VwGH 2012/07/0162

VwGH2012/07/016228.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft A in K, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 15. Dezember 2011, Zl. LAS- 1074/7-10, betreffend Feststellung von Gemeindegut (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K, vertreten durch Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Lieberstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §15;
FlVfGG §4;
FlVfGG §5 Abs2;
FlVfLG Tir 1978 §25 Abs2;
FlVfLG Tir 1996 §25 Abs2;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfGG §15;
FlVfGG §4;
FlVfGG §5 Abs2;
FlVfLG Tir 1978 §25 Abs2;
FlVfLG Tir 1996 §25 Abs2;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 2011 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 12. Oktober 2010 als unbegründet abgewiesen.

Mit diesem Bescheid stellte die AB in Erledigung von Anträgen der mitbeteiligten Gemeinde und der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft fest, dass näher bezeichnete Grundstücke des Regulierungsgebietes der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft in EZ 116 GB K und EZ 42 GB G Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 seien.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides legte die belangte Behörde dar, dass mit Eingabe vom 10. März 1949 neun Gutsbesitzer der Nachbarschaft A (Gemeindegebiet K) bei der AB die Feststellung beantragt hätten, dass die Nachbarschaft A eine Agrargemeinschaft sei. Auf Grund dieses Antrages habe am 28. März 1949 in A eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Nach den übereinstimmenden Angaben aller Parteien seien die im Verhandlungsprotokoll konkret bezeichneten Grundstücke bisher von den jeweiligen Besitzern der Höfe in A gemeinschaftlich als Alpe, Weide, Acker und Wiese genutzt worden. Bis zum Jahr 1938 habe eine Fraktion A mit einem Fraktionsvorsteher und einem Kassier bestanden. Die Fraktionsrechnungen und die Beschlüsse der Fraktionsversammlung seien der mitbeteiligten Gemeinde zur Genehmigung vorgelegt worden. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung seien durch mündliche Bescheidverkündung näher angeführte Grundstücke aus den bezeichneten Grundbuchskörpern als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 36 Abs. 2 lit. d FLG 1935 festgestellt worden. Weiters sei bescheidmäßig festgestellt worden, dass die nämlichen Grundstücke zugleich mit der Bp. 152 (Kirche M) in EZ. 115 GB K, desgleichen die A Wasserleitung, im Eigentum der Agrargemeinschaft stünden. Zudem sei im Rahmen dieser Bescheiderlassung die Verwaltung dieses agrargemeinschaftlichen Besitzes unter eine vorläufige Satzung gestellt worden.

Über Antragstellung von fünf Nutzungsberechtigten (Eigentümer von Stammsitzliegenschaften) an der Agrargemeinschaft anlässlich der agrarbehördlichen Verhandlung am 15. Juli 2003 habe die AB mit ihrem Bescheid vom 21. Juli 2003 das Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für die Agrargemeinschaft in EZ. 115, EZ. 116 GB K sowie EZ 42 GB G eingeleitet. Der Regulierungsplan sei schließlich - nach vorangegangener mündlicher Verhandlung vom 1. April 2004 - mit agarbehördlichem Bescheid vom 5. April 2004 ergangen. Auf Seite 2 dieses Regulierungsplanes finde sich die Feststellung, dass die Grundstücke (des Regulierungsgebietes) agrargemeinschaftliche Grundstücke seien und im Eigentum der Agrargemeinschaft stünden. Die Einrichtung und Tätigkeit der Agrargemeinschaft sei durch eine neue Satzung geregelt worden.

Nach dem Grundbuchsstand zum 21. November 2011 sei die beschwerdeführende Agrargemeinschaft Alleineigentümerin der Liegenschaften EZ 42 GB G und EZ. 116 GB K. Als Eigentumstitel im Grundbuch sei jeweils der Regulierungsplan vom 5. April 2004 angeführt. Ein Vergleich des aktuellen Grundbuchsstandes dieser Grundbuchskörper mit jenem anlässlich der Übertragung des Eigentums an den Regulierungsgrundstücken auf die Agrargemeinschaft mittels dem agrarbehördlichen Bescheid vom 28. März 1949 zeige, dass sämtliche Grundstücke - mit Ausnahme Grst. Nrn. 2117, 2118, 2124, 2127, 2132 und 2144 in EZ. 116 GB K, welche erst im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens vom 25. März 1980 zu TZ 9041/81 der EZ. 116 zugeschrieben worden seien - bereits anlässlich des Regulierungsverfahrens zum Gutsbestand der dem Verfahren unterzogenen Liegenschaften gehört hätten bzw. aus Teilungen dieser Grundstücke hervorgegangen seien. Die Filialkirche M sei nach dem gegenwärtigen Grundbuchsstand als Grst. Nr. .401 in EZ. 116 vorgetragen.

