VwGH 2011/16/0200

VwGH2011/16/020018.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 5. August 2011, Zl. FSRV/0050- L/10, betreffend Zurückweisung eines Rechtsbehelfs im Finanzstrafverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §93 Abs3 litb;
FinStrG §150 Abs1;
FinStrG §152 Abs1;
FinStrG §156 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §62 Abs5;
VwRallg;
BAO §93 Abs3 litb;
FinStrG §150 Abs1;
FinStrG §152 Abs1;
FinStrG §156 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §62 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt Grieskirchen Wels erließ eine Strafverfügung vom 23. November 2005 mit folgendem Spruch:

"1. Herr (Beschwerdeführer), geb. ....., ist schuldig, er hat als Abgabepflichtiger im Sprengel des Finanzamtes Grieskirchen Wels

a) vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich zur Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen, eine Verkürzung von Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2003 in der Höhe von insgesamt EUR 20.019,37 (U 03: EUR 17.000,--; E 03: EUR 3.019,37) bewirkt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßige Begehung), und

b) ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen, vorsätzlich eine abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht dadurch verletzt, dass er die Jahressteuererklärung 2002 trotz Erinnerung durch die Finanzbehörde und Festsetzung von Zwangsstrafen nicht termingerecht abgegeben hat.

Er hat dadurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt 1a) und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt 1b) begangen.

2. Gemäß § 33 Abs. 5 iVm §§ 21, 38 Abs. 1 lit. a und 51 Abs. 2 FinStrG wird über ihn eine Geldstrafe von EUR 9.900,-- verhängt; gemäß § 20 FinStrG wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 34 Tagen festgesetzt.

3. Gemäß § 185 FinStrG sind die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 363,-- und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. Die Höhe der Kosten des Strafvollzuges wird durch gesonderten Bescheid festgesetzt werden."

Mit Schriftsatz vom 25. März 2006 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit der erwähnten - rechtskräftigen - Strafverfügung abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens mit der Begründung, dass sich (hinsichtlich der Abgabenhinterziehung) geringere strafbestimmende Wertbeträge ergäben.

Mit Bescheid vom 30. Jänner 2007 gab das Finanzamt Grieskirchen Wels dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens "hinsichtlich des strafbestimmenden Wertbetrages (Punkt a) der Strafverfügung" statt.

Mit weiterem Bescheid vom 30. Jänner 2007 sprach das Finanzamt Grieskirchen Wels aus:

"Im wiederaufgenommenen Verfahren zur Strafverfügung vom 23.11.2005, StrafNr. ..., wird die Verkürzung an Umsatzsteuer zu Punkt 1a) mit EUR 5.331,59 festgestellt. Der Verkürzungsbetrag an Einkommensteuer zu Punkt 1a) wird mit EUR 0,00 festgestellt.

Punkt 1b) der Strafverfügung bleibt unverändert.

Die Geldstrafe wird gemäß § 33 Abs. 5 iVm §§ 21, 38 Abs. 1 lit. a und 51 Abs. 2 FinStrG mit EUR 2.900,-- festgesetzt. Gemäß § 20 FinStrG wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 10 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 185 FinStrG sind die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 290,-- und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. Die Höhe der Kosten des Strafvollzuges wird durch gesonderten Bescheid festgesetzt werden."

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 1. Februar 2007 zugestellt und enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen ihn das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben werden könne. Die Rechtsmittelfrist beginne mit der Zustellung des Bescheides und ende mit dem Ablauf desjenigen Tages des nächsten Monats, der durch seine Zahl dem Zustellungstag entspreche. Das Rechtsmittel sei beim Finanzamt Grieskirchen Wels oder beim unabhängigen Finanzsenat einzubringen, habe den Bescheid zu bezeichnen, gegen den es sich richte, und einen begründeten Rechtsmittelantrag zu enthalten.

