VwGH 2013/07/0083

VwGH2013/07/008326.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des J P in F, vertreten durch Mag. Matthias Zezula, Rechtsanwalt in 8051 Graz, Birkenweg 1, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 16. April 2013, Zl. 205-01/1209/10-2013, betreffend eine Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §31;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §5 Abs1;
VVG §5;
VwRallg impl;
VwRallg;
VStG §31;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §5 Abs1;
VVG §5;
VwRallg impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S (im Folgenden: BH) vom 18. Februar 2008 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den auf GSt. Nr. 431/2, KG F., abgelagerten gefährlichen Abfall in Form von ca. 200 Stück gebrauchten Eisenbahnschwellen bis spätestens 30. Juni 2008 zu entfernen und über die ordnungsgemäße Entsorgung der Behörde Nachweise eines nach § 25 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden: AWG 2002) befugten Entsorgungsunternehmens vorzulegen.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. April 2008 als verspätet zurückgewiesen.

Nach dem Inhalt eines Aktenvermerks der BH vom 19. April 2010 wurde bei einem Lokalaugenschein am 15. April 2010 festgestellt, dass die Eisenbahnschwellen noch nicht entfernt worden seien. Ein kleiner Restbestand von ca. 15 bis 20 Schwellen lagere im Bereich des GSt. Nr. 431/2, der Hauptteil (über 100 Schwellen) im Bereich des GSt. Nr. 427, jeweils KG F. Dem Aktenvermerk beigelegt waren Lichtbilder der Eisenbahnschwellen.

Mit Schreiben der BH vom 2. Februar 2011 wurde dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme angedroht.

Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. Februar 2011 Stellung, in dem er u.a. bekannt gab, dass er die Eisenbahnschwellen, wie verlangt, entfernt habe.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2011 und vom 13. Mai 2011 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, mitzuteilen, wohin die Schwellen verbracht worden seien und Nachweise über die ordnungsgemäße Entsorgung durch ein befugtes Entsorgungsunternehmen vorzulegen.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2011 drohte die BH dem Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 250,-- an, sollte er nicht bis zum 15. August 2011 den Entsorgungsnachweis erbringen.

Mit Bescheid der BH vom 7. Februar 2012 wurde von der BH die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von EUR 250,-- über den Beschwerdeführer verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. Februar 2012 Berufung, worin er u.a. anmerkte, dass die "noch verbliebenen Eisenbahnschwellen jedenfalls so gelagert seien, dass sie abgedeckt seien und keinen Bodenkontakt hätten und daher gar keine Umweltbelastung darstellen könnten".

Die Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 13. März 2012 als unbegründet abgewiesen. Mit Schreiben vom 4. Juni 2012 wurde dem Beschwerdeführer von der BH die Verhängung einer Zwangsstrafe in Höhe von EUR 350,-- angedroht.