Im Rahmen der agrarbehördlichen Verhandlung am 28. März 1949 in A sei - so führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus - durch mündliche Bescheidverkündung rechtskräftig die Qualifikation des Regulierungsgebietes als agrargemeinschaftliches Grundstück nach § 36 Abs. 2 lit. d FLG 1935, also als Gemeindegut nach der Gemeindeordnung, erfolgt. Durch die Zitierung des § 36 Abs. 2 lit. d FLG 1935 sei die Qualifikation des Regulierungsgebietes als Gemeindegut objektiv eindeutig ableitbar. Im vorliegenden Fall sei somit rechtskräftig zum Ausdruck gebracht worden, dass die Grundstücke Gemeindegut im Sinne der jeweils geltenden Tiroler Gemeindeordnung, also Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde, seien.

Im hier vorliegenden Fall seien nach den Aktenunterlagen keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Qualifizierung der Regulierungsgrundstücke als Gemeindegut etwa auf einem Irrtum, einer Flüchtigkeit oder Ungenauigkeit beruhten. Vielmehr werde die rechtliche Zuordnung des Regulierungsgebietes zum Gemeindegut auch dadurch erhärtet, dass bis zum Jahr 1938 die Fraktion A derart von einem Fraktionsvorsteher mit Kassier verwaltet worden sei, dass Fraktionsrechnungen und die Beschlüsse der Fraktionsversammlung jeweils der mitbeteiligten Gemeinde zur Genehmigung vorgelegt worden seien. Die Vorlage an die politische Gemeinde wäre nicht erklärbar, wenn nicht deren Eigentümerinnenstatus außer Streit gestanden wäre.

Dem mit agrarbehördlichen Bescheid vom 5. April 2004 erlassenen Regulierungsplan für die beschwerdeführende Agrargemeinschaft komme - soweit auf Seite 2 desselben eine Eigentumsfeststellung zu Gunsten der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft erfolgt sei - hinsichtlich der Eigentumsfrage keine selbständige, rechtliche Bedeutung (mehr) zu. Diese eigentumsrechtliche Feststellung im Regulierungsplan bilde vielmehr den bereits durch den Regulierungsbescheid vom 28. März 1949 geschaffenen (aus heutiger Sicht verfassungswidrigen) Zustand ab, dass nämlich - als Folge der Feststellung des historischen Bescheides - das Regulierungsgebiet im Eigentum der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft stehen solle.

Darüber hinaus sei die erstbehördliche Feststellung auch im Umfang der dem Gemeindegut zugesprochenen, aus dem Zusammenlegungsverfahren vom 25. März 1980 hervorgegangenen Grundstücke nicht zu beanstanden. Es sei rechtlich zutreffend, dass der normative Abspruch über Gemeindegutsgrundstücke im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 Abfindungsgrundstücke aus einem Flurbereinigungs- bzw. Zusammenlegungsverfahren mitumfasse.

Dem Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft im Rahmen der Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am 15. Dezember 2011 im Hinblick auf die Filialkirche M sei entgegenzuhalten, dass die historische Agrarbehörde die Filialkirche uno actu mit weiteren im Regulierungsbescheid vom 28. März 1949 angeführten Grundstücken ins Eigentum der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft übertragen habe. Damit habe die Agrarbehörde zum Ausdruck gebracht, dass für die Filialkirche - im Übrigen ebenso wie für die A Wasserleitung - in rechtlicher Hinsicht keine andere Qualifizierung wie für den sonstigen vom Regulierungsbescheid umfassten Gutsbestand in Frage gekommen sei. Dass die Mitregulierung von mit religiösen Bauwerken (wie Kirchen oder Kapellen) bebauten Grundstücken im Regulierungszeitraum nichts Außergewöhnliches gewesen sei, habe darüber hinaus die belangte Behörde in mehreren Berufungsfällen feststellen können.