Der Beschuldigte brachte - durch seinen Verteidiger - einen Schriftsatz vom 9. Jänner 2008 beim Finanzamt Grieskirchen Wels ein, in welchem er zusammengefasst zunächst die Ansicht vertrat, nach der Bewilligung der Wiederaufnahme trete das Verfahren in den Stand des Untersuchungsverfahrens zurück und sei damit unerledigt. Da ein solches Verfahren - abgesehen von einem Vorgehen nach § 25 FinStrG - nur durch Einstellung, Strafverfügung oder Erkenntnis beendet werden könne, die Beendigung in der Form eines "Bescheides" mit dem die Finanzstrafbehörde den Verkürzungsbetrag "feststellt" und eine Strafe "festsetzt" gesetzlich nicht vorgesehen sei, sei davon auszugehen, dass das in Rede stehende Finanzstrafverfahren weiter unerledigt sei.

Weiters vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass die Erledigung vom 30. Jänner 2007 weder eine Rechtsmittelbelehrung über ein Berufungsrecht noch eine Belehrung über das Einspruchsrecht, sondern nur eine Rechtsmittelbelehrung über ein angeblich bestehendes Beschwerderecht enthalte. Wenn im Erkenntnis anstatt des Berufungsrechts oder wenn in einer Strafverfügung anstatt des Einspruchsrechts ein Beschwerderecht eingeräumt werde, habe dies dieselbe Wirkung, als hätte das Erkenntnis keine Rechtsmittelbelehrung oder als hätte die Strafverfügung keine Belehrung über das Einspruchsrecht.

Daraufhin formulierte der Beschwerdeführer wie folgt:

"Sollte die Erledigung dennoch als Erkenntnis zu werten sein, bedient sich der Beschuldigte nun innerhalb der noch immer offenen Frist des Rechtsmittels der Berufung gegen die Erledigung (das Erkenntnis) vom 30.1.2007 ..."

Aus diesen Gründen stelle der Beschuldigte die Anträge, die Entscheidung über die Berufung gegen die Erledigung einem Berufungssenat aufzutragen, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung die Erledigung aufzuheben und das Finanzstrafverfahren einzustellen, in eventu die Sache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zurückzuweisen und in eventu, im Falle eines Schuldbeweises, eine nachvollziehbare Strafbemessung vorzunehmen.

Daran anschließend führte der Beschuldigte aus:

"Sollte die Erledigung aber als Strafverfügung zu werten sein, bedient sich der Beschuldigte innerhalb der noch immer offenen Frist des Einspruches, gegen die Erledigung (Strafverfügung) vom 30.1.2007 ..."

Dazu stelle der Beschuldigte den Antrag "auf Zuständigkeit des Spruchsenates zur Durchführung der mündlichen Verhandlung und Fällung des Erkenntnisses."

Das Finanzamt Grieskirchen Wels erließ einen Bescheid vom 4. März 2008 mit folgendem Spruch:

"Ihre Berufung vom 9.1.2008 gegen den Bescheid vom 30.1.2007 betreffend das wiederaufgenommene Verfahren zur Strafverfügung vom 23.11.2005 (StrafNr ...) wird gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG zurückgewiesen, weil sie nicht fristgerecht eingebracht wurde."

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 4. April 2008 eine (Administrativ-)Beschwerde, in welcher er zunächst im Wesentlichen seine Ausführungen im Schriftsatz vom 9. Jänner 2008 wiederholte und sodann fortfuhr, der bekämpfte Bescheid (vom 4. März 2008) zeige, dass - aus Sicht der Finanzstrafbehörde erster Instanz - die Erledigung vom 30. Jänner 2007 als Erkenntnis aufzufassen sei, weil mit dem bekämpften Bescheid die "Berufung" vom 9. Jänner 2008 zurückgewiesen worden sei. Da aber der Erledigung vom 30. Jänner 2007 die Rechtsmittelbelehrung fehle und diese Erledigung ein Beschwerderecht und kein Berufungsrecht einräume, sei die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt worden, weshalb das Rechtsmittel auch nicht verspätet sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den vor ihr bekämpften Bescheid vom 4. März 2008

