VwGH 2012/09/0057

VwGH2012/09/005712.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Dipl. Päd. GP in S, vertreten durch Mag. Eduard Aschauer und Mag. Irene Pumberger, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Sierningerstraße 174a, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer für allgemeinbildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich vom 1. März 2012, Zl. 1-DOK-44/7-12, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises nach dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §44 Abs1 impl;
B-VG Art20 Abs1;
LDG 1984 §30 Abs1;
VwRallg;
BDG 1979 §44 Abs1 impl;
B-VG Art20 Abs1;
LDG 1984 §30 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.358,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich und ist als Lehrer in der Hauptschule T (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) tätig.

Am 16. Dezember 2010 erhielt der Beschwerdeführer von Bezirksschulinspektor OSR TK folgende mit 14. Februar 2011 datierte Weisung:

"Sie haben ab sofort und bis zum Widerruf dieser Weisung Ihrer Schulleiterin vorzulegen:

o Ihre detaillierte Wochenstoffverteilung jeweils am ersten Unterrichtstag der Woche

o Die detaillierten Angaben zum Prüfungsstoff für jede Schularbeit jeweils spätestens eine Woche vor der Schularbeit

o Jede schriftliche Überprüfung vor der Verwendung im Unterricht mit dem dazugehörigen Bewertungsschlüssel.

Mit freundlichen Grüßen

OSR TK e.h."

Nach Erstattung einer Disziplinaranzeige sowie Erlassung eines Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses und Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen beim Bezirksschulrat Steyr-Land vom 14. Oktober 2011 für schuldig erkannt, er habe am 28. Februar 2011 die mit Weisung des Bezirksschulinspektors vom 14. Februar 2011 geforderte detaillierte Wochenplanung, welche jeweils am ersten Unterrichtstag der Woche zu erbringen ist, nicht vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Weisung gemäß § 30 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984) des Bezirksschulinspektors vom 14. Februar 2011 nicht erfüllt. Über den Beschwerdeführer werde daher die Disziplinarstrafe des Verweises gemäß § 70 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 iVm § 95 Abs. 2 LDG 1984 verhängt.

Wegen eines weiteren disziplinarischen Vorwurfes wurde der Beschwerdeführer freigesprochen.

Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass der letzte Schultag vor den Semesterferien der 18. Februar 2011 gewesen sei, der erste Schultag nach den Semesterferien der Montag, der 28. Februar 2011, sodass an diesem Tag die erste weisungsgemäße Vorlage der Wochenstoffverteilung hätte erfolgen müssen. Es sei eine rechtzeitige Vorlage der Wochenstoffverteilung weder für Deutsch/5. Schulstufe noch für andere Unterrichtsgegenstände zum vorgeschriebenen Termin am 28. Februar 2011 erfolgt.

Die Wochenstoffverteilung habe sämtliche Unterrichtsgegenstände einschließlich der "Begleitlehrerstunden" zu umfassen gehabt. Es sei unstrittig, dass die Wochenstoffverteilung mit Ausnahme des Unterrichtsgegenstandes Deutsch 1. Klasse/5. Schulstufe am 28. Februar 2011 also für alle anderen Unterrichtsgegenstände nicht vorgelegt worden sei. Entgegen der Verantwortung des Beschwerdeführers habe er aber auch die Wochenstoffverteilung für das Unterrichtsfach Deutsch am 28. Februar 2011 nicht in das Fach der Schulleiterin gelegt. Und auch am 1. März 2011 habe der Beschwerdeführer die aufgetragene Wochenstoffverteilung für das Unterrichtsfach Deutsch weder der Schulleiterin noch deren Stellvertreterin übergeben. Wenn sich der Beschwerdeführer dahingehend verantworte, er habe angesichts des Zusammenhanges mit gegen ihn erhobenen Beschwerden betreffend das Unterrichtsfach Deutsch angenommen, dass sich die Weisung nur auf die Verpflichtung zur Vorlage der Wochenstoffverteilung für das Unterrichtsfach Deutsch beziehe, die er ja am 2. März vorgenommen habe, so sei dies nach den Zeugenaussagen nicht glaubwürdig. Aufkommende Zweifel über den Umfang der Weisung hätte der Beschwerdeführer zumindest aufklären müssen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgewiesen und der erfolgte Schuldspruch sowie die verhängte Disziplinarstrafe und auch der Ausspruch über die Kostentragung zur Gänze gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 30 und § 86 LDG 1984 bestätigt worden sind.

