VwGH 2011/05/0042

VwGH2011/05/004229.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der Dr. U H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Juni 2009, Zl. IKD(BauR)-014092/8-2009-Ma/Wm, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Ggesellschaft mbH, und 2. Marktgemeinde L), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauO OÖ 1994 §4;
BauO OÖ 1994 §5;
BauRallg;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauO OÖ 1994 §4;
BauO OÖ 1994 §5;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Ansuchen vom 24. September 2007 beantragte die erstmitbeteiligte Partei (Bauwerberin) die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung der "Wohnhausanlage (U.)" auf drei näher bezeichneten Grundstücken der KG L.

Die Beschwerdeführerin ist jeweils zur Hälfte Miteigentümerin zweier näher genannter Grundstücke, die nicht weiter als zehn Meter von einem der drei Baugrundstücke entfernt sind.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Juni 2008 wurde der Bauwerberin gemäß § 35 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, (BauO) die Baubewilligung für das genannte Bauvorhaben (Errichtung von sechs Reihenhäusern mit PKW-Garagen) unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt.

Die Beschwerdeführerin war dem erstinstanzlichen Verfahren nicht beigezogen worden. Auf Grund ihres Zustellantrages vom 28. Juli 2008 wurde ihr sodann dieser Bescheid zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 4. August 2008 stellte sie einen Antrag auf Feststellung, dass ihr Parteistellung zukomme, und erhob Einwendungen gegen das Bauvorhaben sowie Berufung gegen den genannten Bescheid. Unter anderem machte sie geltend, dass sich das Bauvorhaben in einem Überschwemmungsgebiet befinde, die Änderung der Flächenwidmung von Grünland auf Bauland rechtswidrig erfolgt sei und eine Realisierung des Bauvorhabens zu Überschwemmungen der Reihenhausanlage und der benachbarten Liegenschaften führen würde. Es sei davon auszugehen, dass es zu Hangrutschungen kommen und das auf ihrer Liegenschaft befindliche Gebäude Schaden nehmen werde. Die Baubewilligung hätte daher nicht erteilt werden dürfen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Dezember 2008 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In Bezug auf die Einwendung hinsichtlich des Vorliegens eines Überschwemmungsgebietes führte der Gemeinderat (u.a.) aus, dass die Bauwerberin ein wasserrechtliches Projekt bei der Wasserrechtsbehörde eingereicht habe. Im Bauverfahren sei zu entscheiden, ob das Bauvorhaben den baurechtlichen Vorschriften entspreche; über erforderliche Bewilligungen nach anderen Gesetzen (z.B. dem Wasserrecht oder Naturschutzrecht) hätten die nach diesen Vorschriften zuständigen Behörden zu entscheiden. Die Abänderung des Flächenwidmungsplanes habe zu einer rechtskräftigen Umwidmung (im gegenständlichen Bereich) geführt. Im Übrigen werde das Bauvorhaben hochwassergeschützt ausgeführt.

Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2009 keine Folge gegeben.

Dazu führte die belangte Behörde (u.a.) aus, dass die Beschwerdeführerin Parteistellung besitze und als übergangene Partei nach Erlassung des Baubewilligungsbescheides erster Instanz nachträglich in das Verfahren einbezogen worden sei. Der Gemeinderat sei auf sämtliche Einwendungen und die Berufung der Beschwerdeführerin eingegangen. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass in der Vergangenheit Hochwässer aufgetreten seien, weitere Hochwässer auftreten würden und sich das Bauvorhaben in einem Überschwemmungsgebiet befinde, wobei eine Realisierung des Bauvorhabens zu Überschwemmungen der Reihenhausanlage und der benachbarten Liegenschaften führen würde, sei auszuführen, dass nicht erkennbar sei, in welchem subjektivöffentlichen Nachbarrecht sich die Beschwerdeführerin dadurch als verletzt erachte. Auch könne ein Antrag auf Erteilung der Baubewilligung nicht aus wasserrechtlichen Gründen abgewiesen werden. Die zu bebauenden Grundstücke seien entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin rechtswirksam als Bauland gewidmet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der - nach Durchführung eines Vorverfahrens - deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 9. März 2011, B 961/09).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligten Parteien haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf die Entfernung der Grundstücke, deren Miteigentümerin sie ist, von einem der Baugrundstücke Parteistellung als Nachbar im Sinn des § 31 Abs. 1 Z 1 BauO idF LGBl. Nr. 96/2006.

§ 31 Abs. 3 und 4 BauO lautet:

"§ 31

Einwendungen der Nachbarn

(…)

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird. (…)"

Die Rechtsstellung der Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren ist somit beschränkt. Der Nachbar hat nur dort ein durchsetzbares Mitspracherecht, wo seine durch baurechtliche Vorschriften geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Bauvorhabens beeinträchtigt werden könnte. Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde sowie der Aufsichtsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Fall eines Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektivöffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 21. Dezember 2010, Zl. 2009/05/0277, mwN).

Der Nachbar kann nach der vorliegend maßgebenden Rechtslage im Baubewilligungsverfahren somit nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen. Keine solchen subjektiv-öffentlichen Rechte sind, wie sich dies auch aus § 31 Abs. 4 BauO ergibt, die mögliche Veränderung des Grundwasserhaushaltes, die durch die geplante Bebauung eines Grundstückes hervorgerufenen Veränderungen mit einer Bedrohung durch Hochwässer oder die mangelnde Eignung des Bauplatzes. Im Baubewilligungsverfahren kann die Erteilung einer Bauplatzbewilligung, sofern diese nicht subjektiv-öffentliche Nachbarrechte verletzt, daher nicht bekämpft werden (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0229, mwN).

Mit ihrem Vorbringen, dass die Baugrundstücke wegen der Hochwasserproblematik nicht baulandgeeignet seien, die Bauplatzbewilligung daher nicht hätte erteilt werden dürfen und sich die Bebauung dieser Grundstücke für die Grundstücke der Beschwerdeführerin insofern negativ auswirke, als sich der Hochwasserabfluss verändern würde, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, wird doch damit nicht die Verletzung einer Bestimmung des Baurechtes oder des Flächenwidmungsplanes, die dem Interesse der Nachbarschaft dient, behauptet (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2006/05/0229).

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeergänzung - in Wiederholung ihres in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erstatteten Vorbringens - neuerlich rügt, dass die Änderung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde, in dem die Baugrundstücke als Bauland ausgewiesen sind, gesetzwidrig sei, und die Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens anregt, so sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer solchen Antragstellung nicht veranlasst, zumal der Verfassungsgerichtshof bereits in dem oben genannten Beschluss vom 9. März 2011 ausgeführt hat, dass der Flächenwidmungsplanänderung auch im Hinblick auf eine etwaige Hochwassergefahr für das gegenständliche Baugrundstück eine ausreichende Grundlagenforschung vorausgegangen sei, sodass er keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Flächenwidmungsplanänderung hatte. Die Beschwerdeführerin zeigt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine neuen Gesichtspunkte betreffend die behauptete Gesetzeswidrigkeit der genannten Verordnung auf, und auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken gegen diese Verordnung.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Jänner 2013

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