VwGH 2013/04/0168

VwGH2013/04/016825.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der S GmbH in S, vertreten durch Mag. Bettina Presl, Rechtsanwalt in 6263 Fügen, Franziskusweg 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 21. Oktober 2013, Zl. Gew- 65001-13/2, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf "bescheidmäßige Feststellung der Betriebsart" nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
GewO 1994 §111 Abs2 Z2;
GewO 1994 §29;
GewO 1994 §348;
GewO 1994 §349 Abs1 Z1;
GewO 1994 §349 Abs1;
AVG §56;
GewO 1994 §111 Abs2 Z2;
GewO 1994 §29;
GewO 1994 §348;
GewO 1994 §349 Abs1 Z1;
GewO 1994 §349 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (belangte Behörde) vom 21. Oktober 2013 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. November 2012 auf "bescheidmäßige Feststellung der Betriebsart" im Instanzenzug als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, die Beschwerdeführerin habe mit Schriftsatz vom 20. November 2012 (der am 23. November 2012 bei der Erstbehörde einlangte und mit dem Betreff "Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Betriebsart" versehen war die bescheidmäßige Feststellung beantragt, dass sie als Gewerbeinhaberin an einem näher bezeichneten Standort "die Gewerbeart freies Gewerbe mit dem Gewerbewortlaut freies Gewerbe gemäß § 111 Abs. 2 Z 2 GewO (Schutzhütte) berechtigt ausübe". Der Antrag sei damit begründet worden, diese Feststellung sei dringend geboten, weil die Auffassung der Gewerbebehörde, es handle sich beim Betrieb der Beschwerdeführerin um den Betrieb einer Gaststätte und nicht einer Schutzhütte, den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin der dauernden Gefahr einer behördlichen Bestrafung aussetze.

Dieser Antrag sei durch die Bezirkshauptmannschaft S (BH) als Gewerbebehörde zuständigkeitshalber unter Hinweis auf § 349 GewO 1994 dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend übermittelt worden, da festgestellt werden solle, ob die von der Beschwerdeführerin konkret bezeichnete Tätigkeit in den Umfang ihrer Gewerbeberechtigung (freies Gewerbe "Schutzhütte" nach § 111 Abs. 2 Z 2 GewO 1994) falle oder einem anderen Gewerbe (Gastgewerbe nach § 111 Abs. 1 GewO 1994) vorbehalten sei.

Gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend habe die Beschwerdeführerin daraufhin mitgeteilt, dass sie alleine die Feststellung beantragt habe, dass sie als Gewerbeinhaberin am Standort "die Gewerbeart freies Gewerbe mit dem Gewerbewortlaut freies Gewerbe gemäß § 111 Abs. 2 Z 2 GewO (Schutzhütte) berechtigt ausübe". Sodann habe die Beschwerdeführerin die in ihrem Betrieb konkret ausgeübten Tätigkeiten beschrieben und den Antrag ergänzt, in eventu im Sinne des § 349 GewO 1994 darüber zu entscheiden, ob die konkret beschriebenen Tätigkeiten in den Umfang der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin fielen.

Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend habe mit Schreiben vom 16. August 2013 mitgeteilt, dass der so gestellte Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin im Rahmen eines Verfahrens nach § 349 Abs. 1 GewO 1994 keiner sachlichen Erledigung zugeführt werden könne und habe den Antrag zuständigkeitshalber rückübermittelt.

Für das vorliegende Feststellungsbegehren der Beschwerdeführerin sehe die GewO 1994 kein entsprechendes Feststellungsverfahren vor. Aber auch ein (sonstiger) Feststellungsbescheid als notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung könne nicht ergehen, weil es im konkreten Fall an der Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses mangle. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin die Feststellung von rechtserheblichen Tatsachen beantragt, nämlich in welcher Form das von ihr angemeldete Gewerbe tatsächlich ausgeübt werde.

Der Antrag sei daher unzulässig (im Weiteren verweist die belangte Behörde auch darauf, dass die Beschwerdeführerin keinen Antrag nach § 349 Abs. 1 GewO 1994 gestellt habe und bereits in zwei Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Verwaltungssenates Tirol im Zuge von Strafverfahren ausgeführt worden sei, dass der Betrieb der Beschwerdeführerin nicht als Schutzhütte, sondern als Gasthof betrieben worden sei).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der GewO 1994 lauten:

"6. Umfang der Gewerbeberechtigung

§ 29. Für den Umfang der Gewerbeberechtigung ist der Wortlaut der Gewerbeanmeldung (§ 339) oder des Bescheides gemäß § 340 Abs. 2 im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend. Im Zweifelsfalle sind die den einzelnen Gewerben eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie Werkzeuge und Maschinen, die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung heranzuziehen.

...

1. Reglementierte Gewerbe

§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

...

26. Gastgewerbe

...

Gastgewerbe

§ 111. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für

  1. 1. die Beherbergung von Gästen;
  2. 2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken.

(2) Keines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe bedarf es für

...