Der angefochtene Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass der Beschwerdeführer die Wochenstoffverteilung entgegen der Weisung für das Unterrichtsfach Deutsch erst am 2. März 2011 vorgelegt habe und die Unterrichtsplanungen für die übrigen Gegenstände erst nach einem Gespräch zwischen dem Herrn Bezirksschulinspektor und der Frau Direktorin am 23. März 2011 mit Ausnahme der Unterrichtsplanungen für jene zwei Deutschstunden der

6. Schulstufe, in welcher der Beschwerdeführer als Teamlehrer eingesetzt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer selbst gebe an und es liege daher insofern ein Geständnis vor, als er "zum ersten Abgabetermin" nur die detaillierte Wochenstoffverteilung für Deutsch/5. Schulstufe abgegeben habe; erst nach dem Gespräch mit dem Bezirksschulinspektor und der Direktorin auch die Vorbereitungen für seine anderen Fächer, mit Ausnahme der Vorbereitungen für die Begleitlehrerstunden. Strittig sei daher nur mehr der Zeitpunkt der erstmaligen Abgabe der Unterlagen für Deutsch, 5. Schulstufe. Die Zeugin HOL Dipl.-Ing. Päd. L habe glaubwürdig ausgeführt, dass sie ausdrücklich den Auftrag bekommen habe, den Beschwerdeführer an die Abgabe zu erinnern und dies am 28. Februar 2011 bzw. am 1. März 2011 auch zu überwachen. Obwohl sie am 28. Februar 2011 zweimal und am 1. März 2011 einmal die Postlade der Direktion kontrolliert habe, habe sie die darin geforderten Unterlagen nicht finden können. Am 28. Februar 2011 habe der Beschwerdeführer anlässlich der Erinnerung an die Abgabe eine abwertende Handbewegung gemacht. Auf Grund der ausdrücklichen Anordnung der Kontrolle der Abgabe sei davon auszugehen, dass an diesem Tag tatsächlich keine Unterlagen durch den Beschwerdeführer vorgelegt worden seien.

Die belangte Behörde führte aus, dass der Beschwerdeführer seine Verpflichtung gemäß § 30 LDG 1984, die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen, verletzt habe. Eine Einschränkung nur auf die Wochenstoffplanung für den Gegenstand Deutsch sei der Weisung nicht zu entnehmen. Wenn der Beschwerdeführer eine derart einschränkende Auslegung für geboten erachtet hätte, so hätte er jedenfalls die Verpflichtung gehabt, sich beim Weisungsgeber oder seiner vorgesetzten Schulleiterin zu erkundigen. Demgegenüber habe sich der Beschwerdeführer aber besonders rechthaberisch verhalten, indem er auf die Ermahnung seiner Leiterin vom 2. März 2011, die Unterlagen vollständig abzugeben, bloß eine Anmerkung auf die unvollständig vorgelegten Unterlagen gemacht habe, die klar zum Ausdruck bringe, dass er nicht gewillt sei, sich der diesbezüglichen konkretisierten Anordnung seiner Vorgesetzten zu fügen. Von dem Zeitpunkt dieser Erinnerung an habe der Beschwerdeführer jedenfalls Kenntnis davon gehabt, wie die Weisung zu verstehen sei. Dies habe der Beschwerdeführer jedoch ignoriert und er habe die Konkretisierung der Weisung durch seine Vorgesetzten nicht zum Anlass genommen, den Inhalt der Weisung näher abzuklären.

Von der Verpflichtung zur Befolgung von Weisungen des Vorgesetzten wäre der Beschwerdeführer nur dann frei gewesen, wenn es sich um die Weisung eines unzuständigen Organs oder um eine Weisung gehandelt hätte, deren Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hätte. Von diesen Fällen abgesehen sei der Beschwerdeführer grundsätzlich verpflichtet, die ihm erteilte Weisung zu befolgen.

Die Gehorsamspflicht sei eine der wichtigsten Pflichten eines Beamten und die unberechtigte Nichtbefolgung einer Weisung stelle einen Verstoß gegen eine grundsätzliche Bestimmung des Dienstrechts dar, weshalb bei einem solchen Verstoß die Schuld des Beamten nicht als gering einzustufen sei.