"insofern, als das gegen den Bescheid des bezeichneten Finanzamtes als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 30. Jänner 2007, betreffend die im gemäß § 165 Abs. 1 lit. d FinStrG wieder aufgenommene Finanzstrafverfahren zur StrNr. ... ergangene Sachentscheidung (Abänderung der da. Strafverfügung vom 23. November 2005), erhobene Rechtsmittel als Beschwerde iSd §§ 150, 152 Abs. 1 FinStrG aufzufassen ist und der Spruch daher zu lauten hat:

Die Beschwerde vom 9. Jänner 2008 gegen den Bescheid vom 30. Jänner 2007, betreffend die im wiederaufgenommenen Finanzstrafverfahren zur StrNr.: ... ergangene Sachentscheidung gemäß § 166 Abs. 4 FinStrG, wird gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen."

Die belangte Behörde schilderte das Verwaltungsgeschehen und vertrat sodann die Ansicht, der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Sachentscheidung im Sinn des § 166 Abs. 4 FinStrG käme der Rechtscharakter eines (sonstigen) Bescheides iSd § 56 Abs. 2 FinStrG iVm § 93 BAO zu. Denn jedenfalls bei einer lediglich teilweisen Aufhebung oder Abänderung der ersten Entscheidung im (teilweise) wiederaufgenommenen Verfahren bestehe die ursprüngliche Sachentscheidung (im Beschwerdefall die Strafverfügung vom 23. November 2005) - teilweise - weiter und im Übrigen ergebe sich auch aus der Systematik des Finanzstrafgesetzes nicht, dass die neue, die das ursprüngliche Untersuchungsverfahren abschließende und die frühere Entscheidung (Erkenntnis oder Strafverfügung) teilweise abändernde Sachentscheidung in der Form der §§ 134 ff FinStrG zu ergehen habe. Daher hafte der dem Bescheid betreffend die im wiederaufgenommenen Finanzstrafverfahren ergangenen Sachentscheidung (Abänderung der Strafverfügung vom 23. November 2005) angeschlossenen Rechtsmittelbelehrung kein im Beschwerdefall relevanter Mangel an.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, "dass eine Berufung nicht in eine Beschwerde 'umgedeutet' und/oder eine von ihm nicht erhobene Beschwerde nicht zurückgewiesen wird", sowie im "Recht auf meritorische Erledigung einer Berufung".

Der Verwaltungsgerichtshof hat - durch einen gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Abgesehen vom Fall der Einstellung (§ 124 Abs. 1 FinStrG) hat das nach Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nach den Bestimmungen der §§ 115ff FinStrG durchgeführte Untersuchungsverfahren zu einer mündlichen Verhandlung zu führen und ist ein Erkenntnis zu fällen, welches gemäß § 137 lit. e leg.cit. auch eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Enthält das Erkenntnis keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angaben über die Rechtsmittelfrist oder erklärt es zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird gemäß § 140 Abs. 2 FinStrG die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.

Gemäß § 143 Abs. 1 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde erster Instanz in näher angeführten Fällen ein Strafverfahren ohne mündliche Verhandlung und ohne Fällung eines Erkenntnisses durch Strafverfügung beenden.

Für die Strafverfügung und deren Zustellung gelten gemäß § 144 FinStrG die Bestimmungen sinngemäß, die für die nicht auf Einstellung lautenden Erkenntnisse gelten (darunter § 140 Abs. 2 bis 5). Statt der Rechtsmittelbelehrung ist die Belehrung über das Einspruchsrecht zu geben.

