VwGH 2013/09/0131

VwGH2013/09/013118.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der E H in X, vertreten durch Knirsch Gschaider & Cerha Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Wipplingerstraße 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 2. Juli 2013, Zl. BMUKK-33.003/0005-IV/3/2013, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz nach Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
DMSG 1923 §1 Abs1;
DMSG 1923 §3;
DMSG 1923 §5;
MRKZP 01te Art1;
AVG §56;
DMSG 1923 §1 Abs1;
DMSG 1923 §3;
DMSG 1923 §5;
MRKZP 01te Art1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 19. August 1999 wurde festgestellt, dass die Erhaltung des im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Bürgerhauses in Waidhofen an der Ybbs, U-Platz (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), gemäß § 1 und § 3 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) im öffentlichen Interesse liege. Die Behörde erster Instanz stützte sich in ihrer Bescheidbegründung auf das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Mag. KB vom 2. November 1998, der Folgendes fest ausgeführt hatte:

"Das Haus U-Platz liegt in der geschlossenen Verbauung der unteren westlichen Platzfront unweit des ehemaligen Amstettner Stadttores. An seiner Rückseite schließt dieses Gebäude an die ehemalige Stadtmauer des 13. - 15. Jahrhunderts an, deren Kern, in den heutigen Bau integriert, noch weiterbesteht. Die Parzelle befindet sich in der Zone der 2. Stadterweiterung, die von ca. 1250 bis 1273 durchgeführt wurde. Die über Jahrhunderte gewachsene Bausubstanz des Bürgerhauses reicht im ältesten Kern bis in diese Periode zurück. Wie aus den Bauformen geschlossen werden kann, gehört der überwiegende Teil des Mauerwerks allerdings dem 16., die zahlreichen Gewölbe meist der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts an. Eine letzte, stark prägende Fassadenumgestaltung erfolgte um 1900. Von 1634 an lassen sich durchwegs Hutterermeister, deren Gerechtsame am Hause radiziert war, als Eigentümer nachweisen. 1848 betrieb hier der Seifensieder Eduard Sänger sein Gewerbe.

Der Bau erhebt sich zweigeschossig über tiefgestreckter Parzelle und schließt einen kleinen Hof ein. Der Vordertrakt zum Stadtplatz wird von einem Mansarddach mit Helmknauf und Wiener Taschenziegeldeckung abgeschlossen. Die vierachsige Platzfront zeigt im Obergeschoss eine Fassadengliederung der Zeit um 1900 (Ecktaschen mit kapitellartigen Schmuckelementen, profilleistengerahmte Fenster über Sohlbankgesims und Putzplattenparapeten). Am Erdgeschoss, das infolge des Einbaues von Eloxalauslagen in jüngerer Zeit nachteilig verändert wurde, blieb aus der gleichen Bauphase ein seitliches Steingewändeportal mit Originaltürblatt und schmiedeeisernem Oberlichtgitter erhalten. Die zweigeschossige Rückfront zur M-Straße (Nr. 9) ist weitgehend neu fassadiert, doch lässt sich an der Krümmung der Verlauf der Stadtmauer nachvollziehen.

Im Keller ist ein spätmittelalterliches Stichkappentonnengewölbe mit Schalbretterabdrucken erhalten, in Erd- und Obergeschoss finden sich dagegen mehrjochige Platzlgewölbe über Korbbogengurten, die, wie eine Spiegeldecke und der mit Schnitzelementen versehene Dachstuhl, in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts datieren. Ein Türdurchgang im hinteren Erdgeschossflur mit abgefastem Rechteckgewände und aufgedoppeltem Türblatt zeigt, dass noch Binnenteilungen der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts vorhanden sind.

Die an der Mündung des Schwarzbaches in die Ybbs strategisch günstig positionierte Stadt wurde ab der Mitte des 12. Jahrhunderts bis gegen 1400 unter bischöflich freisingischer Herrschaft in fünf Etappen planmäßig ausgebaut und erlangte um 1500 als stark befestigter Hauptort eines Gauhandelsverbandes mit ca. 250 ansässigen Schmieden im Bereich der niederösterreichischen Eisenwurzen höchste wirtschaftliche Blüte bzw. Bedeutung. Die vom Spätmittelalter bis gegen Ende der Freisinger Herrschaft (1803) prosperierende, auf Eisen verarbeitendem Gewerbe und Handel basierende Wirtschaftsentwicklung fand in der überlieferten urbanen Verbauung ihren architektonischen Ausdruck und ist noch heute weitgehend an der gotischen Grundstruktur bzw. der vorwiegend aus dem 15, und 16. Jahrhundert stammenden Bausubstanz ablesbar.

Diese Besonderheiten der alten Eisenstadt Waidhofen an der Ybbs werden durch den im Haus U-Platz gegebenen frühneuzeitlichen Typus des tiefgestreckt zweigeschossigen Seitenflurhauses mit kleinem Hof und nicht zuletzt durch dessen Einbindung in die ehemalige Stadtmauer signifikant repräsentiert bzw. dokumentiert. Darüberhinaus erwächst dem Gebäude durch seine Gestaltung - - hier sei vor allem auf die Umbauten der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts (Gewölbe, Dachstuhl) als Ausdruck bürgerlicher Wohn- und Baukultur am Ausgang der Freisinger Herrschaftsperiode verwiesen - auch baukünstlerische Qualität, die in ihrer Eigenart ebenso zu würdigen ist wie die Fassadengliederungen der letzten Jahrhundertwende. Diese Gegebenheiten verleihen dem Bürgerhaus besondere geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung.

Im Zusammenhang damit wird auch auf nachfolgende einschlägige Literatur verwiesen:

Adalbert KLAAR, Baualterpläne österreichischer Städte, Niederösterreich 5. Teil, hg. v. d. Akademie d. Wissenschaften, Wien 1983, Stadtplan Waidhofen an der Ybbs.

Friedrich RICHTER, Häuserchronik der Stadt Waidhofen an der Ybbs, Teil II - Untere Stadt, in:

Zeitschrift 'Bote von der Ybbs' vom 6.1.1989.

Friedrich RICHTER/Matthias SETTELE/Wolfgang SOBOTKA/Walter ZAMBAL, 800 Jahre Waidhofen an der Ybbs 1186-1986, Waidhofen an der Ybbs 1986, S. 161ff.

Gabriele RUSSWURM-BIRO, ungedr. Manuskript zum Dehio - Niederösterreich südlich der Donau, Stichwort 'Waidhofen an der Ybbs (Unterer Stadtplatz)', erscheint voraussichtlich 1999.

Bundesdenkmalamt (Hsg.), Atlas der historischen Schutzzonen in Österreich, Bd. 1, Städte und Märkte, Wien 1970

Bundesdenkmalamt (Hsg.), Kunstwerk Stadt, Salzburg 1988"

Die Behörde erster Instanz führte aus, dass das Bürgerhaus der Beschwerdeführerin einen integrierenden Bestandteil bzw. ein wichtiges Strukturelement der Altstadt von Waidhofen an der Ybbs, die in ihrer heutigen Form noch ein weitgehend homogenes Verbauungsgefüge einer mittelalterlichen Stadtanlage darstelle. Dieses Haus, dessen Bausubstanz vorwiegend aus dem 15./16. Jdh. stamme, dokumentiere durch eben diese Bauweise die wirtschaftliche Entwicklung der ehemaligen "Eisenstadt Waidhofen an der Ybbs" auf eindrucksvolle Weise. Hiezu komme, dass die überwiegend als spätbarocke baukünstlerische Ausgestaltung, die in Gewölben, Dachstuhl und Fassade besondere Entfaltung finde, einen eigenen schutzwürdigen Aspekt bilde.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der sie die Schutzwürdigkeit ihres Hauses nach dem DMSG bestritt. Dass ein Haus aus dem 15./16. Jdh. einen integrierenden Bestandteil einer Altstadt bilde, sei selbstverständlich, weil kein solches Gebäude denkbar sei, bei dem dies nicht der Fall wäre. Es stelle für österreichische Verhältnisse keine Seltenheit dar, dass einzelnes Mauerwerk des Hauses noch aus dem 16. Jdh. stammten. Daraus ließe sich kein öffentliches Interesse ableiten. Das Alter allein mache aus einem Werk noch kein Kunstwerk. Gewölbe, Dachstühle oder Fassaden aus der Barockzeit seien in Österreich noch zahlreich vorhanden, auch daraus ergebe sich kein öffentliches Interesse an der Erhaltung. Aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts stammende Schnitzelemente auf Dachstühlen seien ebenfalls nichts Seltenes. Wer das Haus bewohnt habe, könne allenfalls nur dann für die Beurteilung eines öffentlichen Interesses von Bedeutung sein, wenn es sich um historische Persönlichkeiten gehandelt habe. Dies sei jedoch bei nicht genannten Hutterermeistern oder dem Seifensieder Eduard Senger nicht der Fall. Das Haus sei um die Jahrhundertwende (gemeint: vom 19. ins 20. Jahrhundert) komplett umgestaltet worden. Dabei sei auch der Charakter des Hauses grundlegend verändert worden, sodass von authentischer Baustubstanz, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse wäre, nicht mehr gesprochen werden könne.