Zusammenfassend hielt die belangte Behörde schließlich fest, dass die im in Berufung gezogenen Bescheid der AB angeführten agrargemeinschaftlichen Grundstücke vormals - das heißt vor der Eigentumsübertragung auf die beschwerdeführende Agrargemeinschaft mittels Regulierungsbescheid vom 28. März 1949 - im Eigentum der mitbeteiligten Gemeinde gestanden seien, durch den vorhin zitierten agrarbehördlichen Bescheid ins Eigentum der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft übertragen worden seien, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient hätten und nicht Gegenstand einer Hauptteilung gewesen seien. Damit aber träfen sämtliche, nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TLFG 1996 gesetzlich normierten Tatbestandsmerkmale auf das Regulierungsgebiet der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft zu, sodass die in Berufung gezogene Entscheidung der AB vom 12. Oktober 2010, mit welcher diese eine Gemeindegutsfeststellung im Sinne der zitierten flurverfassungsrechtlichen Rechtsvorschrift vorgenommen habe, nicht zu beanstanden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Agrargemeinschaft zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung mit Beschluss vom 20. Juni 2012, Zl. B 145/12-8, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die beschwerdeführende Agrargemeinschaft Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 idF LGBl. Nr. 7/2010 hat folgenden Wortlaut:

"§ 33. (1) …

(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Sitzung, insbesondere:

  1. a)
  2. c) Grundstücke, die
    1. 1.
    2. 2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut);"

      Die rechtlichen Folgen einer Qualifikation nach § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1935 wurden von der belangten Behörde zutreffend beurteilt.

      Es genügt in diesem Zusammenhang gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung der hg. Erkenntnisse jeweils vom 30. Juni 2011, Zlen. 2010/07/0091 und 2010/07/0231, zu verweisen.

      Dies hat auch für das Vorbringen betreffend die "Filialkirche M" zu gelten. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend darlegt, war die Mitregulierung von mit religiösen Bauwerken (wie Kirchen oder Kapellen) bebauten Grundstücken den früheren Regulierungsverfahren nicht fremd. Entgegen den Beschwerdeausführungen kann aus diesem Umstand auch nicht die Gemeindegutsqualifikation des Regulierungsgebietes generell in Frage gestellt werden.

      Die beschwerdeführende Agrargemeinschaft vertritt die Rechtsansicht, dass aus einem Zusammenlegungsverfahren denkunmöglich ein Substanzwertanspruch der mitbeteiligten Gemeinde hervorgehen könne. Die durch den Zusammenlegungsplan durch die beschwerdeführende Agrargemeinschaft erworbenen näher bezeichneten Grundstücke hätten "ein eigenes rechtliches Schicksal".

      Entgegen den Beschwerdeausführungen ist die im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde getroffene Feststellung auch im Umfang der dem Gemeindegut zugesprochenen, aus dem Zusammenlegungsplan vom 25. März 1980 hervorgegangenen Grundstücke zutreffend. Im Beschwerdefall ist die den normativen Abspruch über Gemeindegutsgrundstücke im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 mitumfasste Einbeziehung von Abfindungsgrundstücken aus einem Flurbereinigungs- bzw. Zusammenlegungsverfahren nicht zu beanstanden.

      Ein Zusammenlegungsverfahren ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass die - als Ersatz für die eingebrachten Grundstücke - zugeteilten Grundabfindungen eines solchen Verfahrens hinsichtlich aller Rechtsbeziehungen zu dritten Personen an die Stelle der alten Grundstücke treten (vgl. dazu § 25 Abs. 2 TFLG 1978, inhaltsgleich im TFLG 1996). Abfindungsgrundstücke aus einem Zusammenlegungsverfahren treten an die Stelle der in das Verfahren eingebrachten Altgrundstücke, weshalb die Gemeindegutseigenschaft auf den Abfindungsgrundstücken bestehen bleibt, wenn eine solche für die in das Verfahren eingebrachten Grundstücke anzunehmen war.

      Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

      Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

      Wien, am 28. Februar 2013

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