Mit Bescheid der BH vom 12. September 2012 wurde über den Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe in dieser Höhe verhängt und dem Beschwerdeführer gleichzeitig die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von EUR 450,-- angedroht.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. September 2012. Demnach befänden sich auf dem Grundstück des Beschwerdeführers schon lange keine Eisenbahnschwellen, da diese entsprechend dem Bescheid vom 18. Februar 2008 entsorgt worden seien. Dem Beschwerdeführer sei aufgrund der verstrichenen Zeit jedoch nicht mehr erinnerlich, wer die Entsorgung vorgenommen habe und er könne dementsprechend keinen Nachweis mehr erbringen. Die Vorgangsweise der Behörde sei schikanös und der Nachweis sei unmöglich; es werde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 2012 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid der BH vom 13. Februar 2013 wurde über den Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 450,-- verhängt und eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von EUR 600,-- angedroht.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Februar 2013. Dabei erklärte er, dass die Vollstreckung unzulässig und die Vollstreckungsverfügung mit dem vollstreckenden Bescheid nicht vereinbar sei. Das angeordnete Zwangsmittel sei nicht zulässig, da es der Rechtsgrundlage nicht entspreche. Durch die Eintreibung der Geldleistung käme es zur Unterhaltsgefährdung. Schließlich sei diese Sache bereits behandelt worden und unterliege der Verjährung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 2013 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, dass nicht begründet werde, warum eine Unzulässigkeit der Vollstreckung vorliegen solle bzw. worin eine Unvereinbarkeit mit dem zu vollstreckenden Bescheid bestehe. Die behauptete Verjährung sei ebenso nicht eingetreten; § 5 Abs. 2 VVG bestimme ausdrücklich, dass für den Fall des weiteren Verzuges schärfere Zwangsmittel anzudrohen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Bahnschwellen in Entsprechung des Bescheides der BH vom 18. Februar 2008 ordnungsgemäß durch ein Entsorgungsunternehmen weggebracht worden seien. Trotzdem sei im Jahr 2011 eine Ersatzvornahme angedroht worden, wobei die belangte Behörde auch über die bereits im Jahr 2008 vorgenommene Beseitigung unterrichtet worden sei. In Anbetracht der Tatsache, dass die Entsorgung durch ein befugtes Unternehmen bereits im Jahr 2008 durchgeführt worden sei, bestehe nach allgemeiner Lebenserfahrung die Möglichkeit, dass es dem Beschwerdeführer nicht mehr erinnerlich sein müsse, wer die ordnungsgemäße Entsorgung durchgeführt habe. Aufgrund des fehlenden Erinnerungsvermögens des Beschwerdeführers sei es für diesen unmöglich, einen derartigen Nachweis zu erbringen. Bei vorliegender Unmöglichkeit seien die Verhängung bzw. die Vollstreckung einer Zwangsstrafe sowie die Androhung weiterer Zwangsstrafen unzulässig.

Der belangten Behörde sei bewusst gewesen, dass es sich schon um die dritte Zwangsstrafe handle; sie hätte schon deshalb davon ausgehen müssen, dass dem Beschwerdeführer die Vorlage einer Entsorgungsbestätigung tatsächlich unmöglich sei. Zudem sei der belangten Behörde aus zahlreichen Verfahren auch das fortgeschrittene Alter des Beschwerdeführers und die Berufung gegen die erste Zwangsstrafe bekannt. Sie übersehe, dass es in diesem Alter durchaus möglich sei, dass die Erinnerung an die Entsorgung nicht mehr gegeben sei. Wenn sie nunmehr davon ausgehe, dass es sich um eine Schutzbehauptung handle und der Beschwerdeführer die Eisenbahnschwellen unsachgemäß entsorgt hätte - was bestritten werde - so ändere das nichts an der Tatsache, dass hinsichtlich des Nachweises Unmöglichkeit vorliege. Es könne allenfalls eine Verwaltungsstrafe wegen unsachgemäßer Entsorgung verhängt werden.

Zur Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde erklärt der Beschwerdeführer, dass gemäß § 81 AWG 2002 iVm § 31 Abs. 1 VStG Verjährung eingetreten sei, da die Verjährungsfrist ein Jahr betrage. Auch wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, von Amts wegen Erhebungen durchzuführen, ob dem Beschwerdeführer die Vorlage des Nachweises tatsächlich möglich sei.

2. Die Bestimmung des § 5 VVG hat folgenden auszugsweisen Wortlaut:

"§ 5. (1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

(3) Die Zwangsmittel dürfen in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

(4) …"

2.1. Im Vollstreckungsverfahren kann die Einrede der Verjährung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, weil das öffentliche Recht diesbezüglich das Rechtsinstitut der Verjährung nicht kennt (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, E 2f. zu § 31 VStG). Wenn der Beschwerdeführer offenbar unter analoger Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen des VStG eine Verjährung ableiten will, so übersieht er, dass die Bestimmungen des VStG nur im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden sind und eine analoge Anwendung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 2007, 2006/05/0293, und vom 12. Mai 1992, 92/05/0073).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf eine Zwangsstrafe nicht verhängt werden, wenn die Leistung von der Partei aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden kann. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 10 VVG mit den übrigen Vorschriften des VVG ergibt sich, dass der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung einer Zwangsstrafe nach § 5 VVG dann gegeben ist, wenn es dem Verpflichteten tatsächlich unmöglich ist, die ihm auferlegte Verpflichtung erfüllen zu können (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 2013, 2011/06/0076, und vom 3. Mai 2012, 2010/06/0187).

