VwGH 2012/01/0088

VwGH2012/01/008817.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde 1. des O und

2. des R, beide in B, Nigeria, beide vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen die Bescheide der Wiener Landesregierung 1.) vom 4. Mai 2012, Zl. MA 35/IV - A 469/2009 (protokolliert zur Zl. 2012/01/0088) und 2.) vom 4. Mai 2012, Zl. MA 35/IV - A 158/2007 (protokolliert zur Zl. 2012/01/0088), jeweils betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69;
AVG §69;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer beantragten am 17. Februar 2006 bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. In ihren Anträgen brachten sie dazu vor, nigerianische Staatsangehörige und am 26. November 1992 (Erstbeschwerdeführer) bzw. 8. Juli 1990 (Zweitbeschwerdeführer) in B geboren und auch dort wohnhaft zu sein. Ihr Vater sei der österreichische Staatsbürger A, ihre Mutter die nigerianische Staatsangehörige E. Dass die Eltern verheiratet (gewesen) seien, wurde nicht behauptet.

Dem in Nigeria geborenen A war mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 2004 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden.

Mit Bescheiden der belangten Behörde je vom 23. Februar 2006 wurde den Beschwerdeführern mit Wirkung vom selben Tag gemäß § 12 Z. 4 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde vom 4. Mai 2012 wurden die mit Bescheiden der belangten Behörde vom 23. Februar 2006 abgeschlossenen Staatsbürgerschaftsverfahren von Amts wegen gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 iVm § 69 Abs. 3 AVG wieder aufgenommen (Spruchpunkte 1.) und die Ansuchen der Beschwerdeführer vom 17. Februar 2006 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 ff StbG abgewiesen (Spruchpunkte 2.).

Begründend führte die belangte Behörde zu den Spruchpunkten 1. im Wesentlichen aus, aus dem (im Zuge von Passverfahren eingeholten) Bericht des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft Abuja (vom 22. Mai 2008) ergäben sich massive Zweifel an der Identität der Beschwerdeführer. Weder die Namen noch die Geburtsdaten der Beschwerdeführer hätten durch alte Registereinträge oder andere Dokumente verifiziert werden können. Die Herkunft und Abstammung habe auch durch die befragten Familienmitglieder nicht bestätigt werden können. In den Geburtsurkunden und den eidesstattlichen Erklärungen der E vom 26. Jänner 2006 fänden sich Änderungen bzw. Korrekturen betreffend den Namen des Vaters der Beschwerdeführer. In den Schulregistern der angegebenen Schulen (O Primary School; A Education Center), die nach Ansicht des Vertrauensanwaltes als manipuliert anzusehen seien, um die Namen der Beschwerdeführer einzutragen, und in den Reisepässen scheine als Geburtsort I auf, wohingegen in den Geburtsurkunden B als Geburtsort vermerkt sei.

Zusammenfassend seien folgende Ergebnisse hervorgekommen: Die Schulunterlagen, welche insbesondere auf das richtige Alter der Beschwerdeführer hinweisen hätten können, hätten Auffälligkeiten gezeigt. Die Beschwerdeführer hätten nicht im Eintrittsregister, welches nicht zur Verfügung gestellt worden sei, sondern in den Anwesenheitslisten gefunden werden können. Die Einreihung der Beschwerdeführer am Ende der Schülerliste für 2002/2003 (Erstbeschwerdeführer) bzw. 2001 (Zweitbeschwerdeführer) passe nicht mit der sonstigen alphabetischen Reihung zusammen. Der Name des Zweitbeschwerdeführers sei zudem nicht wie alle anderen Namen beginnend mit dem Familiennamen eingetragen worden. Auf dem Zeugnis der O Primary School betreffend den Erstbeschwerdeführer sei der Besuch der Schule von 1998 bis 2003 angegeben worden, den Angaben des Direktors der A Education Centers zufolge habe dieser die darauffolgende dortige Ausbildung aber erst 2006 begonnen. Auf dem Zeugnis der O Primary School betreffend den Zweitbeschwerdeführer sei der Besuch der Schule von 1996 bis 2001 angegeben worden; dies stehe sowohl im Widerspruch zur Eintragung in den Anwesenheitslisten des Schuljahres 2001/2002 als auch zu den Angaben des Zweitbeschwerdeführers, wonach er die Primary School in der fünften Stufe mit elf Jahren verlassen und 2002 mit dem A Education Center (Secondary School) begonnen habe. Das jeweilige Personendatenblatt des A Education Center lasse keinerlei Förmlichkeit (keine Stempel oder Unterschrift) erkennen, als Geburtsort scheine I auf. Das jeweilige Datenblatt sei unvollständig ausgefüllt worden, als Geburtsort sei sowohl von der angeblichen Mutter als auch von den Beschwerdeführern selbst B angegeben worden. Auf den Anwesenheitslisten des A Education Center hebe sich die Eintragung des Namens des Zweitbeschwerdeführers aufgrund ihrer Form von den übrigen ab. Auf einer näher genannten Zeugniskopie scheine der Zweitbeschwerdeführer mit dem Geburtsjahr 1990 zwischen zwei Kandidaten mit dem Geburtsjahr 1986 auf, zudem schienen die Namen genannter Kandidaten in keiner der Anwesenheitslisten des A Education Center auf, in denen der Zweitbeschwerdeführer aufscheine.

