VwGH 2012/08/0086

VwGH2012/08/008610.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des K M in H, vertreten durch die Dr. Janko Tischler jun.

Rechtsanwalts GmbH in 9020 Klagenfurt, Neuer Platz 7/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 27. Februar 2012, Zl KUVS-K6-1717/6/2011, betreffend Übertretung des ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs2;
ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer - nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 29. November 2011 - gemäß § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 ASVG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.180,-- verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G. GmbH, die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der G. GmbH & Co KG sei, zu verantworten habe, dass die genannte Gesellschaft als Dienstgeberin B. K., bei welcher es sich um eine "in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person" handle, mit Arbeitsbeginn 1. Dezember 2010 mit Reinigungsarbeiten beschäftigt habe, obwohl sie nicht vor Arbeitsantritt bei der Kärntner Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung angemeldet worden sei.

In der Begründung traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:

Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der G. GmbH & Co KG sei. Diese Gesellschaft sei Betreiberin des Alpenhotels M. in S. Die tschechische Staatsangehörige B. K. sei vom Beschwerdeführer beauftragt gewesen, die Reinigungsarbeiten für das Alpenhotel M. sowie für die von der M. Feuersysteme GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer ebenfalls der Beschwerdeführer sei, betriebenen Appartements vorzunehmen. Hinsichtlich der Appartements sei ein Pauschalbetrag in der Höhe von EUR 40,-- pro Appartement, hinsichtlich der Hotelzimmer ein Betrag von EUR 12,-- pro Stunde vereinbart gewesen. Die Tätigkeit der B. K. für die G. GmbH & Co KG habe mit 1. Dezember 2010 begonnen. Sie erhalte wöchentlich eine Liste jener Zimmer bzw. Appartements, die von ihr zu reinigen seien. Sie könne sich ihre Arbeitszeit frei einteilen, wobei die Reinigungstätigkeit natürlich bei Eintreffen der neuen Gäste abgeschlossen sein müsse. Hinsichtlich der Reinigung der Hotelzimmer werde von ihr eine Stundenauflistung geführt. B. K. führe ihre Tätigkeit mit eigenen Betriebsmitteln aus und sei zum einen für die G. GmbH & Co KG, zum anderen für die M. Feuersysteme GmbH tätig. Daneben habe sie keinen weiteren Auftraggeber.

B. K. lege hinsichtlich ihrer Tätigkeit Rechnungen, die vom Beschwerdeführer beglichen würden. "Zum Tatzeitpunkt" habe sie über keine Gewerbeberechtigung verfügt, zumal eine solche erst mit Wirksamkeit 7. Februar 2011 erteilt worden sei. Diese habe die Verrichtung von einfachen Hilfsarbeiten in Häusern und Wohnungen, wie zB einfache Renovierungsarbeiten, Botendienste, Schneeräumung, Gartenarbeiten und Aufräumungsarbeiten in Häusern, deren Besitzer nicht anwesend seien (§ 5 Abs 2 GewO 1994), unter Ausschluss aller Tätigkeiten, die an einen Befähigungsnachweis gebunden seien, zum Inhalt.

B. K. sei "bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft angemeldet" gewesen und habe bei Krankheit oder Verhinderung kein Entgelt vom Beschwerdeführer erhalten. Dieser habe ihr keine Arbeitsanweisungen erteilt, jedoch ihre Tätigkeit kontrolliert. B. K. sei nicht als Dienstnehmerin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet gewesen.