Der Beschuldigte und die Nebenbeteiligten können gemäß § 145 Abs. 1 FinStrG gegen die Strafverfügung binnen einem Monat nach der Zustellung bei der Finanzstrafbehörde erster Instanz, die die Strafverfügung erlassen hat, Einspruch erheben. Durch die rechtzeitige Einbringung eines Einspruches tritt gemäß § 145 Abs. 2 leg. cit. die Strafverfügung außer Kraft. Das Verfahren ist sodann nach den Bestimmungen der §§ 115 bis 142 durchzuführen.

Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat den Einspruch gemäß § 145 Abs. 4 FinStrG durch Bescheid zurückzuweisen, wenn er unzulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 56 Abs. 2 FinstrG gelten u.a. für Erledigungen, soweit das FinStrG nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen des dritten Abschnittes der BAO sinngemäß.

Im ihrem dritten Abschnitt bestimmt die BAO in § 93 Abs. 3 lit. b, dass ein Bescheid eine Belehrung zu enthalten hat, u.a. ob ein Rechtsmittel zulässig ist und innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist. Enthält ein Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt es zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.

Gemäß § 150 Abs. 1 FinStrG sind Rechtsmittel im Finanzstrafverfahren die Berufung und die Beschwerde. Das Rechtsmittel der Berufung steht gemäß § 151 Abs. 1 FinStrG gegen Erkenntnisse zu, gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide ist gemäß § 152 Abs. 1 leg. cit. als Rechtsmittel die Beschwerde zulässig.

Für beide Rechtsmittel sind die Rechtsmittelfrist (§ 150 Abs. 2 FinStrG), die Behörde, bei der das Rechtsmittel einzubringen ist (§ 150 Abs. 3 leg. cit.) und der Inhalt des Rechtsmittels (§ 153) sowie ein Rechtsmittelverzicht (§ 154 leg. cit.) und die Zurücknahme von Rechtsmitteln (§ 155) in gleicher Art geregelt.

Ein Unterschied besteht darin, dass die rechtzeitig eingebrachte Berufung gemäß § 151 Abs. 2 FinStrG - vom Fall der Haft wegen Fluchtgefahr abgesehen - aufschiebende Wirkung hat, während der Beschwerde nach § 152 Abs. 2 leg. cit. eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zukommt, diese auf Antrag des Beschwerdeführers jedoch zuzuerkennen ist.

Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass über eine Berufung gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG in den dort genannten Fällen nach vorausgegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist, während über Beschwerden gemäß § 160 Abs. 2 leg. cit. ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden ist.

Ein letzter Unterschied ist darin zu sehen, dass die Entscheidung über das Rechtsmittel einem Berufungssenat obliegt, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter dies in der Berufung begehrt (§ 62 Abs. 2 lit. b FinStrG), während die Entscheidung über alle anderen Rechtsmittel gemäß § 62 Abs. 5 leg. cit. dem Vorsitzenden oder dem hauptberuflichen Mitglied des Berufungssenates obliegt.

Gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz ein Rechtsmittel, das gegen ein von ihr erlassenes Erkenntnis (einen Bescheid) eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn das Rechtmittel nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 165 Abs. 1 FinStrG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis (Bescheid, Rechtsmittelentscheidung) abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens auf Antrag oder von Amts wegen zu verfügen, wenn ein ordentliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht oder nicht mehr zulässig ist und weiters genannte Voraussetzungen erfüllt sind.

§ 166 FinStrG lautet:

"§ 166. (1) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Finanzstrafbehörde zu, die in letzter Instanz die Entscheidung im abgeschlossenen Verfahren gefällt hat.

(2) In dem die Wiederaufnahme bewilligenden oder anordnenden Bescheid ist auszusprechen, inwieweit das Verfahren wiederaufzunehmen ist. Durch diesen Bescheid wird der weitere Rechtsbestand der Entscheidung des abgeschlossenen Verfahrens nicht berührt. Die Behörde, die die Wiederaufnahme verfügt hat,

hat jedoch die Vollziehung ... auszusetzen, ...