Als Milderungsgrund sei alleine die bisherige Unbescholtenheit zu sehen. Als erschwerend falle die hartnäckige Verweigerung der Weisungsbefolgung ins Gewicht, die von Rechthaberei bis hin zur mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission geprägt sei. Trotz der klaren Worte der Schulleiterin, des Bezirksschulinspektors und der Disziplinarkommission habe sich der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission noch immer uneinsichtig gezeigt. Er habe abschließend vielmehr gemeint, er fühle sich ungerecht behandelt. Dies, obwohl er den Sachverhalt zum Großteil zugestehe. Aus spezialpräventiven Gründen sei daher jedenfalls die Disziplinarstrafe des Ausspruches eines Verweises, also die mildeste Form einer Disziplinarstrafe, zu bestätigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift erwogen:

§ 30 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984, lautet:

"Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 30. (1) Der Landeslehrer hat die Weisungen seiner Vorgesetzten, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

(2) Der Landeslehrer kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Landeslehrer eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2001/09/0035, zu der mit § 30 LDG 1984 gleichlautenden Verpflichtung der Beamten gemäß § 44 BDG 1979, die Weisungen des Vorgesetzten zu befolgen, Folgendes ausgeführt:

"Unter 'Weisung' ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation und an keine besonderen Formerfordernisse gebunden. Sie kann mündlich oder schriftlich ergehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/09/0230). Eine Weisung (ein Auftrag), die (der) von einem Vorgesetzten erteilt wird, ist nach ihrem (seinem) Inhalt und nicht allein nach ihrer Bezeichnung rechtlich zu beurteilen. Im Regelfall enthält der Auftrag eines Vorgesetzten im Dienstbetrieb eine einseitig verbindliche Anordnung (Festlegung von Pflichten) und ist damit als Weisung (Befehl) zu werten (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 92/09/0382). Eine Weisung in einer Verwaltungsorganisation muss aber nicht in Form eines Befehles ergehen, um verbindlich zu sein. Ein 'Ersuchen' oder ein 'Gebetenwerden' durch einen Vorgesetzten bzw. eine vorgesetzte Stelle genügt jedenfalls dann, wenn aus dem Zusammenhang klar hervorgeht, an wen (Organwalter) es sich richtet und dass sein Inhalt (ungeachtet der gewählten Formulierung) bei verständiger Würdigung nur als Festlegung einer Pflicht verstanden werden kann. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände festzustellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0009, und vom 20. November 2003, Zl. 2002/09/0088)."

Im vorliegenden Fall war die Weisung des Bezirksschulinspektors OSR TK vom 14. Februar 2011 schriftlich erteilt worden.

Wenn der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil der Inhalt der Weisung im Hinblick darauf unklar gewesen sei, ob er sich auf alle Gegenstände oder nur auf das Unterrichtsfach Deutsch beziehe, so zeigt er aus den von der belangten Behörde gegebenen Gründen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf: Der oben wiedergegebene Wortlaut der schriftlich erteilten Weisung war sowohl eindeutig, als auch wurde der Beschwerdeführer mündlich auf den Umfang der angewiesenen Vorlageverpflichtung hingewiesen. Wenn der Beschwerdeführer meint, die Vorlage der Wochenstoffverteilung für Deutsch sei rechtzeitig gewesen, weil er diese der bis zum 2. März 2011 abwesenden Schulleiterin an diesem Termin übergeben habe, so vermag dies den Vorwurf des Weisungsverstoßes nicht zu entkräften; die angewiesene Vorlage setzte die Anwesenheit der Schulleiterin nämlich nicht voraus.

Weder der Inhalt des darin angeordneten Verhaltens war zweifelhaft noch der Umstand, dass die Anordnung als verbindliche Weisung zu befolgen war. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde sind nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen in beiden Instanzen und nach einem entsprechenden Beweisverfahren auf schlüssige Weise zu diesem Ergebnis gelangt.

Ein Grund dafür, die Feststellung der belangten Behörde für unschlüssig oder mangelhaft zu erachten, dass der Beschwerdeführer auf schuldhafte Weise der ihm erteilten Weisung nicht nachgekommen ist, ist ebenfalls nicht zu ersehen. Auch die Strafzumessung begegnet angesichts des Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde nicht einsichtig zeigte, keinen Bedenken.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 12. November 2013

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