprechung (vgl. OGH vom 28. Mai 2002, 10 ObS 174/02i) hat zu diesen sogenannten Anlagefällen, also wenn der Gesundheitszustand zwar real durch eine kausale Einwirkung aus dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung entstanden ist, er jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach innerhalb kurzer Zeit in ähnlicher Schwere auch auf Grund einer schicksalshaften inneren Anlage entstanden wäre, ausgeführt:
"Es handelt sich dabei um eine Problemlage, die im Schadenersatzrecht als überholende Kausalität bekannt ist. Im Schadenersatzrecht kommt bei Vorhandensein einer krankhaften Anlage die Ursächlichkeit einer früher herbeigeführten Körperverletzung nur insoweit in Betracht, als die krankhafte Anlage durch die Körperverletzung zum Ausbruch oder in die Entwicklung zum Schlimmeren oder zur Beschleunigung ihrer Entwicklung gebracht wurde (MGA, ABGB35 ENr 178 f zu § 1295 mwN ua). Im allgemeinen Schadenersatzrecht ist somit die Ersatzpflicht auf den sogenannten Verfrühungs- oder Verschlimmerungsschaden eingeschränkt. Auch bei der Schadensberechnung im privaten Unfallversicherungsrecht ist der Umstand, dass das betroffene Rechtsgut mit Sicherheit in einem späteren Zeitpunkt in gleicher Weise wie durch den Unfall geschädigt worden wäre, entsprechend zu berücksichtigen (vgl RdW 1992, 177 ua).
Demgegenüber muss die gesetzliche Unfallversicherung im Falle, dass ihre Leistungspflicht zu bejahen ist, nicht nur den Verfrühungsschaden oder Verspätungsschaden zahlen, sondern solange leisten, als der unfallbedingte Leidenszustand nicht gebessert ist; spätere hypothetische oder wirkliche Beeinträchtigungen der Gesundheit vermögen sie grundsätzlich nicht zu entlasten."
Dies bedeutet, dass kein Anspruch auf eine Leistung besteht, wenn einer krankhaften Veranlagung gegenüber dem Unfall die überragende Bedeutung zukommt, wenn also wegen der Veranlagung jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis etwa zur selben Zeit die Schädigung ausgelöst hätte (siehe die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2012, 2011/09/0113, und vom 4. Mai 1999, 97/08/0061). Wird jedoch die Kausalität des Unfallgeschehens für die eingetretene Gesundheitsschädigung bejaht, ist ein hypothetischer Verlauf der angenommen nachfolgenden (Reserve‑)Ursache zur Begrenzung der Zurechenbarkeit des kausal durch eine aus dem geschützten Bereich stammenden Ursache veranlassten Gesundheitsschaden zu diesem nicht mehr entscheidend, solange sich der Leidenszustand nicht tatsächlich gebessert hat (vgl. Müller in Der SV-Komm Hrsg Mosler/Müller/Pfeil, ASVG vor §§ 174 - 177, Rz 48f; und Tomandl in Tomandl, Sozialversicherungssystem 2.3.2., 4.1.4.A).
Im vorliegend zu beurteilenden Fall beurteilte der Sachverständige Univ-Prof. Dr. PK die auf die Sprachfindungsstörung zurückzuführende MdE noch in seinem Gutachten vom 8. März 2012 mit 20 %, sodass schon deshalb die lediglich bis 30. September 2011 befristete Zuerkennung einer Versehrtenrente nicht schlüssig ist.
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb im angefochtenen Umfang - im Hinblick auf die rechtlich unschlüssige Kausalitätsbeurteilung - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid auf Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts zu überprüfen (§ 41 Abs. 1 VwGG). Es ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag zur Feststellung des Sachverhalts die von der Beschwerdeführerin begehrte öffentliche mündliche Verhandlung hätte leisten können. Zudem wurde der Beschwerde im Ergebnis ohnedies stattgegeben, womit im fortzusetzenden Verfahren weitere Ermittlungen anzustellen sind und die Beschwerdeführerin die Möglichkeit hat, ihren Standpunkt im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens darzulegen. Angesichts der in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Rechte sowie nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise war somit im vorliegenden Fall die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausnahmsweise nicht geboten.
Dem steht auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen: Der EGMR sieht den Entfall der nach dieser Bestimmung grundsätzlich gebotenen öffentlichen Verhandlung dann als zulässig an, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Ausnahme davon rechtfertigen (vgl. etwa die Urteile des EGMR in den Fällen Jussila gegen Finnland, 23. November 2006, Nr. 73053/01; Bösch gegen Österreich, 3. Mai 2007, Nr. 17912/05; Hofbauer gegen Österreich2, 10. Mai 2007, Nr. 7401/04). Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände etwa dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder hochtechnische Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang aber auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis vom 24. März 2011, 2010/09/0223, mwN).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG.
Wien, am 18. Juni 2014
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