Befragungen der (angeblichen) Großeltern der Beschwerdeführer väterlicherseits, die in I lebten, hätten ergeben, dass die Beschwerdeführer nicht die Kinder von A seien. Dieser habe eine österreichische Frau geheiratet und habe lediglich einen Sohn. Der Großmutter seien Bilder der Beschwerdeführer vorgelegt worden. Dazu habe diese angegeben, dass sie den Zweitbeschwerdeführer nicht kenne; den Erstbeschwerdeführer habe sie erstmals 2006 gesehen, als dieser sie besucht und ohne Beweise mitgeteilt habe, er sei der Sohn von A. Sie sei bei der Geburt ihres Enkels nach Österreich gekommen, um sich um diesen zu kümmern; dieser Enkel sei jünger als die Beschwerdeführer. Auch der in L wohnhafte angebliche Onkel der Beschwerdeführer väterlicherseits habe angegeben, die Beschwerdeführer nicht bzw. nicht als Kinder seines Bruders zu kennen. Üblicherweise würden aber Großeltern in Nigeria deren Enkel kennen bzw. anerkennen, dies unabhängig davon, ob diese Kinder ehelich oder unehelich geboren worden seien.

Die beiden Onkel mütterlicherseits, die laut Angaben der Beschwerdeführer an derselben Adresse in B wohnten wie der Zweitbeschwerdeführer und die Mutter E, hätten widersprechende Angaben gemacht: Ein Onkel habe angegeben, A und E seien ordnungsgemäß verheiratet, er und seine Familie seien dieser Ehe nicht wohlwollend gegenüber gestanden. Ein anderer Onkel habe angegeben, die beiden seien niemals verheiratet gewesen und er wisse nicht viel über den Zweitbeschwerdeführer, obwohl beide angeblich an derselben Adresse wohnen würden. Die beiden Onkel hätten gegenüber dem Vertrauensanwalt bei mehreren Gelegenheiten erkennen lassen, verhandeln zu wollen, um einen positiven Bericht für die Beschwerdeführer zu erwirken. Der Zweitbeschwerdeführer habe sich geweigert, Fragen zu seinem Vater zu beantworten, da er nichts über diesen wisse.

Es erscheine weiters auffällig, dass die Geburtsurkunden und Reisepässe der beiden Beschwerdeführer aufeinanderfolgende Nummern aufwiesen und an den gleichen bzw. aufeinanderfolgenden Tagen ausgestellt worden seien. Eine gleichzeitige nachträgliche Ausstellung sei zwar möglich, dies erscheine aber aufgrund der unterschiedlichen Geburtsjahre auffällig, zumal die Geburtsurkunden und die eidesstattlichen Erklärungen dieselben Korrekturen aufwiesen. Die Identität, das Alter und insbesondere die Abstammung der Beschwerdeführer vom angegebenen Vater hätten somit nicht bestätigt werden können. Es hätte durch umfangreiche Befragungen und Ermittlungen nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer (im Zeitpunkt der Verleihung minderjährige ledige) Kinder des A und der E seien. Der Erstbeschwerdeführer sei am von ihm angegebenen Wohnort, wo auch E wohnhaft sei, nicht bekannt, zudem sei er auch der Großmutter väterlicherseits vor 2006 nicht bekannt gewesen. Die Korrekturen und Auffälligkeiten in den Schulunterlagen wiesen darauf hin, dass der Zweitbeschwerdeführer nicht im Jahr 1990 geboren worden sei, sondern im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft schon älter und nicht mehr minderjährig gewesen sei. Die Tatsache, dass sich die Aussagen der Familienmitglieder im Hinblick auf Herkunft und Abstammung der Beschwerdeführer erheblich widersprächen und die Großeltern diese nicht kennen würden, begründeten erhebliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der kurz vor Beantragung der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgestellten Geburtsurkunden.

Der vorliegende Bericht des Vertrauensanwaltes sei schlüssig und derart substantiell, dass nicht von einer Abstammung der Beschwerdeführer von A auszugehen sei. Die Ermittlungsergebnisse würden dafür sprechen, dass die Geburtsurkunden und eidesstattlichen Erklärungen kurz vor Beantragung der österreichischen Staatsbürgerschaft (mit unrichtigem Inhalt) ausgestellt worden seien, um die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft durch falsche Angaben und die Vorlage von inhaltlich unrichtigen Urkunden erschlichen hätten.

Im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 69 Abs. 3 AVG sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 3. März 2010 in der Rechtssache C 135/08 , Rottmann, sowie auf das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2008/01/0611) davon auszugehen, dass die Zeit zwischen Einbürgerung und der Rücknahmeentscheidung in der Dauer von sechs Jahren angesichts der Erschleichung der Staatsbürgerschaft durch unrichtige Urkunden und unrichtige Angaben als relativ kurze Zeitspanne anzusehen sei. Zudem seien die Beschwerdeführer noch nigerianische Staatsbürger, sodass die Rücknahme zu keiner Staatenlosigkeit führe. Auch hätte die Rücknahme keine Auswirkungen auf Familienangehörige und hätten sich die Beschwerdeführer auch seit ihrer Einbürgerung nicht in Österreich aufgehalten. Die Wiederaufnahme des Staatsbürgerschaftsverfahrens sei demnach nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Zu den Spruchpunkten 2. führte die belangte Behörde jeweils aus, das Verleihungsansuchen sei abzuweisen gewesen, da weder die Voraussetzungen des § 12 Z. 3 StbG (in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009) noch jene des § 10 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. erfüllt seien.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Bestimmung des § 12 Z. 4 StbG in der (im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren beendenden Bescheides maßgeblichen) Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 lautete:

"Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

  1. 1.
  2. 4. die Staatsbürgerschaft nach § 17 durch Erstreckung der Verleihung nur deshalb nicht erwerben kann, weil der hiefür maßgebende Elternteil (Wahlelternteil) bereits Staatsbürger ist.

    Das StbG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 lautet auszugsweise:

    "Verleihung

    § 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

    1. er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

    2. …

    § 12. Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

  1. 1.
  2. 3. die Staatsbürgerschaft nach § 17 durch Erstreckung der Verleihung nur deshalb nicht erwerben kann, weil der hierfür maßgebliche Elternteil (Wahlelternteil) bereits Staatsbürger ist und die Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Z 2 vorliegen. Vom Erfordernis der Niederlassung nach § 16 Abs. 1 Z 2 lit. a ist abzusehen, wenn der maßgebliche Elternteil (Wahlelternteil) nachweislich den Mittelpunkt der Lebensinteressen und seinen ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens zwölf Monaten im Ausland hat."

    Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 3 AVG kann ein mit Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen werden, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

2.1. Die Beschwerde macht zunächst geltend, die von den Beschwerdeführern vorgelegten (Identitäts‑) Urkunden seien von der nigerianischen Botschaft in Wien als echt befunden worden und hätten sich auch nach den Erhebungen des Vertrauensanwaltes als echt herausgestellt. Die belangte Behörde argumentiere damit, dass diese Urkunden inhaltlich unrichtig seien. Offenkundig habe die belangte Behörde die Beschwerdeführer "im Schnellverfahren" eingebürgert; die Behörde könne aber "eine aus Eile unterlassene genauere Prüfung der Urkunden vor Verleihung der Staatsbürgerschaft" nicht im Wiederaufnahmeverfahren nachholen.

Dem ist zu erwidern, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das "Erschleichen" eines Bescheides dann vorliegt, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zu Grunde gelegt worden sind, wobei die Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist. Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offen stehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides im Sinn des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG zu werten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 2011, Zl. 2008/01/0778, und vom 20. September 2011, Zl. 2008/01/0777, mwH).

Entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde schon deshalb nicht gehalten, die inhaltliche Richtigkeit der im Verleihungsverfahren vorgelegten echten Urkunden durch weitere, der Feststellung der inhaltlichen Richtigkeit der Urkunden dienliche Erhebungen zu überprüfen, weil nach Lage der hier zu beurteilenden Fälle nicht gesagt werden kann, dass ihr Derartiges im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten möglich und zumutbar gewesen wäre. Der von den Beschwerdeführern (in ihrer Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde) vertretenen Ansicht, die Behörde hätte im Verleihungsverfahren - da die Urkunden keine Beglaubigung durch das Außenministerium aufgewiesen hätten - die "Expertise eines Vertrauensanwaltes der Botschaft" einholen bzw. eine "nicht weiter schwierig(e)" Dokumentenüberprüfung in Nigeria veranlassen müssen, ist nicht zu folgen. Dass im Verleihungsverfahren konkrete Hinweise darauf vorgelegen hätten, dass die vorgelegten (echten) Urkunden inhaltlich Unrichtiges zum Ausdruck bringen, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2.2. Die Beschwerde bringt im Weiteren vor, die belangte Behörde vermeine, die Urkunden seien inhaltlich unrichtig, weil Nachforschungen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Abstammung vom österreichischen Vater begründeten. Derartige Zweifel sehe aber "unsere Rechtsordnung gar nicht vor". Wenn, wie hier wohl feststehe, der österreichische Vater die Vaterschaft anerkannt habe, sei er gemäß § 138 Abs. 1 Z. 2 ABGB der Vater und von der Behörde auch als Vater anzuerkennen. Schon aufgrund der gesetzlich zwingend anzunehmenden Vaterschaft hätte das Verleihungsverfahren nicht wiederaufgenommen werden dürfen. Es seien wohl auch Fälle vorstellbar, wo ein rechtlicher Vater nicht auch biologischer Vater sei; dennoch hätte ein derartiges Kind Anspruch auf Innehabung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Nach den Behauptungen der Beschwerdeführer wurden diese 1992 bzw. 1990 als außereheliche Kinder der nigerianischen Staatsangehörigen E und des in Nigeria geborenen A, dem unstrittig erst im Jahr 2004 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, geboren. Nach den Behauptungen der Beschwerdeführer besaßen diese (vor Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft) die nigerianische Staatsangehörigkeit; dass sie im Zeitpunkt ihrer Geburt nicht (nur) nigerianische Staatsangehörige gewesen wären, wurde nicht behauptet. Nach § 25 Abs. 1 erster Satz Internationales Privatrechts-Gesetz sind die Voraussetzungen der Feststellung und der Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind aber nach dessen Personalstatut im Zeitpunkt der Geburt zu beurteilen. Dass demnach in den Beschwerdefällen die österreichische Rechtsordnung zur Beurteilung der unehelichen Abstammung und deren Wirkungen maßgeblich wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass Umstände vorlägen, denen zufolge ein späteres Personalstatut der Beschwerdeführer maßgeblich wäre. Ein Vorbringen dahin, dass die - geht man von den Behauptungen der Beschwerdeführer aus - in den Beschwerdefällen insofern maßgebliche nigerianische Rechtsordnung einer (eigenständigen) Beurteilung der Behörde, wonach die Beschwerdeführer in Wahrheit nicht die Söhne des A seien, entgegenstünde, wurde von den Beschwerdeführern weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde erstattet.

2.3. Die Beschwerde wendet sich sodann gegen den Bericht des Vertrauensanwaltes und bringt dazu vor, die Ergebnisse der Verwandtschaftsbefragungen könnten die als echt beurteilten Urkunden nicht erschüttern. Auch in einer österreichischen Großfamilie, wäre sie wie auch hier vorliegend zerstritten, könne es durchaus vorkommen, dass ein Verwandter den anderen nicht kennen wolle oder über diese Person nur Negatives zu berichten wisse. Einer Großmutter dürfe wohl nachgesehen werden, wenn sie nicht jedes einzelne Kind aus der rund 50 Kinder bestehenden Enkelschar auf Anhieb kenne bzw. erkenne. Mehrere befragte Verwandte hätten die Beschwerdeführer im Übrigen gekannt. Auch die Eintragung des Zweitbeschwerdeführers zwischen zwei Schülern mit dem Geburtsjahr 1986 lasse nicht auf deren Unrichtigkeit schließen, zumal es zu wenig Vergleichsmaterial gebe. Die Beschwerdeführer seien auch in den Aufzeichnungen der von ihnen besuchten Schulen eingetragen; angesichts auch anderer nicht in alphabetischer Reihenfolge eingetragener Schülernamen deuteten die diesbezüglichen Eintragungen nicht auf Gefälligkeitseintragungen hin. Der Vertrauensanwalt habe sich auch nicht die Mühe gemacht, mit den Mitschülern zu sprechen, diesfalls wäre er wohl zu einer anderen Einschätzung gelangt. Hätten die Beschwerdeführer etwas zu verbergen gehabt, so hätten sie einer Überprüfung durch den Vertrauensanwalt nicht zugestimmt, sodass es zu keiner Überprüfung gekommen wäre. Zudem entspräche es der Logik, dass dann, wenn die Angaben der Beschwerdeführer unrichtig wären, sie wohl dafür gesorgt hätten, dass alle Verwandten die Identität bestätigen würden und dass bei Schülerstammdaten nicht statt dem Geburtsort der Herkunftsort der Familie eingetragen worden wäre. Der Bericht des Vertrauensanwaltes könne demnach "die Identität der Beschwerdeführer nicht erschüttern".

Mit diesem Vorbringen wird allerdings eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, die sich auf sämtliche (oben zusammengefasst wiedergegebene) Ermittlungsergebnisse im Bericht des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft Abuja vom 22. Mai 2008 stützt, nicht aufgezeigt. Dass die belangte Behörde die Aussagen der (behaupteten) Großmutter väterlicherseits, wonach die Beschwerdeführer nicht die Kinder von A seien, dieser lediglich einen (in Österreich lebenden) Sohn habe, der jünger als die Beschwerdeführer sei, und sie den Zweitbeschwerdeführer nicht kenne und der Erstbeschwerdeführer sie erstmals 2006 besucht und ohne Beweise mitgeteilt habe, er sei der Sohn von A, nicht auf die in der Beschwerde unsubstantiiert in den Raum gestellten Umstände (Streit innerhalb der Familien; nicht auf Anhieb Kennen bzw. Erkennen eines Enkels) zurückgeführt hat, ist nicht als unschlüssig zu erkennen. Dass mehrere befragte Verwandte (zu ergänzen: mütterlicherseits) die Beschwerdeführer gekannt hätten, vermag eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung ebenfalls nicht aufzuzeigen, wird im Bericht des Vertrauensanwaltes doch dargelegt, dass die beiden behaupteten Onkel mütterlicherseits widersprechende Angaben zu den Familienverhältnissen gemacht hätten und überdies von diesen versucht worden sei, über einen positiven Bericht mit dem Vertrauensanwalt zu verhandeln. Dass diesen Angaben gegenüber denjenigen sämtlicher behaupteter Verwandter väterlicherseits nicht der Vorzug gegeben wurde, ist nicht unschlüssig zu erkennen. Auch die mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen bloß partiell vorgenommene Bestreitung der Erwägungen im Bericht des Vertrauensanwaltes zu den Erhebungen im Zusammenhang mit den (behaupteten) Schulbesuchen der Beschwerdeführer vermag eine Unschlüssigkeit dieser Erwägungen in ihrer Gesamtheit nicht aufzuzeigen.

2.4. Die Beschwerde macht im Weiteren geltend, die Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens sei im Hinblick auf den Erstbeschwerdeführer "unvorhersehbar und wohl auch nicht rechtmäßig" gewesen, weil ein von der belangten Behörde zunächst (über Antrag der Bundesministerin für Inneres) eingeleitetes Wiederaufnahmeverfahren im Oktober 2008 "eingestellt" worden sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Bericht des Vertrauensanwaltes vom 22. Mai 2008 bereits existiert habe.

Mit diesem Vorbringen kann eine Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufgezeigt werden, weil die Einstellung eines zunächst geführten Wiederaufnahmeverfahrens einer nachfolgenden Fortsetzung des Verfahrens nicht entgegensteht.

2.5. Die Beschwerde rügt weiters, dass im Verwaltungsverfahren in einer Stellungnahme vom 5. Juli 2011 geltend gemacht worden sei, dass zu Beilagen des Berichtes des Vertrauensanwaltes vom 22. Mai 2008, die nicht im Akt eingelegen seien, unzureichendes Parteiengehör gewährt worden sei. Die belangte Behörde habe bislang die Beilagen nicht dem Parteiengehör unterzogen. Da bei Kenntnis der Beilagen nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Behörde zu einem anderslautenden Bescheid gekommen wäre, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.

Dem ist zu erwidern, dass nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten darin u.a. auch (in der Stellungnahme vom 5. Juli 2011 als fehlend gerügte) Schullisten des A Education Center sowie weitere Dokumente dieser und der O Primary School einliegen, die im Bericht des Vertrauensanwaltes unter dem Titel "Additional Documents" aufgelistet wurden. Im Übrigen enthält die Beschwerde kein Vorbringen dahin, was bei Einräumung von Parteiengehör dazu vorgebracht worden wäre, sodass auch die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht konkret aufgezeigt wird.

2.6. Die Beschwerde macht schließlich geltend, die Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens sei unverhältnismäßig. Der Umstand, dass die Beschwerdeführer in Nigeria verblieben seien und auch ihre nigerianische Staatsangehörigkeit nicht zurückgelegt hätten, sei wesentlich durch die unbegründete Nichtausstellung von Reisepässen durch die österreichische Botschaft Abuja verursacht worden. Die Behörde könne daher nicht damit argumentieren, dass wegen der nicht eintretenden Staatenlosigkeit die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 2. März 2010 in der Rechtssache C 135/08 , Rottmann, ist, wenn eine Entscheidung über die Rücknahme der Einbürgerung zur Folge hat, dass der Betroffene neben der Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaates der Einbürgerung die Unionsbürgerschaft verliert "zu prüfen, ob die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die unionsrechtliche Stellung des Betroffenen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt" (Randnummern 54, 55 und 59). Bei der Prüfung einer Entscheidung über die Rücknahme der Einbürgerung sind - so der EuGH weiter -" die möglichen Folgen zu berücksichtigen, die diese Entscheidung für den Betroffenen und gegebenenfalls für seine Familienangehörigen in Bezug auf den Verlust der Rechte, die jeder Unionsbürger genießt, mit sich bringt. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob dieser Verlust gerechtfertigt ist im Verhältnis zur Schwere des vom Betroffenen begangenen Verstoßes, zur Zeit, die zwischen der Einbürgerungsentscheidung und der Rücknahmeentscheidung vergangen ist, und zur Möglichkeit für den Betroffenen, seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit wieder zu erlangen" (Randnummer 56). "Ein Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit durch Täuschung erschlichen wurde", kann zwar "nicht nach Art. 17 EG verpflichtet sein, von der Rücknahme der Einbürgerung allein deshalb abzusehen, weil der Betroffene die Staatsangehörigkeit seines Herkunftsstaats nicht wieder erlangt hat" (Randnummer 57). Jedoch ist zu beurteilen, "ob die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit es unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände verlangt, dass dem Betroffenen vor Wirksamwerden einer derartigen Entscheidung über die Rücknahme der Einbürgerung eine angemessene Frist eingeräumt wird, damit er versuchen kann, die Staatsangehörigkeit seines Herkunftsmitgliedstaats wieder zu erlangen" (Randnummer 58).

Daher hat die Behörde zu prüfen, ob nach der angeführten Rechtsprechung des EuGH im Urteil "Rottmann" fallbezogen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Rücknahme der Staatsbürgerschaft ausnahmsweise unverhältnismäßig ist (vgl. hiezu das Urteil des Deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2010, Zl. BVerwG 5 C 12.10, Rz. 23 bis 26; vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2013, Zl. 2011/01/0251, mwN).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde eine derartige Prüfung vorgenommen und ist in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gekommen, dass fallbezogen keine Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Rücknahme der Staatsbürgerschaft ausnahmsweise unverhältnismäßig ist. Mit dem Beschwerdevorbringen wird dagegen nicht dargetan, dass die Behörde bei ihrer Prüfung den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum überschritten hätte.

3. Die Beschwerde tritt weder der Annahme der belangten Behörde, die Voraussetzungen einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 12 Z. 3 StbG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 seien in den Beschwerdefällen nicht erfüllt, entgegen noch behauptet sie, dass eine Verleihung im wiederaufgenommenen Verfahren nach einem anderen Tatbestand des StbG möglich gewesen wäre.

4. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. Dezember 2013

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