Die belangte Behörde führte am 4. November 1999 einen Ortsaugenschein in Anwesenheit des Vertreters der Beschwerdeführerin sowie des Landeskonservators durch und hielt mit Note an die Beschwerdeführerin vom 11. April 2000 fest, dass bei einer Begehung amtssachverständig festgestellt worden sei, dass im Inneren des Objektes die alten Raumstrukturen im Wesentlichen erhalten geblieben seien. Das Haus, dessen hauptsächliche Bausubstanz aus dem 15. und 16. Jahrhundert stamme, weise eine ungebrochene Baukontinuität auf. Die im Laufe der Zeit erfolgten Veränderungen seien bereits selbst Teil der Geschichte des Objektes. An Details sei zusätzlich noch fachkundig hervorgehoben worden: - im Obergeschoss: barocke Türen, Gewölbe des 18. Jhd. und Spiegeldecken; - im Keller: spätmittelalterliches Schalungsgewölbe sowie das in der Fassade zur Mühlgasse verborgene Mauerwerk der spätmittelalterlichen Stadtmauer.

Hinsichtlich des Daches sei erläutert worden, dass trotz eines teilweisen inneren Ausbaues platzseitig der historische Dachstuhl aus der 2. Hälfte des 18. Jhd. im Wesentlichen erhalten geblieben sei. Die Beschwerdeführerin habe die Unterschutzstellung des Hauses als Eingriff in das Eigentum im Hinblick darauf abgelehnt, dass im Erdgeschoß eine Bäckerei eingemietet sei, es würden betriebswirtschaftliche Einschränkungen sowie insgesamt finanzielle und wirtschaftliche Belastungen befürchtet.

Die Beschwerdeführerin nahm mit Schreiben vom 24. Mai 2000 zu den Ergebnissen des Ortsaugenscheins Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass das Nachbarhaus nicht unter Denkmalschutz gestellt sei, dies sei sachlich nicht gerechtfertigt. Zwischen dem Nachbarhaus und dem Haus der Beschwerdeführerin sei ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben, weil fast die Hälfte des Hauses der Beschwerdeführerin an den Eigentümer des Nachbarhauses vermietet sei, der sowohl in seinem eigenen Haus als in dem damit verbundenen, von ihm angemieteten Teilen des Hauses der Beschwerdeführerin den Betrieb seiner Bäckerei und Konditorei führe. Eine Unterschutzstellung wäre mit derartigen Nachteilen verbunden, dass dadurch möglicherweise sogar der Weiterbestand seines Betriebes gefährdet wäre, dies hätte den Entgang sämtlicher Mieteinnahmen zur Folge, da eine Neuvermietung infolge der eingeschränkten Benützbarkeit faktisch unmöglich wäre.

Mit Stellungnahme vom 15. November 2000 sprach sich die Beschwerdeführerin neuerlich aus diesen Gründen gegen die Unterschutzstellung ihres Hauses aus.

