VwGH 2013/01/0006

VwGH2013/01/000620.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des H in A, vertreten durch Mag. Dagmar Hoppstädter, Rechtsanwältin in 4616 Weißkirchen an der Traun, Birkenstraße 23, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 31. Dezember 2012, Zl. Sich75- 1-31-2012, betreffend erkennungsdienstliche Behandlung nach dem SPG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §19;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
SMG 1997 §27 Abs2;
SPG 1991 §65 Abs1;
SPG 1991 §77;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §19;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
SMG 1997 §27 Abs2;
SPG 1991 §65 Abs1;
SPG 1991 §77;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit "Ladungsbescheid" der belangten Behörde vom 31. Dezember 2012 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, zu einem näher genannten Zeitpunkt bei der belangten Behörde persönlich vorzusprechen, um eine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 65 SPG durchzuführen. Es sei "folgende Angelegenheit, an der Sie beteiligt sind, zu bearbeiten: Erkennungsdienstliche Behandlung § 65 SPG Tatvorwurf: § 27/2 Suchtmittelgesetz". Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung ohne wichtigen Grund wurde dem Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe von EUR 100,-- bzw. die zwangsweise Vorführung angedroht. Als Rechtsgrundlagen wurde § 19 AVG angeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 566/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 13/2012 (SPG), lauten:

"Erkennungsdienstliche Behandlung

§ 65. (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.

Verfahren

§ 77. (1) Die Behörde hat einen Menschen, den sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hat, unter Bekanntgabe des maßgeblichen Grundes formlos hiezu aufzufordern.

(2) Kommt der Betroffene der Aufforderung gemäß Abs. 1 nicht nach, so ist ihm die Verpflichtung gemäß § 65 Abs. 4 bescheidmäßig aufzuerlegen; dagegen ist eine Berufung nicht zulässig. Eines Bescheides bedarf es dann nicht, wenn der Betroffene auch aus dem für die erkennungsdienstliche Behandlung maßgeblichen Grunde angehalten wird."

Im Beschwerdefall wurde die Erledigung der belangten Behörde als "Ladungsbescheid" bezeichnet und es wurden Zwangsfolgen angedroht, weshalb nicht von einer formlosen Aufforderung, sondern von einem - mit einer Ladung verbundenen - bescheidmäßigen Abspruch über die Verpflichtung des Beschwerdeführers, an der erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken, auszugehen ist. Enthält der angefochtene Bescheid aber - auch über einen bloße Ladungsbescheid hinaus - einen Abspruch über die genannte Verpflichtung, wäre diese - nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - zu begründen gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2003, Zl. 2002/01/0426, mwN).

Der Hinweis auf § 27 Abs. 2 SMG ist dafür nicht ausreichend:

Nach der dargelegten Rechtslage ist die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung zusätzlich zum Verdacht einer mit Strafe bedrohten Handlung an eine weitere Voraussetzung geknüpft: Der Betroffene muss entweder im Rahmen einer "kriminellen Verbindung" tätig geworden sein oder die erkennungsdienstliche Behandlung muss sonst auf Grund der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich erscheinen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2012, Zl. 2011/01/0276, mwN).

Im Beschwerdefall hat es die belangte Behörde jedoch unterlassen, im angefochtenen Bescheid darzulegen, weshalb sie eine erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers aus den angeführten Gründen für notwendig hält. Die Anführung des Tatvorwurfes alleine ist unzureichend.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. März 2013

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