(3) Durch die Wiederaufnahme tritt die Strafsache, wenn über sie bereits durch eine Finanzstrafbehörde zweiter Instanz abgesprochen wurde, in den Stand des Rechtsmittelverfahrens, in allen übrigen Fällen in den Stand des Untersuchungsverfahrens zurück. Frühere Erhebungen und Beweisaufnahmen, die durch die Wiederaufnahmsgründe nicht betroffen werden, sind nicht zu wiederholen.

(4) Im wiederaufgenommenen Verfahren ist unter gänzlicher oder teilweiser Aufhebung der früheren Entscheidung insoweit in der Sache selbst zu entscheiden, als die frühere Entscheidung nicht mehr für zutreffend befunden wird. Kommt eine Entscheidung in der Sache selbst nicht in Betracht, so ist das wiederaufgenommene Verfahren durch Bescheid einzustellen.

(5) ..."

Ob die Finanzstrafbehörde erster Instanz im wiederaufgenommenen Verfahren neuerlich durch Strafverfügung entscheiden kann, kann dahin gestellt bleiben, enthält doch im Beschwerdefall der Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 30. Jänner 2007 (mit dem die Verkürzung an Umsatzsteuer "festgestellt" wurde) keinen Hinweis darauf, dass es sich dabei um eine Strafverfügung handeln sollte, auch wenn damit gemäß § 166 Abs. 4 FinStrG die Strafverfügung vom 23. November 2005 teilweise abgeändert wurde.

Somit kommt gegen diesen Bescheid der Rechtsbehelf des Einspruchs nicht in Betracht.

Ob die Finanzstrafbehörde erster Instanz im wiederaufgenommenen Verfahren durch Erkenntnis entscheiden kann, kann ebenfalls dahin gestellt bleiben, enthält doch im Beschwerdefall der genannte Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 30. Jänner 2007 keinen Hinweis darauf, dass es sich dabei um ein Erkenntnis handeln sollte. Weder enthält der Bescheid die Bezeichnung "Erkenntnis" noch findet sich im Spruch der Wortlaut "zu Recht erkannt". Die Ansicht des Beschwerdeführers, im wiederaufgenommenen Verfahren könne lediglich durch Strafverfügung oder Erkenntnis entschieden werden, weshalb es sich bei jenem Bescheid vom 30. Jänner 2007 nicht um einen anderen Bescheid als ein Erkenntnis oder eine Strafverfügung handeln könne, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Die Zulässigkeit oder gar Richtigkeit dieses Bescheides vom 30. Jänner 2007 war im Beschwerdefall weder von der belangten Behörde noch vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfen.

Somit kommt gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung nicht in Betracht und erklärt die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides zutreffend das Rechtsmittel der Beschwerde für zulässig.

Der Beschwerdeführer macht Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und trägt dazu vor, er habe (mit dem Schriftsatz vom 9. Jänner 2008) keine Beschwerde gegen die Erledigung vom 30. Jänner 2007 eingebracht, sondern er habe darin die reformatorische Entscheidung über die "Berufung" durch einen Berufungssenat begehrt und nicht die Entscheidung über eine Beschwerde. Zu einer Umdeutung der Berufung in eine Beschwerde sei die belangte Behörde nicht berechtigt gewesen. Mit dieser Umdeutung habe die belangte Behörde auch die Sache des Rechtmittelverfahrens ausgewechselt, wozu sie nicht berechtigt gewesen sei. Mangels Sachidentität habe sie den angefochtenen Bescheid mit Unzuständigkeit belastet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein dessen Unzulässigkeit nicht begründen. Für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. etwa das vom Beschwerdeführer zitierte hg. Erkenntnis vom 20. November 2007, 2007/16/0145).