Die belangte Behörde holte daraufhin ein Ergänzungsgutachten des Mag. KB vom 20. Juni 2001 ein, der wie folgt ausführte:

"a) Bedeutung des Objektes für sich allein betrachtet:

Es handelt sich um ein Bürgerhaus im frühneuzeitlichen Typus des tiefgestreckt zweigeschossigen Seitenflurhauses mit kleinem Hof, das rückseitig einen Abschnitt der aus dem 13.-

15. Jahrhundert stammenden Stadtmauer integriert. Durch seine über Jahrhunderte gewachsene Substanz dokumentiert es die bürgerliche Bau- und Wohnkultur des Spätmittelalters (Keller), der frühen Neuzeit (Umfassungsmauern und teilweise Binnenstruktur), des Barockzeitalters (Platzlgewölbe, Spiegeldecken, einige Türen, Dachstuhl) sowie des Historismus (Fassadengliederungen). Auch wenn einige Überformungen aus jüngerer Zeit festzustellen sind, bleibt das Gebäude mit den zahlreichen Veränderungen, die selbst bereits Teil seiner Geschichte sind, aussagekräftig für Bauformen und deren soziologische Hintergründe in den oben genannten Epochen.

Auf Grund der weit gehenden Verflechtung historisch wertvoller Substanz mit Adaptierungen der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts (wie z.B. Dachstuhl und Dachausbau) erscheint aus Sicht der Denkmalpflege eine allfällige Teilunterschutzstellung nicht sinnvoll.

b) Bedeutung des Objektes aus Beziehung und Lage zu anderen Objekten der Stadt:

Das Bürgerhaus bildet einen integrierenden Bestandteil bzw. ein wichtiges Strukturelement des Stadtdenkmals von Waidhofen an der Ybbs, das in seiner heutigen Form noch ein weitgehend homogenes Verbauungsgefüge einer mittelalterlichen Stadtanlage darstellt. Die an der Mündung des Schwarzbaches in die Ybbs strategisch günstig positionierte Stadt erfuhr um die Mitte des 12. Jahrhunderts bis gegen 1400 unter bischöflich freisingischer Herrschaft planmäßige Ausbauten in fünf Etappen und erlangte um 1500 als stark befestigter Hauptort eines Gauhandelsverbandes mit ca. 250 ansässigen Schmieden im Bereich der niederösterreichischen Eisenwurzen höchste wirtschaftliche Blüte bzw. Bedeutung. Die vom Spätmittelalter bis gegen Ende der Freisinger Herrschaft (1803) prosperierende, auf Eisen verarbeitendem Gewerbe und Handel basierende Wirtschaftsentwicklung fand in der überlieferten urbanen Verbauung ihren architektonischen Ausdruck und ist noch heute weitgehend in der gotischen Grundstruktur bzw. der vorwiegend aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammenden Bausubstanz ablesbar. Diese Besonderheiten der alten Eisenstadt Waidhofen an der Ybbs werden durch das Haus U-Platz signifikant repräsentiert. Darüber hinaus kommt dem in das Gebäude integrierten Stadtmauerabschnitt ein nicht unwesentlicher Dokumentationswert hinsichtlich der mittelalterlichen Stadtentwicklung und -befestigungsanlagen zu. Somit ist eine historische Beziehung zu diesem herausragenden Stadtdenkmal sowie die Lage innerhalb desselben gegeben.

Die Bedeutung des gegenständlichen Gebäudes als Teil eines Ensembles ist einerseits in Bezug auf das Stadtdenkmal, welches in der Gesamtheit seiner historischen Substanz ein Ensemble bildet, und andererseits in Bezug auf den U-Platz, der ein Teilensemble bildet, gegeben. Von Letzterem stehen bereits 27 Objekte bescheidmäßig unter Denkmalschutz. Weitere Unterschutzstellungen sind auf Grund noch durchzuführender Erhebungen vorgesehen.

