Normen
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5 Abs1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Wohnungseigentümer der zusammengelegten Wohnungen Top 2 und 3 im Dachgeschoss des auf dem Grundstück Nr. X, KG Y., in Graz bestehenden Gebäudes.
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erteilte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 22. Jänner 1988 die Benützungsbewilligung für diese südlich gelegene Wohnung im Dachgeschoss (die anderen Wohnungen Top 1, 4 und 5 sind im nördlichen Teil des Dachgeschosses gelegen).
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz untersagte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 4. November 2003 gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG die Benützung des ausgebauten Dachgeschosses mit Ausnahme der südlichen Wohnung in dem Gebäude auf der genannten Liegenschaft.
Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz verhängte über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 18. Juli 2008 wegen Nichterfüllung der mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 4. November 2003 angeordneten Unterlassung der Benützung des ausgebauten Dachgeschosses mit Ausnahme der südlichen Wohnung die bereits für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Zwangsstrafe in der Höhe von EUR 400,--.
Der Beschwerdeführer führte in der dagegen erhobenen Berufung aus, dass mit Bescheid des Magistrates Graz vom 18. September 1987 der Ausbau und die Zusammenlegung der Wohnungen Top Nr. 2 und 3 genehmigt worden seien. Weiters sei mit Bescheid vom 22. Jänner 1988 nach Abschluss der Bauführung die Benützung der südlichen Wohnung im Dachgeschoss genehmigt worden. Hiebei handle es sich um die zusammengelegten Wohnungen Top Nr. 2 und 3, die in seinem Eigentum stünden. Die weiteren im Dachgeschoss des verfahrensgegenständlichen Gebäudes befindlichen Wohnungen stünden nicht in seinem Eigentum, sodass er für deren Nutzung auch nicht verantwortlich sei. Er habe den Umstand der Behörde bereits anlässlich des "Bescheides", mit dem die Zwangsstrafe angedroht worden sei, zur Kenntnis gebracht. Die konsenslose Nutzung der Dachbodenräumlichkeiten außerhalb der südlichen Wohnung sei daher nicht von ihm zu vertreten.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass im Rahmen des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ein rechtskräftiger Titelbescheid nicht bekämpft werden könne. Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden worden sei, würden bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden können. Eine allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit des Exekutionstitels habe daher die Vollstreckungsbehörde nicht zu berücksichtigen.
Maßgeblich sei, dass der Titelbescheid, nämlich der baupolizeiliche Auftrag gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG, der auf die Untersagung der Benützung des ausgebauten Dachgeschosses mit Ausnahme der südlichen Wohnung gerichtet gewesen sei, an den nunmehrigen Beschwerdeführer ergangen sei. Dieser Bescheid sei unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Da dem Berufungsinhalt nicht zu entnehmen sei, dass sich erst nach Erlassung des baupolizeilichen Auftrages der maßgebliche Sachverhalt geändert habe, sei davon auszugehen, dass gegenüber dem Beschwerdeführer ein rechtskräftiger Titelbescheid vorliege, der auch vollstreckbar sei.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.
Die Vollstreckung hat gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von EUR 726,--, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Bescheid, mit welchem die Benützung der Wohnungen untersagt worden sei, ausschließlich an jene Personen zu richten sei, die auf die Benützung der Wohnung Einfluss nehmen könnten. In den Fällen eines parifizierten Wohnungseigentumes obliege es dem jeweiligen Wohnungseigentümer, über die seinen Miteigentumsanteilen zugewiesene Wohnung ausschließlich zu verfügen. Der Akteninhalt bestätige, dass der Beschwerdeführer nicht Eigentümer der vom Benützungsverbot erfassten Wohnungen sei und er somit keinen Einfluss auf die Nutzung dieser Wohnungen nehmen könne. Im vorliegenden Fall wären im Vollstreckungsverfahren ausnahmsweise Ermittlungen unumgänglich gewesen. Es wäre der Einwand des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, dass er nicht Eigentümer der vom Benützungsverbot erfassten Wohnungen sei, zu berücksichtigen gewesen, und die verhängte Zwangsstrafe wäre daher aufzuheben gewesen. Verfehlt sei der Hinweis auf die Rechtskraft des Titelbescheides. Dies insbesondere deshalb, da der Titelbescheid die südliche, im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Wohnung vom Benützungsverbot ausdrücklich ausnehme und somit dieser Bescheid jedenfalls keine Basis für die Verhängung einer Zwangsstrafe gegenüber dem Beschwerdeführer darstelle.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers geht dahin, dass die geforderte und aufgetragene Unterlassung der Benützung der im Dachgeschoss befindlichen Wohnungen (außer der ihm gehörenden südlichen Wohnung) von ihm nicht erfüllt werden könne. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die tatsächliche Unmöglichkeit der Erfüllung einer dem Verpflichteten auferlegten unvertretbaren Leistung in einem gegen ihn geführten Vollstreckungsverfahren als Grund für die Unzulässigkeit der Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG ins Treffen geführt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/11/0191).
Die belangte Behörde hat sich damit nicht entsprechend auseinandergesetzt. Trifft es zu, wie der Beschwerdeführer dies in der Beschwerde behauptet, dass die von dem baupolizeilichen Auftrag betroffenen Wohnungen nicht in seinem Wohnungseigentum stehen, dann dürfte es dem Beschwerdeführer tatsächlich unmöglich sein, den Auftrag der Unterlassung der Benützung dieser Wohnungen zu erfüllen, allenfalls könnte ein anderer Unzulässigkeitsgrund vorliegen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1997, Slg. Nr. 15.047). Diesem Verfahrensmangel lag die falsche Rechtsansicht der belangten Behörde zu Grunde, es komme nur darauf an, dass der an den Beschwerdeführer gerichtete baupolizeiliche Auftrag in Rechtskraft erwachsen sei.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 3. Mai 2012
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