2. die Beherbergung von Gästen, die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, den Ausschank von Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen im Rahmen eines einfach ausgestatteten Betriebes, der in einer für den öffentlichen Verkehr nicht oder nur schlecht erschlossenen Gegend gelegen und auf die Bedürfnisse der Bergsteiger und Bergwanderer abgestellt ist (Schutzhütte);

...

(5) Bei der Gewerbeanmeldung (§ 339) ist die Betriebsart zu bezeichnen, in der das Gastgewerbe ausgeübt werden soll. Änderungen der Betriebsart sind der Behörde anzuzeigen; Änderungen einer in Abs. 2 genannten Betriebsart auf eine Betriebsart, für die ein Befähigungsnachweis für das reglementierte Gastgewerbe vorgeschrieben ist, sind im Verfahren gemäß § 339 anzumelden.

...

g) Verfahren über den Umfang von Gewerbeberechtigungen und die

Einreihung von Gewerben

§ 349. (1) Zur Entscheidung

1. über den Umfang einer Gewerbeberechtigung (§ 29) im Verhältnis zu einer anderen Gewerbeberechtigung und

2. über die Frage, ob eine gewerbliche Tätigkeit, die Gegenstand einer Gewerbeanmeldung ist, ein freies Gewerbe sein kann oder in den Berechtigungsumfang eines Teilgewerbes fällt oder einem reglementierten Gewerbe vorbehalten ist, ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit berufen."

3. Im vorliegenden Fall geht es alleine um die Frage, ob die belangte Behörde den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin zu Recht zurückgewiesen hat.

4. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, aus einem im privaten oder im öffentlichen Interesse begründeten Anlass auch ohne ausdrückliche Ermächtigung Recht(sverhältnisse) bescheidförmig festzustellen, sofern dadurch nicht den im einzelnen Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften widersprochen würde, also die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Liegt demnach eine lex specialis vor, ist nach dieser alleine die Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu beurteilen (vgl. im Zusammenhang mit § 348 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom 17. September 2010, Zl. 2008/04/0165, mwN).

Im Beschwerdefall ist dies § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994:

Die Entscheidung über einen Antrag gemäß § 349 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 hat die abstrakte Lösung der Rechtsfrage nach dem Umfang einer Gewerbeberechtigung (§ 29) im Verhältnis zu einer anderen Gewerbeberechtigung zum Gegenstand (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO3 (2011), 1620, Rz. 1 zu § 349 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Durch die Wortfolge "im Verhältnis zu einer anderen Gewerbeberechtigung" sollte nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen werden, dass darüber entschieden werden könne, ob einem nicht unter die GewO 1994 fallenden Berufszweig das Recht zu einer bestimmten Tätigkeit zusteht oder nicht (vgl. den Nachweis bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, 1621. Rz. 2 zu § 349).

5. Auch eine Gewerbeberechtigung zum Betrieb einer Schutzhütte (freies Gewerbe nach § 111 Abs. 2 Z 2 GewO 1994) stellt gegenüber einer Gewerbeberechtigung zum Betrieb des reglementierten Gastgewerbes (§ 111 Abs. 1 GewO 1994) eine "andere" Gewerbeberechtigung iSd § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 dar.

Der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 349 Abs. 1 GewO 1994 die Voraussetzungen normiert hat, unter denen ein Feststellungsbescheid über die Abgrenzung unterschiedlicher Gewerbeberechtigungen zueinander (d.h. im Anwendungsbereich der GewO 1994) zu ergehen hat, kann nur dahin verstanden werden, dass er einen sonstigen Feststellungsbescheid über die genannte Abgrenzung nicht zulassen wollte (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis Zl. 2008/04/0165).

Die Beschwerdeführerin hat zwar in der Begründung ihres Antrags zum Ausdruck gebracht, der Antrag diene, um eine (weitere) Bestrafung wegen des rechtswidrigen Betriebes einer Gaststätte hintanzuhalten, der Abgrenzung zwischen Schutzhütte und (reglementiertem) Gastgewerbe. Sie hat jedoch in der Mitteilung gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (vom 6. Juni 2013), auf die im angefochtenen Bescheid Bezug genommen wird, einen Antrag gemäß § 349 Abs. 1 GewO 1994 lediglich "in eventu" gestellt und sinngemäß ausgeführt, dass sie ihren ursprünglichen Antrag, den sie weiterhin aufrecht halte, nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wegen des Vorhandenseins eines rechtlichen Interesses der Beschwerdeführerin für zulässig erachte.

Der belangten Behörde ist daher nicht entgegen zu treten, wenn sie den (Primär‑)Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin vom 23. November 2012 nicht als solchen gemäß § 349 Abs. 1 GewO 1994 qualifiziert und daher nach dem Gesagten als unzulässig zurückgewiesen hat. Für das weitere Verfahren verbleibt somit die Entscheidung über den genannten Eventualantrag.

6. Die belangte Behörde hat daher den Antrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. März 2014

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