Mag. K B, 20.6.01"

Im Gegenstand wurde schließlich ein weiteres Amtssachverständigengutachten der Amtssachverständigen DI BK und des Landeskonservators Dr. HF vom 28. März 2013 erstattet, das folgenden Wortlaut hat:

"BEFUND

Das Haus U-Platz liegt in der geschlossenen Verbauung der unteren westlichen Platzfront unweit des ehemaligen Amstettner Stadttores. An seiner Rückseite schließt dieses Gebäude an die ehemalige Stadtmauer des 13. - 15. Jahrhunderts an deren Kern, in den heutigen Bau integriert, noch weiterbesteht. Die Parzelle befindet sich in der Zone der 2. Stadterweiterung, die von ca. 1250 bis 1273 durchgeführt wurde.

Die an der Mündung des Schwarzbaches in die Ybbs, strategisch günstig positionierte Stadt wurde ab der Mitte des 12. Jahrhunderts bis gegen 1400 unter bischöflich freisingischer Herrschaft in fünf Etappen planmäßig ausgebaut und erlangte um 1500 als stark befestigter Hauptort eines Gauhandelsverbandes mit ca. 250 ansässigen Schmieden im Bereich der niederösterreichischen Eisenwurzen höchste wirtschaftliche Blüte bzw. Bedeutung. Die vom Spätmittelalter bis gegen Ende der Freisinger Herrschaft (1803) prosperierende, auf Eisen verarbeitendem Gewerbe und Handel basierende Wirtschaftsentwicklung fand in der überlieferten urbanen Verbauung ihren architektonischen Ausdruck.

Von 1634 an lassen sich durchwegs Hutterermeister, deren Gerechtsame am Hause radiziert waren, als Eigentümer des Hauses nachweisen. 1848 betrieb hier der Seifensieder Eduard Sänger sein Gewerbe.

Das Haus U-Platz erhebt sich zweigeschossig über tiefgestreckter Parzelle und schließt einen kleinen Hof ein. Der Vordertrakt zum Stadtplatz wird von einem Mansarddach mit Heimknauf und Wiener Taschenziegeldeckung abgeschlossen. Die vierachsige Platzfront zeigt im Obergeschoss eine Fassadengliederung der Zeit um 1900 (Eckfaschen mit kapitellartigen Schmuckelementen, profilleistengerahmte Fenster über Sohlbankgesims und Putzplattenparapeten). Am Erdgeschoss, das infolge des Einbaues von Eloxalauslagen in jüngerer Zeit verändert wurde, blieb aus der gleichen Bauphase ein seitliches Steingewändeportal mit Originaltürblatt und schmiedeeisernem Oberlichtgitter erhalten. Die zweigeschossige Rückfront zur M-Straße (Nr. 9) ist weitgehend neu fassadiert, doch lässt sich an der Krümmung der Verlauf der Stadtmauer nachvollziehen.

Im Keller ist ein spätmittelalterliches Stichkappentonnengewölbe mit Schalbretterabdrucken erhalten. Der überwiegende Teil des Mauerwerks gehört dem 16. Jahrhundert an. Ein Türdurchgang im hinteren Erdgeschossflur mit abgefastem Rechteckgewände und aufgedoppeltem Türblatt zeigt, dass noch Binnenteilungen der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts vorhanden sind.

Die zahlreichen Gewölbe sind überwiegend in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zu datieren wie die mehrjochigen Platzlgewölbe über Korbbogengurten in Erd- und Obergeschoss und die Spiegeldecke.

GUTACHTEN

Die Besonderheiten der Bebauung der alten Eisenstadt Waidhofen an der Ybbs werden durch den im Haus U-Platz gegebenen frühneuzeitlichen Typus des tiefgestreckt zweigeschossigen Seitenflurhauses mit kleinem Hof und nicht zuletzt durch dessen Einbindung in die ehemalige Stadtmauer signifikant repräsentiert. Durch seine über Jahrhunderte gewachsene Substanz dokumentiert es die bürgerliche Bau- und Wohnkultur des Spätmittelalters (Keller), der frühen Neuzeit (Umfassungsmauern und teilweise Binnenstruktur), des Barockzeitalters (Platzlgewölbe, Spiegeldecken, einige Türen) sowie des Historismus (Fassadengliederungen, Eingangsportal). Auch wenn einige Überformungen aus jüngerer Zeit festzustellen sind, bleibt das Gebäude mit den zahlreichen Veränderungen, die selbst bereits Teil seiner Geschichte sind, aussagekräftig als baukünstlerisches Dokument und belegt die soziologischen Verhältnisse in den oben genannten Epochen. Damit ist es ein signifikantes Dokument der historischen Bau- und Wohnkultur innerhalb der Stadt Waidhofen an der Ybbs.

