VwGH 2012/15/0135

VwGH2012/15/013525.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des M D in G, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 22. Mai 2012, Zl. RV/0049- G/09, betreffend Umsatzsteuer 2002 und Einkommensteuer 2000 bis 2003,

Normen

BAO §167 Abs2;
UStG 1994 §2 Abs1;
BAO §167 Abs2;
UStG 1994 §2 Abs1;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie die Einkommensteuer 2000 bis 2003 betrifft, abgelehnt.

2. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Umsatzsteuer 2002 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu 1.: Einkommensteuer 2000 bis 2003

Gemäß § 33a VwGG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid u.a. des unabhängigen Finanzsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die belangte Behörde traf in freier Beweiswürdigung die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Streitzeitraum selbständig, nachhaltig und zur Gewinnerzielung tätig geworden ist, indem er (durch von ihm organisierte Arbeitskräfte) für verschiedene Unternehmen Verputzarbeiten erbracht hat (als Einzelunternehmer oder gemeinsam mit Leontina B). Auf Grundlage dieses Sachverhaltes hat die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht angenommen, dass der Beschwerdeführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Die Höhe der Einkünfte hat sie im Schätzungsweg ermittelt.

In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Entscheidung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind (vgl. für viele z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juli 2006, 2001/14/0174, und vom 24. Jänner 2007, 2005/13/0007). Dieser Prüfung hält der angefochtene Bescheid stand.

Die Feststellung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer zu keiner Zeit nur der Stellvertreter bzw. Angestellte von Leontina B war, mit der er laut Beschwerde eine "geschlechtliche Beziehung" unterhalten und die er im Rahmen einer von ihm so verstandenen "außerehelichen Beistandspflicht" unterstützt habe, ist durch die aufgenommenen und im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Beweise gedeckt.

In der Beschwerde wird auch nicht aufgezeigt, dass der belangten Behörde bei der Schätzung ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre.

Rechtsfragen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme, werden in der vorliegenden Beschwerde - soweit sie die Einkommensteuer betrifft - nicht aufgeworfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde insoweit abzulehnen.

Zu 2.: Umsatzsteuer 2002

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2000 bis 2003 für verschiedene Firmen Verputzarbeiten durchgeführt habe. Er habe Arbeitspartien zusammengestellt und diese - zumindest teilweise - zu den diversen Baustellen seiner Auftraggeber gebracht. Diese Tätigkeit habe der Beschwerdeführer "in den Jahren 2000 und 2001 im Rahmen der Fa. (X Bau) gemeinsam mit (Leontina B) ausgeübt, wobei die Beschaffung und Organisation der Arbeiter sowie die Abrechnung mit diesen durch ihn allein erfolgte. Bei der Abrechnung mit den Auftraggebern trat mitunter auch (Leontina B) - teils allein, teils gemeinsam mit dem (Beschwerdeführer) - in Erscheinung. Frau (Leontina B) stellte im Wesentlichen ihre Gewerbeberechtigung zur Verfügung und akquirierte vereinzelt auch Aufträge. Über das Vermögen der (Leontina B) wurde im Februar 2001 der Konkurs eröffnet, doch wurde die Tätigkeit der Beschaffung bzw. Vermittlung von Arbeitskräften für Verputzarbeiten auch weiterhin wahrgenommen (…). In den Jahren 2002 und 2003 übte der (Beschwerdeführer) diese Tätigkeit allein und eigenständig, also ohne jede Mitwirkung der (Leontina B), aus."

Die Feststellung, der Beschwerdeführer sei in den Jahren 2002 und 2003 eigenständig tätig gewesen, wird von der belangten Behörde im Wesentlichen darauf gestützt, dass er im Zuge seiner ersten Einvernahme durch die Prüfungsabteilung Strafsachen "am 17. Juni 2003" angegeben habe, mit seinen Partien "seit ca. einem Jahr für Herrn (Reinhard R)" zu arbeiten, sowie darauf, dass er in einer Stellungnahme vom 22. April 2005 zugestehe, "ab ca. 2002 von (Reinhard R) mit der Vermittlung von Arbeitskräften betraut worden zu sein, 'ohne dass diese Tätigkeit (Leontina B) bzw. der (X Bau) zuzurechnen wäre' (S 7f. der genannten Stellungnahme)."

Die Beschwerde wendet sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2002 und trägt vor, dass die Feststellung der belangten Behörde, die Zusammenarbeit des Beschwerdeführers mit Leontina B sei im Jahr 2002 bereits beendet gewesen, aktenwidrig sei, "weil selbst der Beschwerdeführer hiezu auch immer ausgeführt hat, dass es seiner Auffassung nach frühestens im 3. Quartal 2002 zur Beendigung dieser Tätigkeit gekommen ist".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf dem Gebiet der Umsatzsteuer sind Leistungen demjenigen zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Leistender ist, wer im Außenverhältnis zur Leistungserbringung verpflichtet ist. Der Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG 1994 umfasst auch Personenvereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit, wenn diese als solche nach außen in Erscheinung treten und Leistungen erbringen; solche Personenvereinigungen sind also im Bereich der Umsatzsteuer Steuersubjekte.

Ob eine Einzelperson oder eine Personengesellschaft nach außen in Erscheinung getreten ist, ist eine Tatsachenfrage. Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu von der belangten Behörde vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2002, 98/14/0213). Hievon ausgehend, hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht stand.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit "in den Jahren 2000 und 2001 im Rahmen der Fa. (X Bau) gemeinsam mit (Leontina B)" ausgeübt hat und in den Jahren 2002 und 2003 "allein und eigenständig" tätig war, weshalb sie ihm die Leistungen (§ 1 Abs. 1 Z 2 UStG 1994) des Jahres 2002 zugerechnet hat.

Dass der Beschwerdeführer u.a. im Jahr 2002 "allein und eigenständig" tätig war, leitet die belangte Behörde im Wesentlichen aus Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren ab, was sich jedoch - worauf in der Beschwerde zutreffend hingewiesen wird - als aktenwidrig erweist.

Anlässlich der Einvernahme vom 17. Juni 2003 gab der Beschwerdeführer laut angefochtenem Bescheid zu Protokoll, dass er mit seinen Partien "seit ca. einem Jahr für Herrn (Reinhard R)" arbeite. Folglich wäre er seit ca. Mitte Juni 2002 "allein und eigenständig" tätig gewesen. Gegenteiliges ist auch der von der belangten Behörde ergänzend ins Treffen geführten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. April 2005 (Seite 7) nicht zu entnehmen, in der ausgeführt wird: "Nicht in Abrede zu stellen ist, dass zusätzlich zu der oben geschilderten, ungeachtet des Insolvenzverfahrens fortgesetzten Praxis der Leistungserbringung durch die Vermittlung von Arbeitskräften durch die Firma (X Bau) im Auftrag der (Leontina B) (Reinhard R) den (Beschwerdeführer) in weiterer Folge auch direkt beauftragte, ihm etwa ab dem Zeitraum Spätsommer des Jahres 2002 Arbeiter an Wochenenden zu vermitteln, ohne daß diese Tätigkeit (Leontina B) bzw. der (X Bau) zuzurechnen wäre."

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher, was die Zurechnung der im Jahr 2002 erbrachten Leistungen zum Beschwerdeführer und damit die Umsatzsteuer 2002 betrifft, als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG aufzuheben war.

Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. April 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte