VwGH 2013/16/0184

VwGH2013/16/018424.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der S Rechtsanwälte OG in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 28. August 2013, Zl. RV/1406-W/13 miterledigt RV/2039- W/13, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit der Gebühren, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §308 Abs1;
BAO §308 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:

Die beschwerdeführende Rechtsanwälte OG (Beschwerdeführerin) vertrat eine R. GesmbH ständig rechtsfreundlich, darunter in einer vor dem Patentamt geführten Markenrechtssache. In diesem Zusammenhang vertrat das Patentamt mit Schreiben vom 11. September 2008 die Ansicht, es seien Gebühren in näher angeführter Höhe aufgelaufen, wogegen sich die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17. September 2008 aussprach.

Mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem Bescheid vom 11. Oktober 2011 setzte das Finanzamt eine Gebühr und eine Gebührenerhöhung fest, wobei im Betreff des Bescheides die Daten der R. GesmbH und des erwähnten Markenrechtsverfahrens angeführt waren.

Die Beschwerdeführerin berief namens der R. GesmbH mit Schriftsatz vom 10. November 2011 gegen diesen Bescheid.

Das Finanzamt wies die Berufung mit an die Beschwerdeführerin gerichteter Berufungsvorentscheidung vom 30. April 2012 als unbegründet ab.

Am 21. Mai 2012 brachte die Beschwerdeführerin namens der R. GesmbH dagegen einen Vorlageantrag ein.

Mit Bescheiden vom 31. Juli 2012, gerichtet an die R. GesmbH, wurden deren (durch die Beschwerdeführerin als deren Vertreterin erhobene) Berufung vom 10. November 2011 und der namens der R. GesmbH von der Beschwerdeführerin erhobene Vorlageantrag zurückgewiesen.

Mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem Bescheid ebenfalls vom 31. Juli 2012 wurde die Berufungsvorentscheidung vom 30. April 2012 gemäß § 299 BAO aufgehoben, weil die Berufung mangels Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin nicht zulässig gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 3. September 2012 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Berufung gegen den gegen sie ergangenen Bescheid vom 11. Oktober 2011.

Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass für sie "in Person der einzelvertretungsbefugten RA Mag. M.S." nicht erkennbar gewesen sei, dass der Bescheid (vom 11. Oktober 2011) gegen die Beschwerdeführerin und nicht gegen die R. GesmbH ergangen sei. Dies ergebe sich aus dem Betreff, wonach es sich bei dem Bescheid "um eine auf Grund einer für die R. GesmbH geführte Markenrechtssache handelte" und dass weder dem Spruch noch der Begründung jenes Bescheides zu entnehmen gewesen sei, dass die Beschwerdeführerin als zur ungeteilten Hand zur Entrichtung der Gebühr Verpflichtete habe in Anspruch genommen werden sollen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2011 zurück.

Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens und nach rechtlichen Ausführungen insb. zu den §§ 308 und 309a BAO vertrat die belangte Behörde die Ansicht, im Beschwerdefall liege weder ein unvorhergesehenes noch ein unabwendbares Ereignis vor. Als Eventualbegründung führt die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall müsse es der rechtskundigen Beschwerdeführerin zuzumuten gewesen sein, zu erkennen, dass sie alleine als Bescheidempfängerin (des Bescheides vom 11. Oktober 2011) und somit als Berufungswerberin in Frage komme. Der Bescheidadressat sei eindeutig gewesen. Eine ursprüngliche Fehlbeurteilung durch das Finanzamt ändere daran nichts.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und im Recht "auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens" verletzt erachtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der im Beschwerdefall ergangene Bescheid des Finanzamtes vom 11. Oktober 2011, dessen Ablichtung der vorliegenden Beschwerde auch angeschlossen ist, ist eindeutig und unmissverständlich an die Beschwerdeführerin gerichtet gewesen. Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie sei anhand näher ausgeführter Umstände zur Ansicht gelangt, dieser Bescheid sei der von ihr vertretenen R. GesmbH gegenüber erlassen worden. Damit macht die Beschwerdeführerin im Ergebnis einen Rechtsirrtum geltend.

Im Beschwerdefall kann es dahingestellt bleiben, ob ein Rechtsirrtum ein maßgebliches "Ereignis" sein kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. April 2003, 2001/03/0183, und vom 24. Juni 2010, 2010/15/0001) oder ob ein Rechtsirrtum keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellen kann (vgl. etwa die bei Ritz, BAO4, § 308 Rz 12 wiedergegebene hg. Rechtsprechung sowie die hg. Beschlüsse vom 17. März 2005, 2004/16/0044, vom 29. September 2011, 2011/16/0141, und vom 29. August 2013, 2013/16/0116, 0117). Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nämlich mit der Alternativbegründung auch darauf gestützt, dass es im Beschwerdefall - das Vorliegen eines maßgeblichen Ereignisses vorausgesetzt - der rechtskundigen Beschwerdeführerin zuzumuten gewesen wäre, den tatsächlichen Bescheidadressaten zu erkennen.

Damit hat die belangte Behörde zutreffend die Voraussetzung für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, dass das Verschulden der Beschwerdeführerin über einen minderen Grad des Versehens nicht hinausging, als nicht erfüllt erachtet. Angesichts der eindeutigen Adressierung des in Rede stehenden Bescheides des Finanzamtes vom 11. Oktober 2011 an die Beschwerdeführerin (und eben nicht an die R. GesmbH zu Handen der Beschwerdeführerin) durfte auch angesichts eines im Betreff genannten Verfahrens im Zusammenhang mit der von der Beschwerdeführerin vertretenen R. GesmbH die Beschwerdeführerin, eine berufsmäßige Parteienvertreterin, nicht den rechtlich unzulässigen Schluss ziehen, der in Rede stehende Bescheid wäre nicht an sie gerichtet gewesen.

Dass das Finanzamt selbst die von der Beschwerdeführerin namens der R. GesmbH erhobene Berufung zunächst abgewiesen, statt zurückgewiesen hat, vermag daran nichts zu ändern.

In dem von der Beschwerdeführerin in Ausführung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) ausdrücklich ausgeführten subjektiven Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (ein abstraktes subjektives Recht "auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens" besteht nicht- vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, 99/15/0179, und die Beschlüsse vom 29. Jänner 2009, 2008/16/0171, und vom 5. September 2012, 2012/15/0112) wurde die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid daher nicht verletzt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2013

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