Hinsichtlich der Feststellung, dass B. K. ihre Tätigkeit am 1. Dezember 2010 aufgenommen habe, sei auf die im erstinstanzlichen Akt erliegende Stundenauflistung zu verweisen. Diesbezüglich sei auch den Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer vereinbarten Entlohnung für die Reinigung der Hotelzimmer auf Stundenbasis (EUR 12,-- pro Stunde) zu folgen. Wenngleich diese Ausführungen im Widerspruch zu den Ausführungen der Zeugin B. K. stünden, welche angeführt habe, einen Betrag von EUR 12,-- pro Zimmer erhalten zu haben, sei auf die vorgelegte Stundenauflistung, die von B. K. erstellt worden sei, zu verweisen.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag und vom Werkvertrag sowie zu den Merkmalen der persönlichen Abhängigkeit führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass ein schriftlicher Vertrag nicht vorgelegt worden sei; der Beschwerdeführer habe lediglich auf einen solchen verwiesen. Die Tätigkeit der B. K. sei dahingehend beschrieben worden, dass die Hotelzimmer bzw. Appartements gereinigt worden seien. B. K. habe "zum Tatzeitpunkt" über keine Gewerbeberechtigung verfügt, und sie habe eine einfache "manipulative Tätigkeit" ausgeübt, von welcher nicht ausgeschlossen sei, dass es sich um gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werkentgelt zu leistende Verrichtungen einfachster Art handle, die gemäß § 2 Abs 1 Z 8 GewO von der Gewerbeordnung ausgenommen seien.

Wenngleich B. K. keine Arbeitsanweisungen durch den Beschwerdeführer erhalten habe, so sei doch darauf zu verweisen, dass dies in der Natur der Tätigkeit gelegen sei, zumal derartig einfache manuelle Tätigkeiten keiner Anweisung bedürften. Jedenfalls sei die Tätigkeit aber durch den Beschwerdeführer kontrolliert worden. Auch wenn B. K. nicht an Arbeitszeiten gebunden gewesen sei, so sei doch aus dem Ermittlungsverfahren hervorgegangen und liege auch in der Natur der Sache, dass sie bis zum Eintreffen der neuen Gäste ihre Tätigkeit abgeschlossen haben musste, sodass die Arbeitserbringung letztlich an den Bedürfnissen des Beschwerdeführers orientiert gewesen sei und ihre Grenzen in der unterschiedlichen Dringlichkeit der zu besorgenden Angelegenheiten gefunden habe. Im gegenständlichen Fall sei die Entlohnung auch auf Stundenbasis erfolgt, und neben der G. GmbH & Co KG sei nur die M. Feuersysteme GmbH als weiterer Auftraggeber der B. K. vorhanden gewesen.

Die angeführten Umstände sprächen klar für das Vorliegen eines echten Dienstverhältnisses. Der Umstand, dass B. K. "zum Sozialversicherungsträger der gewerblichen Wirtschaft angemeldet" gewesen sei und über eigene Betriebsmittel verfügt habe, die sie auch bei der gegenständlichen Tätigkeit eingesetzt habe, sei untergeordnet zu gewichten.

Es liege daher im gegenständlichen Fall jedenfalls ein meldepflichtiges Dienstverhältnis vor. Der Beschwerdeführer habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G. GmbH, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der G. GmbH & Co KG sei, dadurch, dass er B. K. nicht vor Dienstantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet habe, objektiv gegen die Meldepflicht nach § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite sei darauf zu verweisen, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG handle. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden getroffen habe, zumal aus seinen Ausführungen selbst hervorgehe, dass er hinsichtlich einer Gewerbeberechtigung der B. K. keinerlei Informationen eingeholt habe bzw. sich eine solche nicht vorlegen habe lassen. Der Umstand alleine, dass B. K. "beim Sozialversicherungsträger der gewerblichen Wirtschaft angemeldet" gewesen sei, sei nicht geeignet gewesen, den Beschwerdeführer zu exkulpieren; dies insbesondere, da die Umstände der Tätigkeit der B. K. jedenfalls Zweifel hinsichtlich einer selbständigen Tätigkeit erwecken hätten müssen. Den Beschwerdeführer treffe daher ein Verschulden in Form von Fahrlässigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 111 Abs 1 Z 1 ASVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer u.a. als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsbeginn beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei diese Anmeldung auch in zwei Schritten erfolgen kann (§ 33 Abs 1a ASVG).

Für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a ASVG Pflichtversicherten gilt § 33 Abs 1 ASVG mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind (§ 33 Abs 2 ASVG).