Darüber hinaus bildet das Bürgerhaus einen integrierenden Bestandteil und ein wichtiges Strukturelement des Stadtdenkmals von Waidhofen an der Ybbs, das in seiner heutigen Form noch ein weitgehend homogenes Verbauungsgefüge einer mittelalterlichen Stadtanlage darstellt. Die planmäßig ausgebaute Stadt erlangte um 1500 als stark befestigter Hauptort eines Gauhandelsverbandes mit ca. 250 ansässigen Schmieden im Bereich der niederösterreichischen Eisenwurzen höchste wirtschaftliche Blüte bzw. Bedeutung. Die prosperierende Wirtschaftsentwicklung fand in der überlieferten urbanen Verbauung ihren architektonischen Ausdruck und ist noch heute weitgehend in der gotischen Grundstruktur bzw. der vorwiegend aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammenden Bausubstanz ablesbar. Diese Besonderheiten der alten Eisenstadt Waidhofen an der Ybbs werden durch das Haus U-Platz signifikant repräsentiert. Darüber hinaus kommt dem in das Gebäude integrierten Stadtmauerabschnitt ein wesentlicher Dokumentationswert hinsichtlich der mittelalterlichen Stadtentwicklung und -befestigungsanlagen zu.

Die Bedeutung des gegenständlichen Gebäudes ist daher auch durch Beziehung und Lage an diesem einzigartigen Stadtplatz gegeben.

LITERATUR

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage, Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung.

Die Beschwerdeführerin bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, dass die belangte Behörde verabsäumt habe, das Interesse im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG an der Erhaltung ihres Gebäudes zu begründen. Es sei ausgeschlossen, dass irgendein Interesse an der Unterschutzstellung eines Objektes bestehe, wenn das Verfahren mehr als 14 Jahre in Anspruch genommen habe, ohne dass die Behörde irgendwelche Aktivitäten gesetzt habe. Die Verfahrensdauer sei nämlich nicht konkret durch Verzögerungsversuche durch die Beschwerdeführerin verursacht gewesen, sondern ausschließlich durch die jahrelange vollständige Inaktivität der belangten Behörde. Schon allein daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung des gegenständlichen Gebäudes nicht gegeben seien.

Mit diesem Einwand zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zwar hat das Verfahren über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid außerordentlich lange gedauert. Allein aus der Dauer des Verfahrens ist jedoch nicht abzuleiten, dass die Beurteilung der belangten Behörde, es handle sich beim Gebäude der Beschwerdeführerin um ein schutzwürdiges Denkmal im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG, rechtswidrig wäre. Vielmehr hat die belangte Behörde ihrer Beurteilung auf Gutachten von zwei Sachverständigen gestützt und angesichts der langen Verfahrensdauer auch ein neuerliches Gutachten im Jahr 2013 eingeholt, in welchem die Sachverständigen ebenfalls zu dem Ergebnis gelangten, dass das Gebäude als Objekt zu bewerten ist, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturbestandes in seiner Gesamtheit hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Dieser Beurteilung ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher sachlicher Ebene und nicht substanziiert entgegengetreten und auch der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass diese Beurteilung nicht schlüssig wäre.