Von einer solchen Unmöglichkeit der Erfüllung einer Leistung kann erst dann gesprochen werden, wenn der Verpflichtete die ihm in der gegebenen Situation möglichen und zumutbaren Schritte zur Erfüllung der Verpflichtung unternommen hat (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, 92/11/0097, und vom 22. Februar 1996, 94/11/0008). Es obliegt dem Verpflichteten, die tatsächliche Undurchführbarkeit einer Leistung darzutun, um die Verhängung einer Zwangsstrafe zu verhindern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, 91/06/0035).

2.2. Vorweg ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer geltend macht, er habe die Eisenbahnschwellen zur Gänze fachgerecht entsorgt. Ein Vorbringen, wonach er die Entsorgung gar nicht durchgeführt habe oder durch einen Unbefugten habe durchführen lassen, womit die faktische Unmöglichkeit des geforderten Nachweises auf der Hand läge, hat er hingegen nicht erstattet.

2.3. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der faktischen Undurchführbarkeit der von ihm geschuldeten Leistung erweist sich aber aus den nachstehenden Gründen in sich widersprüchlich, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, der Beschwerdeführer habe seiner obgenannten Obliegenheit entsprochen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe die Eisenbahnschwellen bereits im Jahr 2008 ordnungsgemäß entsorgt und könne wegen des seither langen Zeitablaufes den Entsorgungsnachweis nicht mehr erbringen. Dieses Vorbringen widerspricht aber in mehrfacher Hinsicht dem Akteninhalt.

So wurden laut Aktenvermerk vom 19. April 2010 noch Eisenbahnschwellen von der Behörde beim Beschwerdeführer aufgefunden, und diese im April 2010 noch aufrechte Ablagerung auch auf Fotos dokumentiert. Der Beschwerdeführer selbst verweist in seiner Berufung vom 20. Februar 2012 darauf, dass "noch verbliebene" Eisenbahnschwellen in einer bestimmten umweltsicheren Art abgelagert würden. Daraus zog die belangte Behörde zutreffend den Schluss, dass eine vollständige fachgerechte Entsorgung auch im Februar 2012 noch nicht vorgenommen worden war. Aber selbst wenn man die - mit den zitierten Berufungsangaben in Widerspruch stehende - Angabe im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 17. Februar 2011 als zutreffend erachtete, so wäre die Entsorgung spätestens damals, aber erst nach dem 19. April 2010, bewerkstelligt worden. Von einer Entsorgung bereits im Jahr 2008 kann aber auf Grund der Aktenlage keinesfalls die Rede sein.

Bleibt aber - angesichts dieses widersprüchlichen Vorbringens des Beschwerdeführers - offen, wann tatsächlich die Entsorgung stattfand, um deren Nachweis es geht, so verfängt auch das Argument mangelnden Erinnerungsvermögens nicht. So erscheint es auch trotz des "fortgeschrittenen Lebensalters des Beschwerdeführers" nicht als offenkundig, sich nicht an einen Entsorgungsvorgang erinnern zu können, der zwei bzw. nach anderen Angaben des Beschwerdeführers erst ein Jahr zurückliegt. Der Beschwerdeführer bringt auch nicht vor, ihm zumutbare Erkundigungsschritte über den Verbleib der Eisenbahnschwellen (zB eine Anfrage bei den wenigen in Betracht kommenden und räumlich nahe liegenden Entsorgungsunternehmen) gesetzt zu haben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. September 2013

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