VwGH 2013/01/0075

VwGH2013/01/007519.9.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, in der Beschwerdesache des A in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit einer Maßnahmenbeschwerde, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §67b Z2;
SPG 1991 §96 Abs6 idF 2012/I/050;
VwGG §27;
AVG §67b Z2;
SPG 1991 §96 Abs6 idF 2012/I/050;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit der am 3. Mai 2013 zur Post gegebenen und am 6. Mai 2013 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, über seine am 4. Februar 2011 erhobene Maßnahmenbeschwerde habe die belangte Behörde - nach der mit dem hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2012, Zl. 2011/01/0229, erfolgten Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Juni 2011 - nicht neuerlich entschieden. Das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2012 sei der belangten Behörde am 30. Oktober 2012 zugestellt worden, sodass seither mehr als sechs Monate verstrichen seien, ohne dass die belangte Behörde entschieden habe.

Am 22. Mai 2013 trug der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Mit Schreiben vom 14. Juni 2013 legte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 7. Jänner 2013 vor, mit dem die Maßnahmenbeschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen und ein Kostenzuspruch gemäß § 79a AVG abgelehnt wurde. Weiters wurde ein Zustellnachweis vorgelegt, demzufolge der genannte Bescheid gemäß § 8 Zustellgesetz ohne vorherigen Zustellversuch bei der Post-Geschäftsstelle 1018 Wien hinterlegt wurde, wobei Beginn der Abholfrist der 17. Jänner (richtig:) 2013 war.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes nahm der Beschwerdeführer dazu mit Schriftsatz vom 27. Juli 2013 dahin Stellung, dass dem Beschwerdeführer bislang ein Bescheid nicht zugestellt worden sei. Der belangten Behörde sei spätestens seit der Beschwerdeerhebung zur hg. Zl. 2011/01/0229 die Vertretung des Beschwerdeführers durch den Beschwerdevertreter bekannt. Der Bescheid sei aber nicht dem Vertreter zugestellt worden. Der Bescheid sei "zwar anfangs offenkundig gesetzmäßig an den Vertreter zustellverfügt", die Zustellverfügung aber im Nachhinein gestrichen worden. Außerdem sei die belangte Behörde nach § 8 Zustellgesetz vorgegangen. Dies sei aber nur zulässig, wenn die Partei die bisherige Abgabestelle ändere, ohne dies bekanntzugeben, und eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Die belangte Behörde hätte aber "beim Vertreter nachfragen können, diesfalls wäre eine Abgabestelle ohne Schwierigkeiten festgestellt worden (nämlich die Kanzlei des Vertreters)". Es liege also eine Zustellung des Bescheides nicht vor. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass trotzdem ein Bescheid erlassen worden sei, weil ein solcher der Amtspartei zugestellt worden sei. Das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel nach Art. 13 EMRK erfordere eine Zustellung an die Partei bzw. an deren Vertreter, "welche nicht durchgesetzt werden könnte, wenn bei Nur-Zustellung an die Amtspartei die Zustellung an den Beschwerdeführer nicht mehr durchgesetzt werden könnte".

Die belangte Behörde replizierte mit Schreiben vom 22. August 2013 und legte einen weiteren Zustellnachweis vor, demzufolge der Bescheid vom 7. Jänner 2013 am 17. Jänner 2013 der Landepolizeidirektion Wien zugestellt wurde.

Mit Schriftsatz vom 2. September 2013 ergänzte der Beschwerdeführer, dass der belangten Behörde im Maßnahmenbeschwerdeverfahren "eine ausdrückliche Vollmachtsbekanntgabe nicht übermittelt" worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

Eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde ist, dass die Behörde nicht entschieden hat. Wird also über einen Parteiantrag vor Erhebung der Säumnisbeschwerde bescheidmäßig abgesprochen, dann ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen.

Im Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid erlassen worden, wenn er wenigstens gegenüber einer der Parteien ordnungsgemäß erlassen wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Bescheid jener Partei nicht wirksam zugestellt wurde, die die Säumnisbeschwerde erhob (vgl. dazu etwa die hg. Beschlüsse vom 22. März 2012, Zl. 2011/07/0228, vom 18. Februar 2010, Zl. 2009/10/0239, und vom 14. Dezember 2007, Zl. 2007/10/0198). Da im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat über eine Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der (dort) belangten Behörde gemäß § 67b Z. 2 AVG Parteistellung zukommt, wurde der Bescheid durch die - insoweit unstrittige - Zustellung an die (gemäß § 96 Abs. 6 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 50/2012 , ab dem 1. September 2012 zur Weiterführung des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, in dem die Bundespolizeidirektion Wien belangt worden war, zuständige) Landespolizeidirektion Wien vor Einbringung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde wirksam erlassen.

Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer vorgetragenen Bedenken können schon mangels Substantiierung nicht überzeugen. Warum im Falle einer wirksamen Zustellung bloß an die im Maßnahmenbeschwerdeverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat belangte Behörde eine Zustellung an die in diesem Verfahren beschwerdeführende Partei "nicht mehr durchgesetzt werden könnte", wird nicht dargelegt.

Die Beschwerde war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Kosten waren schon im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde keinen Kostenantrag gestellt hat, nicht zuzusprechen.

Wien, am 19. September 2013

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