2. Die Beschwerde bestreitet, dass B. K. überhaupt (persönlich und wirtschaftlich abhängige) Dienstnehmerin der

G. GmbH & Co KG und daher pflichtversichert nach dem ASVG gewesen sei.

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, wozu zweifelsohne auch die vorliegenden Reinigungstätigkeiten zählen, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann aber bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl 2010/08/0089, mwN).

Angesichts der gegenständlichen Reinigungstätigkeiten erübrigten sich auch Weisungen an die Beschäftigte, weil diese von sich aus wusste, wie sie sich im Betrieb des Dienstgebers zu verhalten hatte bzw. das Weisungsrecht in gleicher Weise im Bestehen von - im Beschwerdefall von der belangten Behörde festgestellten - Kontrollrechten (mitunter genannt: "stille Autorität" des Arbeitgebers) zum Ausdruck kommt (vgl abermals das Erkenntnis vom 21. Dezember 2011).

B. K. war aber auch - worauf die belangte Behörde zu Recht hingewiesen hat - in ihrer zeitlichen Disposition eingeschränkt, weil sie sich an den Erfordernissen des Hotelbetriebs orientieren musste, mögen ihr auch die einzuhaltenden Arbeitszeiten nicht konkret - mit Beginn und Ende - vorgegeben gewesen sein.

Angesichts dessen ist die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht von einer Tätigkeit der B. K. in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG ausgegangen. Daran ändert auch nichts, dass sie außer für die G. GmbH & Co KG noch für die M. Feuerschutzsysteme GmbH - deren Geschäftsführer ebenfalls der Beschwerdeführer ist - tätig war.

Dass sie daneben - während der hier zu beurteilenden Tätigkeit - keine weiteren Auftraggeber hatte, hat der Beschwerdeführer bei der niederschriftlichen Befragung durch das zuständige Finanzamt am 4. Februar 2011 selbst ausgesagt. Aber auch wenn sie - entsprechend ihrer in der Beschwerde hervorgehobenen Aussage in der mündlichen Verhandlung, sie sei auch für "andere Firmen" tätig - nicht ausschließlich für die

G. GmbH & Co KG und die M. Feuerschutzsysteme GmbH gearbeitet haben sollte, würde dies nichts daran ändern, dass die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG zumindest überwogen haben.

3. Die Beschwerde bringt weiters vor, die belangte Behörde hätte nähere Feststellungen über den Umfang der Beschäftigung treffen müssen.

Richtig ist, dass die Behörde nach ständiger Rechtsprechung, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, wegen Übertretung des § 33 Abs 1 ASVG (Nichtmeldung krankenversicherter Personen) bestraft, in der Begründung grundsätzlich die Krankenversicherungspflicht der Beschäftigung, d.h. einen Entgeltanspruch, der die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, darzutun hat. Gelingt ihr dies nicht, so kommt nur ein Schuldspruch nach § 111 und § 33 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG in Betracht (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 24. November 2010, Zl 2009/08/0262, mwN).

Der Beschwerdeführer hat jedoch im Verwaltungsverfahren nie vorgebracht, dass B. K. nicht in der Krankenversicherung pflichtversichert war, und behauptet dies auch in der Beschwerde nicht. Im Ergebnis kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Bestrafung nach § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 ASVG bestätigt hat, zumal die Ausnahme von der Vollversicherung nach § 5 Abs 1 Z 2 ASVG nur dann gegeben ist, wenn das Entgelt aus mehreren Beschäftigungsverhältnissen auch in Summe nicht die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Für ihre Tätigkeit für die M. Feuerschutzsysteme GmbH hat B. K. aber jedenfalls ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Entgelt erhalten (vgl. die in den zu Zl 2012/08/0087 vorgelegten Verwaltungsakten liegenden Monatsabrechnungen über EUR 2.410,-- für November 2010, EUR 2.280,-- für Dezember 2010 und EUR 2.220,-- für Jänner 2011).

4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 10. April 2013

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