Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine armenische Staatsangehörige, reiste am 23. April 2003 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 5. September 2003 wies das Bundesasylamt diesen Antrag in erster Instanz ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Armenien für zulässig. Mit Erkenntnis vom 26. Februar 2009 wies der Asylgerichtshof die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab. Am 10. Juli 2007 hatte die Beschwerdeführerin in Wien den ukrainischen Staatsangehörigen V geheiratet.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. Mai 2009 wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.
In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet seit der rechtskräftigen Abweisung ihres Asylantrages unrechtmäßig sei. Die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung seien somit im Grunde § 53 Abs. 1 FPG gegeben.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG verwies die belangte Behörde auf die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann und zu ihrem Bruder, der (lediglich auf Grund einer Erkrankung) über eine befristete Aufenthaltsberechtigung verfüge. Daher sei mit der Ausweisung ein Eingriff in ihr Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten, zumal der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften ein besonders hoher Stellenwert zukomme und der unrechtmäßige Weiterverbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nach dem rechtskräftig negativen Abschluss ihres Asylverfahrens gegen dieses große öffentliche Interesse gravierend verstoße. Zu den familiären Bindungen der Beschwerdeführerin merkte die belangte Behörde an, dass sie die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen habe, zu dem sie nicht mit einem ständigen Weiterverbleib im Inland habe rechnen dürfen. Darüber hinaus halte sich auch ihr Ehemann - "nach zwei rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren" - unrechtmäßig im Inland auf. Dass einer gemeinsamen Ausreise mit ihrem Ehemann unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden, sei nicht behauptet worden. Die Bindungen zu ihrem Bruder seien dadurch relativiert, dass dieser nicht mit ihr (sondern mit seiner Lebensgefährtin) im gemeinsamen Haushalt lebe. Eine Integration der Beschwerdeführerin am heimischen Arbeitsmarkt sei nicht aktenkundig. Angesichts dieser Umstände erachtete die belangte Behörde die Erlassung der Ausweisung als zulässig iSd § 66 FPG. Mangels sonstiger, zugunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände sah sie auch keinen Grund, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des Ermessens Abstand zu nehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Mai 2009 geltende Fassung.
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin über keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz mehr verfügt. Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG bei der Beschwerdeführerin vorläge. Die belangte Behörde ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei.
Wird durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei dieser Beurteilung ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 66 Abs. 2 FPG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 66 Abs. 3 FPG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Bei einer Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. Mai 2012, Zl. 2011/23/0326, mwN).
Die Beschwerde wendet sich gegen die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung. Sie verweist dazu insbesondere auf den ca. sechsjährigen Inlandsaufenthalt der Beschwerdeführerin sowie auf die familiären Bindungen zu ihrem Ehemann und zu ihrem Bruder, wobei das Naheverhältnis zu ihrem Bruder auf Grund dessen schwerer Nierenerkrankung besonders intensiv sei. Ungeachtet dieser Umstände habe ihr die belangte Behörde "kein bestehendes Familienleben in Österreich zugebilligt".
Entgegen dieser Ansicht hat die belangte Behörde ihrer Interessenabwägung die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Ehemann und zu ihrem Bruder hinreichend zugrunde gelegt und ausgehend davon auch einen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben angenommen. Zu Recht berücksichtigte die belangte Behörde aber iSd § 66 Abs. 2 Z 8 FPG auch, dass die Bindungen zu ihrem Ehemann zu einem Zeitpunkt entstanden sind, zu dem die Beschwerdeführerin nicht mit einem ständigen Weiterverbleib im Bundesgebiet rechnen durfte, zumal sie jedenfalls nach der erstinstanzlichen Abweisung ihres Asylantrages im September 2003 von einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatus ausgehen musste. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. September 2012, Zl. 2011/23/0204). Ebenfalls durfte die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legen, dass keine unüberwindlichen Hindernisse geltend gemacht worden sind, die einer gemeinsamen Ausreise der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann entgegenstünden. Soweit die Beschwerde von einem rechtmäßigen Aufenthalt des Ehemannes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet spricht, ist - mit der belangten Behörde - darauf hinzuweisen, dass beide von ihm gestellten Asylanträge rechtskräftig negativ erledigt worden sind. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer sonstigen Voraussetzung für einen rechtmäßigen Aufenthalt iSd § 31 Abs. 1 FPG lassen sich weder den vorgelegten Verwaltungsakten entnehmen noch wurden sie konkret vorgebracht. Hinsichtlich der Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrem (erwachsenen) Bruder durfte die belangte Behörde schließlich relativierend darauf Bedacht nehmen, dass dieser nicht mit der Beschwerdeführerin (sondern mit seiner Lebensgefährtin) im gemeinsamen Haushalt lebt.
Auch die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten perfekten Deutschkenntnisse, ihr (1991 in der damaligen Sowjetunion erworbener) Hochschulabschluss und ihre Unbescholtenheit können im vorliegenden Fall letztlich nicht zu einer maßgeblichen Verstärkung ihrer persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet führen. Entgegen der Beschwerdeansicht ist es auch nicht entscheidungsrelevant, dass der Beschwerdeführerin die fehlende Integration am Arbeitsmarkt nicht vorwerfbar ist.
Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde zu Recht das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften gegenübergestellt. Dieses Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren unrechtmäßigen Weiterverbleib im Bundesgebiet nach dem rechtskräftig negativen Abschluss ihres Asylverfahrens aber erheblich beeinträchtigt.
Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde aus den dargelegten Umständen aber nicht ableiten müssen, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin aus Österreich unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK am Maßstab der in § 66 Abs. 2 FPG angeführten Kriterien unzulässig sei. Diese Umstände stellen sich nämlich auch in Verbindung mit dem sechsjährigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland insgesamt nicht als so außergewöhnlich dar, dass unter dem genannten Gesichtspunkt von einer Ausweisung hätte Abstand genommen und der weitere Verbleib der Beschwerdeführerin in Österreich akzeptiert werden müssen.
Entgegen der Beschwerdeansicht erweist sich der angefochtene Bescheid auch als ausreichend begründet. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstände hätten die belangte Behörde schließlich auch nicht dazu veranlassen müssen, das ihr eingeräumte Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin auszuüben.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 31. Jänner 2013
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