Bei der Zurückweisung eines Rechtsbehelfs als verspätet hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz zu entscheiden, unabhängig davon, ob es sich um den Rechtsbehelf eines Einspruchs, um das Rechtsmittel einer Berufung gegen ein Erkenntnis oder um das Rechtsmittel einer Beschwerde gegen einen sonstigen Bescheid handelt.

Gegen einen solchen Bescheid der Finanzstrafbehörde erster Instanz über die Zurückweisung eines Rechtsbehelfs steht das Rechtsmittel der Beschwerde (§ 152 Abs. 1 FinStrG) offen, über welche gemäß § 61 Abs. 5 FinStrG der Vorsitzende oder das hauptberufliche Mitglied des Berufungssenates entscheidet.

Da im Beschwerdefall das (im Schriftsatz vom 9. Jänner 2008 erhobene) Rechtsmittel des Beschwerdeführers von der Finanzstrafbehörde erster Instanz zurückgewiesen wurde, erfolgte die meritorische Entscheidung über ein dagegen eingebrachtes Rechtsmittel der Administrativbeschwerde zutreffend durch das hauptberufliche Mitglied des Berufungssenates.

Die vom Beschwerdeführer vermisste Sachidentität liegt durchaus vor, denn in der unterschiedlichen rechtlichen Wertung eines Schriftsatzes als Berufung oder als (Administrativ-)Beschwerde wird der Tatsachenkomplex, der die Sache des Rechtsmittelverfahrens bestimmt (im Beschwerdefall: ein Rechtsmittel gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 30. Jänner 2007), nicht verlassen.

Dem angefochtenen Bescheid haftet die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde somit nicht an.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, die Erledigung vom 30. Jänner 2007 enthalte weder eine Rechtsmittelbelehrung über ein Berufungsrecht noch eine Belehrung über das Einspruchsrecht, sondern nur eine Rechtsmittelbelehrung über ein angeblich bestehendes Beschwerderecht. Wenn im Erkenntnis anstatt des Berufungsrechtes oder wenn in der Strafverfügung anstatt des Einspruchsrechtes ein Beschwerderecht eingeräumt werde, habe dies dieselbe Wirkung, als hätte das Erkenntnis keine Rechtsmittelbelehrung oder als hätte die Strafverfügung keine Belehrung über das Einspruchsrecht. Daraus entnehme der Beschwerdeführer, dass die Frist für einen Rechtsbehelf gegen die Erledigung vom 30. Jänner 2007 noch nicht zu laufen begonnen habe.

Tatsächlich enthält der Bescheid vom 30. Jänner 2007 eine Rechtsmittelbelehrung, in der - wie erwähnt - das Rechtsmittel der Beschwerde zutreffend für zulässig erklärt wird.

Der Beschwerdeführer war sohin nicht gehindert, innerhalb der für dieses Rechtsmittel (Beschwerde) offen stehenden Frist von einem Monat ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 30. Jänner 2007 einzubringen, wobei ihm nach der oben erwähnten hg. Rechtsprechung eine falsche Bezeichnung des Rechtsmittels nicht geschadet hätte.

Kommt dem Bescheid vom 30. Jänner 2007 wegen der angeführten Rechtsmittelbelehrung nicht die Wirkung des § 56 Abs. 2 FinStrG iVm § 93 Abs. 3 lit. b BAO zu, dass die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt wird, so erweist sich das gegen diesen am 1. Februar 2007 zugestellten Bescheid eingebrachte Rechtsmittel vom 9. Jänner 2008 als verspätet, was die belangte Behörde zutreffend so beurteilt hat.

Die Bezeichnung des zurückgewiesenen Rechtsmittels durch die Finanzstrafbehörde erster Instanz in ihrem Bescheid vom 4. März 2008 als "Berufung" ist dabei nicht entscheidend.

Der Beschwerdeführer wurde im geltend gemachten Recht auf meritorische Entscheidung über sein Rechtsmittel und auf "Umdeutung" seines Rechtsmittels nicht verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. März 2013

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