Zwar ist die Verfahrensdauer tatsächlich unvertretbar lang, jedoch weist die belangte Behörde diesbezüglich in ihrer Gegenschrift nicht unzutreffend darauf hin, dass der Beschwerdeführerin das Instrument der Säumnisbeschwerde offen stand und sie dieses ungenützt ließ.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass die belangte Behörde eine Teilunterschutzstellung nicht in Betracht gezogen habe und insbesondere jene Teile ihres Gebäudes, welche an den benachbarten Betrieb einer Bäckerei und Konditorei vermietet seien, ebenfalls unter Schutz gestellt habe. Die belangte Behörde habe nicht ausreichend begründet, weshalb das Gebäude zur Gänze unter Schutz zu stellen sei.

Auch mit diesen Argumenten zeigt die Beschwerdeführerin letztlich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat nämlich gestützt auf die Gutachten der Sachverständigen und von der Beschwerdeführerin unwidersprochen ausgeführt, dass im vorliegenden Gebäude eine weitgehende Verflechtung historisch wertvoller Substanz mit Adaptierungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (mit z.B. Dachstuhl und Dachausbau) gegeben sei. Eine Teilunterschutzstellung sei nicht sinnvoll. Die für eine teilweise Unterschutzstellung erforderliche Voraussetzung, dass ein überschaubarer, abgegrenzter Teil gegeben sei, der keine denkmalschutzrechtliche Bedeutung aufweise, sei nicht gegeben. Die Sachverständigen haben ausgeführt, dass das vorliegende Gebäude auch in seinem Inneren schutzwürdige Merkmale aufweise. Im Keller sei ein spätmittelalterliches Stichkappentonnengewölbe mit Schalbretterabdrucken erhalten, der überwiegende Teil des Mauerwerks gehöre dem 16. Jahrhundert an. Ein Türdurchgang im hinteren Erdgeschoßflur mit abgefasstem Rechteckgewände und aufgedoppelten Türblatt zeige, dass noch Binnenteilungen der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts vorhanden seien. Die zahlreichen Gewölbe seien überwiegend in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zu datieren ebenso wie die mehrjochigen Platzlgewölbe über Korbbogengurten in Erd- und Obergeschoß. Es sei weiters eine Spiegeldecke vorhanden.

Diesen Feststellungen ist die Beschwerdeführerin auf gleicher sachlicher Ebene nicht entgegengetreten. Die Beschwerdeführerin hat insbesondere nicht dargelegt, welche abgrenzbaren Teile, insbesondere des Inneren, in dem als Bäckerei und Konditorei genutzten Gebäude keine Merkmale der Schutzwürdigkeit aufwiesen.

Die Beschwerdeführerin hat keine Hinweise darauf gegeben, dass die von den Sachverständigen und der belangten Behörde aufgezeigten Merkmale im Inneren des Gebäudes nicht gegeben seien und dass kein ausreichender Grund für die Unterschutzstellung auch des, teilweise als Konditorei und Bäckerei genutzten Inneren des Gebäudes gegeben sei.

Soweit die Beschwerdeführerin meint, durch die Unterschutzstellung werde eine bestehende, auf Grund einer gewerberechtlichen Betriebsanlagenbewilligung rechtmäßige Nutzung von Teilen ihres Gebäudes gefährdet und in Frage gestellt, so ist auf § 1 Abs. 1 DMSG hinzuweisen, wonach die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals stets in jenem Zustand erfolgt, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet. Die Beschwerdeführerin ist daher angesichts dieser Bestimmung durch den angefochtenen Bescheid nicht gehalten, Änderungen an ihrem Gebäude vorzunehmen und sie hat auch nicht aufgezeigt, auf welche Weise und in welcher Hinsicht Änderungen ihres nunmehr unter Schutz gestellten Gebäudes für den Betrieb ihres Mieters erforderlich wären. Wären derartige Änderungen erforderlich, so hätte diese das Bundesdenkmalamt in einem Verfahren auf Grund eines Antrages gemäß § 5 DMSG unter Achtung des in Art. 1 1. ZP-EMRK geschützten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Achtung des Eigentums und bei Gewährleistung eines angemessenen Ausgleichs zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses am Schutz von Kulturgütern und jenen des Schutzes der Rechte des Einzelnen zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. März 2011, Zl. 2010/09/0144).

Nach dem Gesagten wurde die Beschwerdeführerin sohin nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG.

Wien, am 18. Juni 2014

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte